Digitaler Impfnachweis: EU-Staaten einigen sich auf technische Details

Obwohl sich das EU-Parlament noch nicht zum geplanten "digitalen grünen Zertifikat" positioniert hat, schafft der Ministerrat bereits technische Fakten.

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Person mit Reisepass und digitalem Impfnachweis in einer Smartphone-App wartet auf dem Flughafen.

(Bild: Shutterstock.com/ronstik)

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Der EU-Ministerrat macht weiter Druck beim Abstecken des Rahmens für den europäischen digitalen Impfnachweises, der vom Sommer an verfügbar sein soll. Am Donnerstag verständigten sich Vertreter aus dem E-Health-Netzwerk der Mitgliedsstaaten bereits auf die technischen Spezifikationen für das von der EU-Kommission im März vorgeschlagene "digitale grüne Zertifikat". Dabei hat das Europäische Parlament noch kein grünes Licht für das Vorhaben gegeben und bislang nicht einmal seine Verhandlungslinie über den entsprechenden Verordnungsentwurf abgesteckt.

Die von den Gesundheits- und Technikexperten der EU-Länder vereinbarten Spezifikationen umfassen die Datenstruktur und die Kodierungsmechanismen für das Zertifikat, das auch als Nachweis für ein negatives Testergebnis oder eine überstandene Covid-19-Erkrankung fungieren soll. Im Mittelpunkt der ins Spiel gebrachten Lösung steht ein QR-Code. Er soll sicherstellen, dass alle Zertifikate einschließlich ausgedruckter Varianten EU-weit gelesen und überprüft werden können.

Die Richtlinien beschreiben auch die EU-Schnittstelle für einen Datenaustausch der Mitgliedsstaaten. Die Kommission hat dieses Gateway prinzipiell bereits für die Interoperabilität von Apps zum Kontaktnachverfolgen von Corona-Infizierten eingerichtet. Es soll nun auch den Austausch von elektronischen Signaturschlüsseln ermöglichen, mit denen die Echtheit der grünen Zertifikate EU-weit kontrolliert werden kann. Laut der Spezifikation werden keine persönlichen Daten der Zertifikatsinhaber über die Schnittstelle geleitet, da dies für die Verifizierung nicht nötig sei.

Mit den Leitlinien skizziert das E-Health-Netzwerk zudem Referenzimplementierungen für Software zum Ausstellen der digitalen Nachweise, eine Referenzanwendung für deren Verifizierung und eine Vorlage für eine sogenannte Wallet-App. Mit dieser sollen die Bürger die Zertifikate auf mobilen Endgeräten sie Smartphones speichern können.

Es ist Aufgabe der Mitgliedstaaten, diese Systeme auf nationaler Ebene einzurichten. Das Bundesgesundheitsministerium erklärte bereits, dass der digitale Nachweis als Modul in die Corona-Warn-App (CWA) der Bundesregierung integriert werden soll. Ein Konsortium der Firmen IBM, Ubirch, Govdigital und Bechtle hat den Zuschlag für die Umsetzung der rund drei Millionen Euro teuren Lösung erhalten.

Die Referenzimplementierungen der EU-Ebene sollen dazu beitragen, die Einführung des Zertifikats zu beschleunigen. Die Mitgliedstaaten könnten auf diesen Vorarbeiten aufbauen, heißt es dazu von der Kommission. Die entsprechenden Lösungen werden laut der Brüsseler Regierungsinstitution "Open Source sein und bis Mitte Mai zur Verfügung stehen". Übergeordnetes Ziel des von den EU-Gremien im Eilverfahren vorangetriebenen Vorhabens ist es, den freien Personenreiseverkehr in der Corona-Pandemie rechtzeitig für die Sommerferien zu erleichtern.

Binnenmarktkommissar Thierry Breton wertete den einstimmigen Beschluss der technischen Details als "wichtigen Meilenstein für den Aufbau der Infrastruktur des digitalen grünen Zertifikats auf EU-Ebene". Die Brüsseler Exekutivinstanz werde bis zum 1. Juni für den Betrieb der europäischen Basiskomponenten bereit sein und den Mitgliedstaaten den Anschluss ermöglichen.

Der nächste Schritt auf der technischen Seite ist laut der Kommission nun der Aufbau der nationalen Infrastrukturen. Danach müssten die nationalen Lösungen für die Ausgabe, Verifizierung und Speicherung der Zertifikate ausgerollt sowie der Übergang zum EU-Gateway eingerichtet werden. Im Mai solle eine Pilotphase starten, heißt es in Brüssel. Eine "beträchtliche Anzahl von Mitgliedstaaten" habe bereits Interesse bekundet, daran teilzunehmen. Man werde die Arbeiten "technisch und finanziell" unterstützen.

Der Rat hat sein Mandat für die noch ausstehenden Verhandlungen über den Gesetzesvorschlag der Kommission Mitte April festgezurrt. Das Parlament wird nächste Woche erneut über die Initiative beraten. Bei ersten Aussprachen in den Ausschüssen blieben viele Fragen der Abgeordneten etwa rund um den Datenschutz und potenzielle Diskriminierungen Nicht-Geimpfter offen.

(bme)