Katastrophenschutz: FDP fordert Cyber-Hilfswerk für widerstandsfähigeres Netz

Zivilhelfer sollen nach Desastern rasch für den dezentralen Wiederaufbau von Netzinfrastrukturen sorgen, schlägt die FDP vor – und auch Cell-Broadcasting.

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(Bild: Jens Hertel / Shutterstock.com)

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Nach dem Vorbild des Technischen Hilfswerks (THW) soll hierzulande ein Cyber-Hilfswerk eingerichtet werden, um in Notfällen Verbindungen per Mobilfunk und übers stationäre Festnetz aufrechtzuerhalten beziehungsweise schnell wiederherzustellen. Dafür spricht sich die FDP-Bundestagsfraktion in einem Zehn-Punkte-Positionspapier aus, wie der Spiegel meldet. Die Liberalen wollen damit Konsequenzen aus der jüngsten Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen ziehen.

Die Fraktion orientiert sich demnach an den USA. Dort seien nach dem Zusammenbruch lokaler Mobilfunkinfrastruktur während Hurrikans zivile Gruppen entstanden, um "dezentrale Kapazitäten zum schnelleren Wiederaufbau von Konnektivität nach Katastrophen zu schaffen". Solche Teams könnten auch hierzulande dazu beitragen, etwa Mobilfunkmasten zu sichern, Notbehelfe zu errichten oder getrennte Leitungen wieder zu verknüpfen.

Nicht zu verwechseln ist das vorgesehene Cyber-Hilfswerk mit dem ähnlichen Begriff der "aktiven Cyberwehr", mit dem die Bundesregierung und Sicherheitsbehörden den Bürgern digitale Gegenschläge rhetorisch schmackhaft machen wollen. Die FDP steht solchen heftig umstrittenen Hackbacks prinzipiell kritisch gegenüber.

Mit dem Forderungskatalog, den der Fraktionsvorstand bereits beschlossen haben soll, werben die Liberalen auch dafür, Cell Broadcasting in das hiesige Warnsystem zum Katastrophenschutz zu integrieren. Vor allem bei Unwetterwarnungen über die Wetterdienste und die Medien sei es für die Bevölkerung bislang problematisch, das konkrete Risiko einzuschätzen. Das Push-Verfahren habe hier den Vorteil, Warnnachrichten direkt und fortlaufend im unmittelbaren Vorfeld eines Unwetters auf alle Mobiltelefone Deutschlands oder aber passgenau in eine bestimmte Region zu schicken.

Die Fraktion verlangt ferner, bestehende Warnsysteme wie die bislang noch wenig genutzte NINA-App des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) bekannter zu machen, auszubauen und weitere einschlägige Technologien zu entwickeln. "Im Krisenfall muss eine einheitliche, transparente und eindeutige Informationsvermittlung über analoge und digitale Medien durch die zuständigen Stellen gewährleistet sein", zitiert das Magazin aus dem Dokument. "Auf kommunaler Ebene bestehende Warnsirenen müssen erhalten werden und die Instandhaltung fristgerecht durchgeführt werden."

Das BBK soll parallel zu einer Zentralstelle bei besonders schweren Unglücksfällen sowie länderübergreifenden und erheblichen Katastrophen tätig werden. Nach wie vor fehle ein "kontinuierliches bundesweites Lagebild über verfügbare Kräfte und Ressourcen von Bund und Ländern".

Zentralisieren will die FDP den Katastrophenschutz dem Bericht nach aber nicht, sondern das Verhältnis und die Zuständigkeiten neu strukturieren. Bei bestimmten, länderübergreifenden Krisenlagen könne aber eine koordinierende Rolle des Bundes sinnvoll sein. Entsprechende Reformen sollten am besten in der Föderalismuskommission abgesteckt werden.

Beim Klimaschutz setzen die Liberalen auf eine Ausweitung des CO2-Emissionshandels, heißt es. Der Staat solle ein garantiertes Limit für Treibhausgasausstöße über alle Sektoren hinweg vorgeben, "es jedoch der Wirtschaft überlassen, dieses Ziel ohne weitere belastende Regulierungen zu erreichen". Wissenschaftler betonen, dass der Klimawandel zu Wetterphänomen wie Starkregen beitrage. Sie fordern eine stärkere Orientierung an den Pariser Klimaschutzzielen und einen Umbau der Infrastruktur. Teil des FDP-Katalogs ist auch der Ruf nach rascheren Hilfen für betroffene Menschen und Regionen.

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[Update 25.07.]
Julia Höller, die bei den Grünen in NRW aktiv ist und beim BBK arbeitet, verweist auf Twitter darauf, dass die Grünen bereits einen ähnlichen Vorschlag in ihr Wahlprogramm eingebaut haben. Darin heißt es: Angesichts der Klimakrise hätten gerade länderübergreifende Katastrophen wie Pandemien, Hochwasserereignisse, Waldbrände oder flächendeckende Stromausfälle "ein enormes Schadenspotenzial und erfordern koordiniertes Handeln". Es gelte daher, das "freiwillige und Spontanhelfer:innen-Engagement" etwa von Feuerwehren sowie THW zu stärken "und für digitale Bereiche, zum Beispiel über ein Cyber-Hilfswerk", fit zu machen.

(bme)