NSO Group: Einblicke ins Unternehmensdickicht des Staatstrojaner-Konzerns

Bürgerrechtler werfen der skandalumwitterten NSO-Gruppe vor, über ein Labyrinth an Holdinggesellschaften weltweit Export- und Transparenzvorgaben zu umgehen.

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(Bild: bluesroad/Shutterstock.com)

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Drei gemeinnützige Organisation haben gemeinsam "die gesamte Unternehmensstruktur der NSO Group" unter die Lupe genommen. So lasse sich "die globale Geldspur öffentlicher und privater Investitionen in das lukrative Spyware-Unternehmen" verfolgen, heißt es in einem von Amnesty International (AI), Privacy International (PI) und das Centre for Research on Multinational Corporations (Somo) veröffentlichten Bericht. Die Organisationen wollen damit auch auf die menschenrechtlichen Risiken der globalen Überwachungsindustrie hinweisen.

Die drei Institutionen wollen mit der Analyse "Operating from the Shadows" zudem die Bemühungen der Zivilgesellschaft unterstützen, mit Menschenrechtsverletzungen in Verbindung gebrachte Unternehmensstrukturen besser zu kontrollieren und eine Rechenschaftspflicht für Missstände einzuführen. AI und andere Menschenrechtsgruppen hätten bereits Dutzende Fälle dokumentiert, in denen NSO-Produkte wie Pegasus von repressiven Regierungen auf der ganzen Welt eingesetzt worden seien, "um Aktivisten, Journalisten und Oppositionelle auszuspähen" und mundtot zu machen.

Laut dem Bericht versucht sich die in Israel beheimatete NSO Group hinter einer labyrinthartigen Unternehmensstruktur zu verstecken. Sie hat demnach zu verschiedenen Zeiten Holdinggesellschaften beziehungsweise operative Einheiten auf den Britischen Jungferninseln, in Bulgarien, auf den Kaimaninseln, auf Zypern, in Israel, Luxemburg, Großbritannien und den USA gegründet. Produkte würden aus Bulgarien, Zypern und Israel exportiert. Dieses Dickicht habe der Gruppe "rechtliche und regulatorische Vorteile in verschiedenen Rechtsprechungen verschafft, um Investitionen, Betrieb und Wachstum zu erleichtern".

Finanziert werde das Konzerngeflecht von den großen Private-Equity-Firmen Novalpina Capital und Francisco Partners, hinter denen wiederum zahlreiche Einzelinvestoren stünden, heißt es in der Untersuchung. Auch Rentenfonds in Großbritannien und den USA seien an dem Unternehmen beteiligt. Dazu gehörten die South Yorkshire Pensions Authority und der East Riding Pension Fund, das Oregon Public Employees Retirement System und die Alaska Permanent Fund Corp.

Regierungen versäumen es den Verfassern zufolge, aussagekräftige nationale Gesetze zu verabschieden, wonach an der Entwicklung von Spyware und Staatstrojanern beteiligte Firmen die Menschenrechte respektieren sowie ihre Geschäfte transparent machen müssten und für den Einsatz ihrer Produkte zur Verantwortung gezogen würden. Zusagen, Reformen umzusetzen und Menschenrechtsstandards einzuhalten, blieben unerfüllt. Insgesamt habe die langjährige Weigerung der NSO Group, wesentliche Details über ihre Geschäftstätigkeit offenzulegen, der ganzen Überwachungsbranche eine Steilvorlage geliefert, "wie man Transparenz vermeiden kann".

Vor allem Israel, die EU und die USA müssten ein Moratorium für den Verkauf und die Weitergabe von Überwachungsausrüstung umsetzen, bis ein angemessener Rechtsrahmen für die Menschenrechte geschaffen ist, forderte PI angesichts der Ergebnisse der Studie. Dies verlangten auch UN-Berichterstatter. Amnesty Tech kritisierte, Novalpina und Francisco Partners seien bereit, "Geld in eine vergiftete Anlage zu stecken, die vom Missbrauch unserer Freiheiten profitiert". Somo zufolge sind zumindest im Graubereich oder rechtswidrig operierende Firmen wie NSO viel zu lange straffrei davongekommen.

Die Organisationen drängen auch darauf, dass die internationale Staatengemeinschaft private Überwachungsunternehmen dazu zwingt, "bei ihren globalen Aktivitäten, Lieferketten und in Bezug auf die Nutzung ihrer Produkte und Dienstleistungen eine menschenrechtliche Sorgfaltspflicht einzuhalten". Verträge mit solchen Firmen müssten offengelegt, menschenrechtsbasierte Beschaffungsstandards umgesetzt werden. Eine effektive Exportkontrolle sei überfällig. Vorige Woche hatte sich auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zumindest für eine Verkaufsbeschränkung für die Spähsoftware Pegasus starkgemacht, nachdem Oppositionsfraktionen schon lange für schärfere Vorgaben warben.

(olb)