RWE: Zusatzgewinne durch Emissionshandel

Braunkohlebagger im Tagebau Garzweiler (RWE Power) 2019. Bild: Arne Müseler/
CC BY-SA 3.0

CO₂-Zertifikate ohne Verfallsdatum und Stocken der Energiewende sind für Braunkohlekonzerne äußerst lukrativ

Ein Preis auf den Ausstoß von CO₂ (Kohlendioxid), dem mit Abstand wichtigsten Treibhausgas, ist für viele Umweltökonomen das Mittel der Wahl, um die Wirtschaft umzubauen. Seit 2005 müssen in der EU die Betreiber von Kohlekraftwerken und in den folgenden Jahren auch diverse andere Industriebranchen, wie Stahl, Chemie, Papier und Zement, für jede emittierte Tonne CO₂ ein Zertifikat vorweisen oder eine Strafgebühr bezahlen.

Die Zertifikate werden entweder bei staatlichen Auktionen oder an der Börse erworben. In den ersten Jahren gab es sie sogar umsonst, was die deutschen Kraftwerksbetreiber nicht daran hinderte, ihren fiktiven Preis in die Stromrechnungen der Kunden einzurechnen. Mehrere Milliarden Euro Sondergewinne haben RWE & Co. seinerzeit auf diesem Wege gemacht.

Inzwischen müssen die Energieversorger und ein Teil der übrigen betroffenen Konzerne für neue Zertifikate zahlen. Das Problem: Die Zertifikate haben kein Verfallsdatum und sie wurden in der Vergangenheit sehr großzügig ausgegeben. Das hat sich der Braunkohle- und Atomkonzern RWE offensichtlich pfiffig zunutze gemachte, wie das Handelsblatt berichtet.

Demnach hat sich die Tradingabteilung des Unternehmens im vergangenen Jahrzehnt, als der Zertifikatspreis lange deutlich unter zehn Euro pro Tonne betrug, reichlich mit Erlaubnisscheinen eingedeckt.

Das Ergebnis: RWE ist bis zum Ende des Jahrzehnts gegen steigende Preise der Verschmutzungsrechte abgesichert. Der seit Anfang des Jahres erfolgte rasante Anstieg des CO₂-Preises auf inzwischen rund 60 Euro pro Tonne kann den Rheinländern nichts anhaben.

Nach Angaben des Handelsblatts setzt das Unternehmen den durchschnittlichen CO₂-Preis je Megawattstunde für 2019 und 2020 mit fünf Euro an. Für 2021 werden acht und für 2022 16 Euro kalkuliert. Grob gerechnet kann man davon ausgehen, dass in RWEs Kohlekraftwerken eine Tonne CO₂ pro erzeugter Megawattstunde anfällt; in Steinkohleanlagen weniger, bei der Braunkohle-Verbrennung mehr.

Teurer Strom

Da zugleich inzwischen der Strompreis an der Börse auf zeitweise etwas mehr als 20 Cent pro Kilowattstunde (200 Euro pro Megawattstunde) in die Höhe schießt, macht RWE trotz hohem Börsen-CO₂-Preises ein ziemlich gutes Geschäft. Im ersten Halbjahr 2021 gab es für RWEs Kohle- und Atomsparte laut Handelsblatt 235 Millionen Euro mehr Gewinn als im Vorjahreszeitraum, und die jüngste Preisentwicklung lässt vermuten, dass das zweite Halbjahr noch einträglicher wird.

Grund für den Preisanstieg an der Strombörse ist übrigens unter anderem ein bisher sehr unterdurchschnittliches Windjahr und der stockende Ausbau der erneuerbaren Energieträger. Damit letzteres so bleibt, hat das Heimatland von RWE, Nordrhein-Westfalen, zu Beginn der Sommer eine neue Abstandsregelung für Windräder eingeführt, die nun mindestens 1.000 Meter Abstand zu nächsten Wohnbebauung halten müssen.

Übrigens: Wenn die schwarz-gelbe Regierung 2012 nicht den Ausbau der Solarenergie abgewürgt hätte und auf dem gleichen Niveau weiter ausgebaut worden wäre, gäbe es heute etwas mehr als 37 Gigawatt mehr Solarleistung. Damit ließen sich jährlich knapp 40 Milliarden Kilowattstunden Strom erzeugen, was sieben bis acht Prozent der deutschen Nettostromerzeugung im öffentlichen Netz entspricht.

Dadurch hätte die vor allem in den letzten sonnenscheinreichen, aber windarmen Monaten beobachtete Preis-Ralley an der Strombörse vermieden werden können. Aber das hätte RWE natürlich seine schönen Zusatzgewinne mit der Braunkohle verhagelt.