GNU C Library: Änderung der Copyright-Policy für glibc steht zur Diskussion

Wie bereits GCC plant auch das glibc-Projekt eine Aufhebung der Pflicht, dass Kontributoren ihre Urheberrechte an die Free Software Foundation abtreten müssen.

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Von
  • Silke Hahn
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Die Entwickler der GNU C Library (glibc) haben ein Proposal eingebracht, dass Entwickler nicht länger ihre Urheberrechte an die Free Software Foundation (FSF) abtreten müssen. Bis zum 1. Juli 2021 hat die Community die Gelegenheit, sich zu dem Vorschlag zu äußern. Der Vorstoß greift damit offenbar die Änderung auf, die Anfang Juni zuerst das Entwicklungsteam der Compilersammlung GCC umgesetzt hatte. Anders als bei GCC befragt das Team hinter der GNU C Library allerdings zuerst die Community.

In der Stellungnahme dazu betonten die glibc-Verantwortlichen, weiterhin voll hinter den Grundsätzen der Freien Software zu stehen. Der Aufruf, das Proposal zu kommentieren, fand über die libc-alpha-Mailingliste Verbreitung und lässt sich online nachlesen. Die vorgeschlagene Änderung würde mit der bisherigen Verpflichtung brechen, als Beitragender die Rechte der FSF zu übertragen. Diese Praxis war beziehungsweise ist unter der Bezeichnung Copyright Assignment Policy bekannt.

Wer sich künftig gegen die Copyright-Übertragung an die FSF entscheidet, sollte dann laut Proposal das Developer Certificate of Origin nutzen und zusätzlich innerhalb von Git ein Tag mit der Formel "Signed-off-by" einfügen, das ihn oder sie als den Urheber beziehungsweise die Urheberin der Codespende auszeichnet. Für die Entwicklung der GNU C Library gilt als Lizenz weiterhin die LGPL ab Version 2.1 (GNU Lesser General Public License), die von der Free Software Foundation erstmals 1991 veröffentlicht worden ist.

Sollte das Proposal Anklang finden, würden die Änderungen ab 2. August 2021 greifen und für alle laufenden Entwicklungszweige des Library-Projekts wirksam sein. Ab diesem Zeitpunkt könnten alle, die zu GNU C Library Code beitragen, frei entscheiden, ob sie ihre Patches mit oder ohne Rechteübertragung an die FSF einbringen. Für die GNU Compiler Collection (GCC) ist die Liberalisierung bereits seit Anfang Juni 2021 in Kraft, da das GCC Steering Committee die Entscheidung wohl ohne vorgelagerte Feedbackrunde getroffen hatte. Im Falle von GCC war die Neuregelung gemeinsam mit dem Release GCC 9.4 öffentlich bekannt geworden, der archivierte Mailinglisten-Eintrag dazu ist im Internet frei zugänglich.

Hier hatte die Änderung auch einen spezifischen Hintergrund: Die Copyright-Auflage zugunsten der Free Software Foundation war vor rund zehn Jahren für die Compilersammlung beim Wechsel von der General Public License (GPL) 2 zu Version 3 wirksam geworden und hatte seither Apple sowie eine Reihe von Organisationen de facto davon ausgeschlossen, an der Entwicklung von GCC mitzuwirken. Auch das GCC-Projekt behält die bestehende Lizenz (in dem Falle GPL in Version 3) bei.

Im April 2021 hatten die Maintainer einiger GNU-Softwareprojekte die GNU Assembly gegründet, die als gemeinschaftliche Plattform für die Entwicklungsteams von GNU-Paketen dienen soll. Die Idee ist nicht ganz neu gewesen, sondern stand bereits seit gut zehn Jahren im Raum. Ihre Umsetzung in die Tat dürfte aber in Zusammenhang mit einer aufgeladenen Debatte rund um die Rückkehr des GNU-Gründers Richard Stallman zur Free Software Foundation (FSF) stehen. Rings um die Gründung der neuen Gesellschaft gab es Kritik an der umstrittenen Rückkehr Stallmans zur FSF, und auch Stallman selbst äußerte sich kritisch zur Gründung der GNU Assembly. Die nun angestrebten und teils durchgeführten Änderungen der Copyright-Policy zuungunsten der FSF dürften im selben Kontext stehen.

(sih)