Warum wir Klimaschutz und Artenschutz zusammendenken müssen

Recht preußische Ästhetik, aber nicht gut für Artenschutz: Fichten in Monokultur. Bild: Joachimklug, Pixabay

Zwei UN-Fachgremien fordern ein Umdenken in der Umwelt- und Klimapolitik. Schafft es die Politik, umfassende Konzepte zu entwickeln?

Die Erhitzung des Planeten und der voranschreitende Verlust der Arten hängen zusammen und verstärken sich wechselseitig. Sie haben ähnlich negative Auswirkungen auf das menschliche Wohlergehen und müssen dringend gemeinsam angegangen werden. Das fordern Vertreter des Weltbiodiversitätsrat (IPBES) und des Weltklimarats (IPCC), beides Fachgremien der Vereinten Nationen.

Höhere Temperaturen oder stärker und häufiger auftretende Wetterextreme infolge der Klimakrise zerstören Ökosysteme und Lebensräume, so IPBES und IPCC. Beschädigte oder zerstörte Ökosysteme sind weniger gut in der Lage, CO2 aufzunehmen - wie das etwa bei Bäumen in stabilen Ökosystemen der Fall ist. Bei starker Schädigung könnte diese Fähigkeit verloren gehen, dann könnten die Ökosysteme, die eigentlich CO2 binden, diese chemische Verbindung sogar freisetzen.

Es ist das erste Mal, dass die beiden renommierten Gremien für internationale Politikberatung einen gemeinsamen Bericht veröffentlichen. Seit 1988 publiziert der Weltklimarat der Vereinten Nationen den Forschungsstand zu der sich verschärfenden Klimakrise. Der später etablierte Weltbiodiversitätsrat trägt wissenschaftliche Erkenntnisse zum Artensterben zusammen.

Wenn diese Gremien sich zusammentun, hat das einiges Gewicht. Schon im vergangenen Dezember haben sich 50 Forscher zu einem virtuellen Workshop getroffen, um die Themen gemeinsam zu bearbeiten. Der jetzt vorgelegte Bericht ist das Ergebnis des Treffens. Aus Sicht der Forschenden ist es noch zu wenig in der Öffentlichkeit und in der Politik bekannt, wie die Biodiversitäts- und Klimakrise verknüpft sind. Das soll der gemeinsame Bericht jetzt ändern.

Konflikt zwischen Klimaschutz und Artenerhalt

Auch warnen die Forscher, dass sich etliche Maßnahmen für den Klimaschutz nachteilig auf die Artenvielfalt auswirken könnten. So kann das Anpflanzen von Wäldern in Monokulturen zwar dazu beitragen, CO2 aus der Atmosphäre zu binden, aber in diesen Monokulturen sind weniger Arten zu finden als in Mischwäldern. Auch der Einsatz von Elekroautos könne die klimaschädlichen Emissionen des Verkehrs senken, allerdings komme es beim Rohstoffabbau für Batterien häufig zu massiven Umweltschädigungen.

Auch in Deutschland gibt es Maßnahmen, die sinnvoll für das Klima, aber schlecht für die Biodiversität sind. So wird seit dem Jahr 2000 immer mehr Mais für Biogasanlagen angebaut – zum Teil sogar auf Grün- und Brachflächen, die eigentlich für den Naturschutz vorgesehen sind. In der Folge ist die Zahl der Insekten und Wiesenvögel gesunken.

"Viel zu lange haben die politischen Entscheidungsträger, den Klimawandel und den Verlust der biologischen Vielfalt als getrennte Themen betrachtet, sodass die Lösungen der Politik nur auf eine der Krisen ausgerichtet waren", sagte Pamela McElwee, Mitautorin des Berichtes und Ökologin an der Rutgers University. Wegen der Zusammenhänge und Wechselwirkungen beider Krisen müsse die Politik sie zusammen denken und angehen.

Viele Maßnahmen zum Erhalt der Artenvielfalt sind aus Sicht der Forscher aber auch sinnvoll für den Klimaschutz, sie verstärken sich sogar wechselseitig. Wenn beispielsweise Moore stärker geschützt oder renaturiert würden, wäre das gut für das Klima, aber auch für die Arten, die sich an Moore angepasst haben. Auch der Schutz naturnaher Wälder, von Feuchtgebieten, Savannen oder Mangroven nützt der Artenvielfalt und kann den CO2-Ausstoß begrenzen.

Menschliches Handeln ist entscheidend

Zudem fordern die Forscher, dass mehr Agrarflächen und Forste nachhaltig bewirtschaftet werden müssen. Es sollten weltweit mehr Schutzgebiete ausgewiesen werden. Die Forscher diskutieren dabei, zwischen 30 und 50 Prozent der Erdoberfläche unter Schutz zu stellen.

Allerdings soll das abhängig von der Region entschieden werden. Zum Beispiel fordern die Forscher, dass 70 bis 80 Prozent des Amazonas-Regenwaldes unter Schutz gestellt werden, weil das Gebiet viele verschiedene Arten beheimatet und weil der Amazonas ein eigenes Klimasystem bildet, das zusammenzubrechen droht, wenn er auch nur in Teilen geschädigt ist.

Sowohl der Verlust der Arten als auch die zunehmende Klimakrise wurden durch menschliches Handeln ausgelöst. Das Verbrennen fossiler Stoffe wie Kohle, Erdgas und Erdöl hat bereits so viel CO2 freigesetzt, dass die weltweiten Durchschnittstemperaturen schon ein Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter gestiegen sind. Die Folgen sind gravierend: Dadurch schmelzen die Gletscher an den Polen, es kommt häufiger zu Wetterextremen oder Dürren.

Beim Verlust der Arten sieht es nicht viel besser aus. Zwischen 500.000 und einer Million Arten sind vom Aussterben bedroht, warnte der Biodiversitätsrat vor zwei Jahren in einer globalen Bestandsaufnahme. Treiber für das Artensterben sind unter anderem die intensive Landnutzung, das Übernutzen von Ressourcen, Umweltverschmutzung und der Klimawandel.

Die Forscher sind aber zuversichtlich, dass die Zwillingskrise noch gebremst werden kann. Dafür braucht es rasches Handeln innerhalb der nächsten zehn Jahre.

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