Insekten-Cyborgs für Katastrophenschutz und Schlachtfeld

Das Pentagon fördert ein Projekt, Schwärme von Grillen oder ähnlichen Insekten als "living networks" vor chemischen Kampfstoffen oder austretendem Gas warnen zu lassen.

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Von
  • Peter König

Wozu viel Mühe auf die Entwicklung winziger Roboter verschwenden, wenn die Natur bereits Abermillionen der dafür benötigten Chassis in Form von Insekten produziert? Falls ein vom Pentagon finanziertes Vorhaben der US-amerikanischen Firma OptCoast in die Tat umgesetzt werden kann, werden möglicherweise bald Schwärme von Cyborg-Grillen, technisch hochgerüsteten Heuschrecken oder Zikaden auf Schlachtfeldern nach chemischen Kampfstoffen schnüffeln, sich in den Ruinen eingestürzter Häuser auf die Suche nach dem Körpergeruch verschütteter Menschen machen oder – im zivilen Alltag – nach Umweltgiften oder Gaslecks fahnden. Das berichtet das Wissenschaftsmagazin New Scientist in seiner heute erschienenen Ausgabe 2716.

Grillen kommunizieren untereinander durch ihr Zirpen, das sie durch Flügelschläge erzeugen. In die dazu bewegten Muskeln wollen die Forscher Elektroden implantieren, mit deren Hilfe sie die Muskelspannung manipulieren und darüber die Laute der Grillen modulieren können, sobald sich bestimmte Chemikalien in der Umgebung des Tieres befinden. Diese wiederum soll ein biochemisch sensibler Sensor aufspüren, der ebenso zum elektronischen Rucksack der Cyborg-Grille gehören soll wie ein Mikrofon. Denn die High-Tech-Insekten werden nicht als Einzelkämpfer operieren, sondern im Schwarm, so der Plan. Empfängt eine Grille manipulierte Töne einer ihrer Kolleginnen, lässt die Elektronik sie dieses Signal reproduzieren. Auf diese Weise, so hoffen die Entwickler, könnten sich Alarmnachrichten schnell durch das gesamte "living network" fortpflanzen und schließlich eine Basisstation erreichen.

Die Idee, Insekten mit elektronischen Implantaten zu modifizieren statt Miniaturroboter selbst zu bauen, ist zwar schon über zehn Jahre alt, hat derzeit aber wieder schwer Konjunktur: So suchte die DARPA, die Forschungsbehörde des US-Militärs, im Jahr 2006 gezielt nach Projekten für die Entwicklung von Cyborg-Insekten. Anfang des Jahres führten Wissenschaftler an der University of California in Berkeley einen Riesenkäfer mit implantierten Elektroden und Funkempfänger vor, der sich im Flug mit einfachen Impulsen steuern lässt. Für die geplante Cyborgisierung von Grillen und Zikaden müsste die Elektronik allerdings deutlich kleiner ausfallen. (pek)