Dienstag: Corona-App-Erfolg, Klimaschutz-Versprechen und Atomwaffen-Gefahr

Corona-Warn-App beliebt und erfolgreich + Kritik an G7-Gipfel + WhatsApp mit Verschlüsselungs-Kampagne + Neue Bedrohung durch Atomwaffen

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digitales Impfzertifikat

(Bild: Shutterstock.com/ronstik)

Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Torge Löding

Nach einem Jahr beginnen sich die Deutschen an die Corona-App zu gewöhnen. Das Robert-Koch-Institut schätzt, dass die Software mehr als 100.000 Infektionsketten unterbrochen hat. Entwicklungsorganisationen kritisieren die Ergebnisse des G7-Gipfels, insbesondere bei Impfkampagne und Klimawandel.

WhatsApp will unterdessen Vertrauen mit einer Verschlüsselungskampagne gewinnen. Besser verschlüsseln sollen hätte der Aktivist Ken Jebsen seine Website; nun wurde sie von einem Kollektiv gehackt. IBM hat das Vertrauen in den Halbleiterfertiger Globalfoundries verloren und diesen verklagt. Das Wichtigste vom Tage in Kürze:

Im sechsten Monat nach Beginn der Corona-Impfkampagne in Deutschland hat annähernd jeder Zweite mindestens eine Spritze zum Schutz vor Covid-19 bekommen. Die Quote der erstgeimpften Bürgerinnen und Bürger lag laut Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) vom Sonntag bei 48,1 Prozent, 25,7 Prozent haben bereits den vollen Schutz. Das bedeutet aber auch: Viele Millionen Menschen sind noch ungeschützt oder erst teilgeschützt.

"Die zunehmenden Impfungen helfen dabei, die Infektionszahlen zu senken. Aber dass sie zuletzt nicht allein den Unterschied machten, sieht man daran, dass die Inzidenzen auch in weitgehend ungeimpften Altersgruppen gesunken sind", sagte der Immunologe Carsten Watzl.

Geholfen hat dabei nach einer Schätzung des RKI und des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) die Corona-Warn-App (CWA). Diese habe rund 100.000 Infektionsketten durchbrochen. Sie leiste einen wichtigen epidemiologischen Beitrag zur Eindämmung der Pandemie.

Zwar erfolgt die Kontaktnachverfolgung mit der CWA anonym und dezentral. Doch gelang es dem RKI in den vergangenen Monaten, einige Daten zu erheben, um die Wirksamkeit des Systems besser einschätzen zu können. Zum einen können Nutzer seit dem Release 1.13 vom 4. März 2021 freiwillig Daten spenden, etwa zu den Risikoberechnungen und zur Freigabe ihrer Positivtest-Warnung.

Anfang Juni machten dem BMG zufolge bereits mehr als acht Millionen Nutzer davon Gebrauch. Ein Jahr nach Vorstellung der CWA können sich immer mehr Menschen in Deutschland vorstellen, der Anwendung auch ein positives Testergebnis anzuvertrauen. Das hat eine repräsentative Umfrage des Digitalverbandes Bitkom ergeben.

Bei der Bitkom-Umfrage sagten 36 Prozent der Menschen, sie hätten die App installiert. Hochgerechnet auf die Gesamtbevölkerung wären das über 29 Millionen. Weitere sechs Prozent planen demnach, dies künftig zu tun. Insgesamt 55 Prozent der Befragten nutzen die Corona-Warn-App nicht, wovon 22 Prozent kein Smartphone besitzen. Acht Prozent haben die Corona-Warn-App bereits wieder deinstalliert, 25 Prozent haben generell kein Interesse.

Pünktlich zur Sommerferienzeit ist seit Montag der Nachweis einer Corona-Impfung per Smartphone möglich. Die Apothekerverbände bitten allerdings um Geduld, denn die Zahl der teilnehmenden Apotheken sei in den ersten Tagen aus technischen und organisatorischen Gründen begrenzt. Die Website mein-apothekenmanager.de soll anzeigen, welche Apotheke vor Ort den digitalen Impfpass anbietet. Der digitale Nachweis ist eine freiwillige Ergänzung des weiter gültigen gelben Impfheftes aus Papier.

Nicht nur wegen der Pläne für die Impfkampagne haben Entwicklungsorganisationen die Ergebnisse des Gipfels der reichen Industrienationen (G7) scharf kritisiert. Nach dem Abschluss des dreitägigen Treffens am Sonntag im englischen Carbis Bay wurde bemängelt, dass sich die sieben Wirtschaftsmächte auch im Klimaschutz weiter um ihre Verantwortung drückten. "Eine kolossale Enttäuschung", sagte Jörn Kalinski von Oxfam International.

Der Gipfel sei der Moment gewesen, um in der Krise historische globale Führung zu zeigen, "nicht nur eine gute Party am Strand zu schmeißen", sagte One-Direktor Romilly Greenhill mit Blick auf den Grillabend des britischen Gastgebers Boris Johnson am Samstag. Kritisiert wurde auch, dass dieser mit dem Flugzeug aus London angereist sei und es nach der Debatte zum Klimaschutz eine Flugshow gegeben habe.

Mehr Klimaschutz haben die Schweizer eine Abfuhr erteilt: Eine knappe Mehrheit hat gegen eine Vorlage der Regierung und des Parlaments gestimmt, mit der klimafreundliches Verhalten belohnt werden sollte. Besonders die rechtspopulistische Schweizer Volkspartei (SVP) hatte Stimmung gegen die Gesetzesvorlage gemacht unter dem Motto "Autofahren nur für Reiche? – Linkes CO2-Gesetz Nein". Nun ist unklar, wie die Alpenrepublik die gesetzten Klimaziele erreichen will.

Unbill droht nach Aussagen von Friedensforschern durch versteckte Aufrüstung: Weltweit verfügen neun Staaten über Atomwaffen. Die Bestände werden laut Institut Sipri gerade modernisiert – die Folge: mehr einsatzbereite nukleare Waffen.

"Wenn man nur auf die Gesamtzahl der Atomwaffen schaut, sieht das Abrüstungsbild viel besser aus als es eigentlich ist", sagte ein Sipri-Experte. Die Zahl gehe nur deshalb zurück, weil die beiden größten Atommächte USA und Russland alte Sprengköpfe ausmusterten. "Und da enden die guten Nachrichten. Sowohl die USA und Russland als auch praktisch jeder andere atomar bewaffnete Staat ist mitten in teuren und umfangreichen nuklearen Modernisierungskampagnen, die mit wachsenden Atomwaffenzahlen in den militärischen Lagern enden."

Mit einer Kampagne für Verschlüsselung möchte die Facebook-App WhatsApp Vertrauen gewinnen. Bei der Ankündigung dafür wurden neue Funktionen zum Schutz der Privatsphäre von Nutzern versprochen. Dazu gehören Nachrichten, die nach dem Lesen verschwinden – WhatsApp sieht darin sogar einen Standard für die Zukunft von Chats. Allerdings sind selbstzerstörende Nachrichten und Ende-zu-Ende Verschlüsselung kein Alleinstellungsmarkmal WhatsApp. Andere Dienste, darunter Signal, bieten das auch schon lange an.

Die neue Kampagne läuft unter dem Motto "Message Privately – Einfach privat chatten". Darin sollen die Vorteile einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung einer breiten Masse nähergebracht werden. Zuvor hatte es bereits eine Kampagne gegeben, bei der erklärt wurde, dass Nachrichten überhaupt Ende-zu-Ende-verschlüsselt werden. "WhatsApp ist der festen Überzeugung, dass der Wunsch nach privater Kommunikation universell und besonders schützenswert ist", heißt es in der Ankündigung. Die Kampagne besteht aus kurzen Videos – unter anderem zwei Paaren bei einem Doppeldate, die persönliche Nachrichten austauschen.

Die Website des Aktivisten Ken Jebsen wurde von Hackern des Kollektivs Anonymous angegriffen. Sie haben nach eigenen Angaben Zugriff auf die Wordpress-Administration von kenfm.de, auf die Datenbank und den Webspace sowie administrative Rechte für die Live-Installation erhalten.

Unter anderem seien ihnen fast 40.000 persönliche Daten von Abonnenten samtVornamen, Nachnamen, E-Mail, Passwörtern sowie Spenderdaten bis 2019 inklusive deren Geldbeträge – die zusammen etwa 38.000 Euro betragen sollen – in die Hände gefallen, heißt es auf AnonLeaks. Dazu kommen API-Schüssel und 3 GByte an Dateien, Tokens und anderem, die Anonymous noch auswerten will. Die Hacker hatten nach eigenen Angaben die Website kenfm.de auch defaced, mittlerweile ist sie wieder hergestellt.

Das Unternehmen IBM will Chipauftragsfertiger Globalfoundries auf 2,5 Milliarden US-Dollar Schadensersatz verklagen, weil sich der ehemalige Partner nicht an gemeinsame Verträge gehalten haben soll. IBM hat die Klage noch nicht öffentlich gemacht, Globalfoundries aber bereits mit einer Gegenklage reagiert. Eine Schlammschlacht könnte ihren Lauf nehmen.

Eigentlich hätte Globalfoundries für IBM als Exklusivpartner alle modernen Power-Serverprozessoren produzieren sollen. Die Partnerschaft begann im Jahr 2014, als Globalfoundries IBMs Halbleiterwerke in East Fishkill im US-Bundesstaat New York sowie Essex Junction, Vermont, übernahm.

Auch noch wichtig:

- Der Online-Modehändler About You hat für seinen Börsengang den Preis für seine Aktien auf 23 Euro je Stück festgelegt.

(tol)