Fusionskontrolle: EU-Kommission prüft Kustomer-Übernahme durch Facebook

Die EU-Kartellwächter befürchten, dass Facebook mit dem Kauf des Kundenservice-Experten Kustomer den Wettbewerb ersticken will.

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(Bild: Derick Hudson/Shutterstock.com)

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Die EU-Kommission hat angekündigt, die geplante Übernahme des New Yorker Start-ups Kustomer durch Facebook "einer eingehenden Prüfung nach der EU‑Fusionskontrollverordnung" zu unterziehen. Sie begründet dies vor allem damit, dass das Vorhaben den Wettbewerb auf dem Markt für Software für Kundenbeziehungsmanagement (Customer Relationship Management – CRM) massiv einschränken würde. Zudem dürfte Facebook laut der Brüsseler Regierungsinstitution durch den Kauf seine bereits starke Stellung auf dem Markt für Online-Werbeanzeigen weiter ausbauen.

Die 2015 gegründete Firma Kustomer stellt Plattformen für Kundenservice und Chatbots bereit, die Kundenanfragen automatisiert beantworten können sollen. Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager befürchtet nun vor allem, dass Facebook mit der Fusion anderen Marktteilnehmern den Zugang zu seinen Chat-Diensten WhatsApp, Messenger und Instagram für die Kommunikation zwischen Unternehmen und Verbrauchern verwehren könnte.

Dies legten Ergebnisse der bereits erfolgten Vorprüfung nahe, heißt es in Brüssel. Solche Strategien könnten den Wettbewerb in Bezug auf CRM-Software und damit verbundene Services einschränken und zu höheren Preisen, geringerer Qualität und weniger Innovation für Geschäftskunden sowie negativen Folgen für Verbraucher führen.

Mit dem Erwerb des Start-ups würde der Betreiber des sozialen Netzwerks laut der Kommission ferner leichter an Kundentransaktionsdaten wie deren Bestell- und Kaufhistorie sowie an Informationen über aufgerufene Online-Shops und bearbeitete Wunschlisten kommen. Dies könnte dem US-Konzern einen "erheblichen Vorteil" rund um das Schalten von Online-Bannern verschaffen. Wenn Facebook in der Lage wäre, seine bereitgestellten Werbedienste infolge eines größeren Datenvorteils besser zu personalisieren und zielgerichteter zu gestalten, würde dies die Konkurrenz schwächen. Höhere Preise und eine geringere Auswahl schadeten dann letztlich auch den Werbetreibenden und den Verlegern.

Im Kern droht laut der Kommission so eine Übernahme, mit der ein Unternehmen beziehungsweise dessen Technologie vom Markt genommen werden soll. Kartellbehörden weltweit nehmen solche "Killer Acquisitions", die in der EU möglicherweise bald mit dem geplanten Digital Markets Act verhindert werden könnten, derzeit verstärkt in den Blick. So prüft seit Kurzem auch das Bundeskartellamt, das auf diesem Feld eine größere Rolle spielen will, den vorgesehenen Deal. Wettbewerbshüter in den USA, Australien und Großbritannien untersuchen den Fall ebenfalls bereits.

Für die Kommission wäre das Vorhaben normalerweise gar kein Thema, da es die nach der EU-Fusionskontrollverordnung vorgesehenen Umsatzschwellen nicht erreicht. In Österreich musste Facebook den Plan aber zur Genehmigung anmelden. Die Alpenrepublik stellte daraufhin Anfang April einen Verweisungsantrag des Falls an die Brüsseler Exekutivinstanz. Diesem schlossen sich Belgien, Bulgarien, Frankreich, Irland, Island, Italien, die Niederlande, Portugal und Rumänien an, die damit selbst die Sache nicht untersuchen. Eine Entscheidung muss die Kommission nun spätestens am 22. Dezember 2021 fällen.

(olb)