Patentschutz: Australisches Gericht erkennt KI als Erfinder an

Die "konnektionistische Künstliche Intelligenz" Dabus kann als Schöpfer bezeichnet werden, urteilt ein australischer Richter. Anwälte warnen vor Robo-Trollen.

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(Bild: Phonlamai Photo/Shutterstock.com)

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Juristischer Erfolg für den US-Unternehmer und Programmierer Stephen Thaler: Der Federal Court Australiens hat die von ihm mit entwickelte "konnektionistische Künstliche Intelligenz" (KI) Dabus prinzipiell als schöpferische Kraft anerkannt. Die Spielart eines neuronalen Netzwerks kann demnach grundsätzlich als Erfinder im Sinne des australischen Patentgesetzes gelten und in einer Anmeldung für ein entsprechendes gewerbliches Schutzrecht als solcher eingetragen werden.

"Meiner Ansicht nach kann ein System der Künstlichen Intelligenz ein Erfinder im Sinne des Gesetzes sein", schreibt Richter Jonathan Beach in seinem Ende voriger Woche ergangenen Urteil. "Erfinder" sei ein Substantiv, erläutert er. Es könne sich also um eine Person oder eine Sache handeln, die etwas erfindet. Diese Auffassung spiegele auch die Realität vieler ansonsten patentierbarer Erfindungen wider: bei vielen davon könne "man nicht sinnvollerweise sagen, "dass ein Mensch der Erfinder ist". Zudem lege nichts im Patentgesetz eine andere Schlussfolgerung nahe.

Zwar könne "nur ein Mensch oder eine andere juristische Person" Eigentümer oder Inhaber eines Patents sein, erklärt Beach. "Dazu gehört natürlich auch ein Erfinder, der ein Mensch ist. Es ist jedoch ein Trugschluss, daraus zu folgern, dass ein Erfinder nur ein Mensch sein kann. Ein Erfinder kann ein System mit Künstlicher Intelligenz sein", aber in einem solchen Fall eben nicht der Patentinhaber.

Es werde mehr von ihm verlangt als der bloße Rückgriff auf Jahrtausende alte Verwendungen des Begriffs "Erfinder", wird der Jurist prosaisch. Wenn Worte nur "Bilder von Ideen auf Papier" und "die Haut eines lebendigen Gedankens" seien, die "stark variieren können", müsse er sich "mit der zugrundeliegenden Idee auseinandersetzen und die sich entwickelnde Natur patentierbarer Erfindungen und ihrer Schöpfer anerkennen", betont Beach. "Wir sind sowohl geschaffen als auch schöpferisch tätig. Warum können unsere eigenen Schöpfungen nicht auch etwas erschaffen?"

Das nationale Patentamt, IP Australia, hatte zuvor entschieden, dass Dabus nicht als Erfinder akzeptiert werden kann und so auch eine Patentanmeldung durch die KI nicht möglich ist. Der Fall geht nun zurück an die Behörde und den dort zuständigen "Commissioner of Patents", der die befristeten Monopolrechte ausstellt. Dieser muss den Antrag Thalers nun erneut im Lichte des Urteils prüfen.

Thaler beschreibt Dabus als Verbund mehrerer neuronaler Systeme, der – wie das menschliche Gehirn – neue Ideen durch veränderte Verknüpfungen maschineller Synapsen erzeugen könne. Weltweit hat er bereits in zahlreichen Jurisdiktionen zwei Patentanträge über Erfindungen angemeldet, die auf Dabus zurückgehen sollen. Er selbst bezeichnet sich als "Rechtsnachfolger" der KI. Es geht um einen Behälter zum Aufbewahren von Nahrungsmitteln und "Geräte und Verfahren", mit denen etwa Rettungsbedürftige durch die Abgabe technischer Signale eine "erhöhte Aufmerksamkeit" auf sich ziehen könnten.

Das Europäische Patentamt (EPA) hatte die Anträge Ende 2019 zurückgewiesen, da nach dem Europäischen Patentübereinkommen ein Mensch als Erfinder angegeben werden müsse. Ähnlich entschieden Patentämter und Gerichte in den USA und Großbritannien. Südafrika hat dagegen erst vor Kurzem als erstes Land weltweit ein Patent ausgestellt, in der Dabus als Schöpfer und Thaler als Rechteinhaber ausgewiesen wird. Dort findet aber keine formelle Prüfung von Ansprüchen statt, Interessenten müssen nur einen Antrag ausfüllen.

Der australische Patentanwalt Mark Summerfield kritisiert das Urteil des Bundesgerichts als "Aktivismus", der nicht den Interessen des Landes diene. Es führe dazu, dass quasi per Handstrich Patentmonopole erteilt und "gegen die Allgemeinheit" durchgesetzt werden könnten. Gegenüber dem Guardian warnte der Jurist vor einer Flut gewerblicher Schutzrechte für "maschinell erzeugte Erfindungen", die echte Innovationen behinderten. Er hofft, dass IP Australia in die Berufung geht.

(olb)