Hongkong: Gewerkschaften unter Druck

Archivbild: Protest gegen das Nationale Sicherheitsgesetz in Hongkong, Januar 2021. Foto: Iris Tong, VOAchinese/gemeinfrei

Der Druck auf oppositionelle Organisationen und Gruppen nimmt zu. Die Zivilgesellschaft löst sich auf

Aus China kommen sehr gute und zugleich sehr beunruhigende Nachrichten. Xi Jinping, Präsident der Volksrepublik und Vorsitzender Kommunistischen Partei, hat diese Woche auf der UN-Generalversammlung angekündigt, dass China keine Unterstützung und Kredite mehr für den Bau von Kohlekraftwerken im Ausland zur Verfügung stellen wird. Da könnten sich deutsche und japanische Banken durchaus ein Beispiel dran nehmen.

Unabhängig davon wird in Hongkong die Repressionsschraube weiter angezogen. Die Zahl der Verfahren nach dem neuen, gegen erhebliche Proteste durchgesetzten Hongkonger Gesetz über die Nationale Sicherheit, nehmen zu. Wie etwa gegen die 19-jährige Studentin Alice Wong, die derzeit in Haft sitzt.

Ihr wird gemeinsam mit anderen Mitgliedern ihrer Studentengruppe nach einem Bericht der Internetplattform Hong Kong Free Press vorgeworfen, "andere Personen dazu angestiftet zu haben, sich zu organisieren, um die Grundordnung der Volksrepublik China umzustoßen oder zu untergraben oder dies zu planen". Mitte der Woche hatte ein Gericht die Freilassung auf Kaution abgelehnt.

Gleichzeitig nimmt der Druck auf oppositionelle Organisationen und Gruppen zu. Ebenfalls Mitte der Woche löste sich eine linke Gruppe auf, die bisher Menschenrechtsanwälte in der Volksrepublik unterstützt hatte.

Auch eine Organisation, die bisher jährlich Zehntausende auf die Straße brachte, um an die Niederschlagung des Tiananman-Aufstandes 1989 in Beijing zu erinnern, erklärte Ende in dieser Woche ihre Auflösung, so Hong Kong Free Press.

Schon seit Juni werden außerdem alle in den Kinos der Stadt gezeigten Filme auf "Verletzung der Nationalen Sicherheit" untersucht, wie die Japan Times am Dienstag schrieb.

Gewerkschaften lösen sich auf

Besonders schwer wiegt die Verfolgung der Gewerkschaften in einer Stadt, in der die Rechte der Arbeitenden traditionell wenig gelten und Sozialpolitik nur auf Sparflamme betrieben wird.

Der Internationale Gewerkschaftsbund (ITUC, International Trade Union Confederation), dem auch der DGB oder der eher linke brasilianische Dachverband CUT angehört – hier eine Mitgliedsliste – schreibt, dass sein örtlicher Mitgliedsverband HKCTU (Hong Kong Confederation of Trade Unions) in den letzten Monaten zunehmend von den Behörden bedrängt werde und daher seine Auflösung beschlossen habe.

Der Verband und seine Mitgliedsorganisationen sei nie zuvor gesehenen Angriffen, Einschüchterungen und Vorwürfen ausgesetzt, gegen das Gesetz über die Nationale Sicherheit zu verstoßen. Auch seien Gewerkschaftsfunktionärinnen und -funktionäre persönlich bedroht worden.

HKCTU-Generalsekretär Lee Cheuk Yan sitze gerade wegen der Teilnahme an einer öffentlichen Versammlung im Gefängnis und sieht sich einer neuen Anklage gegenüber. Er solle als Vorsitzender der Hong Kong Alliance in Support of the Patriotic Democratic Movements in China Subversion betrieben haben.

Der Beschluss des Gewerkschaftsdachverbandes ist Teil der Auflösung der Hongkonger Zivilgesellschaft, nachdem das Gesetz über die Nationale Sicherheit im Juli letzten Jahres in Kraft trat. Bereits vor einigen Wochen hatte die traditionsreiche Lehrergewerkschaft der autonomen Metropole die Tore geschlossen.

Auch das Asia Monitor Resource Center, das sich seit Jahrzehnten von Hongkong aus für die Rechte der Arbeitenden in Ost- und vor allem Südostasien einsetzt, musste aufgrund des wachsenden Drucks die Arbeit einstellen.

Geschichte

Hongkong war bis 1997 britische Kolonie, die das Vereinigte Königreich in den Opiumkriegen gegen China im 19. Jahrhundert erobert hatte. Seitdem ist es autonomer Bestandteil der Volksrepublik mit eigener Verfassung, Wirtschaftspolitik und Währung.

Ein eingeschränktes, Reiche und Wirtschaftsverbände bevorzugendes, im wesentlich von der britischen Kolonialmacht übernommenes Wahlrecht und die große Zufriedenheit der wirtschaftlichen Eliten Hongkongs sichert der Regierung in Beijing seit der Übernahme weitgehenden Einfluss auf die Geschicke der Stadt.

Hongkong ist nach wie vor einer der wichtigsten Häfen und Börsenplätze in der Region. Seit einigen Jahren nimmt der Druck der Zentralregierung auf die Opposition zu. Besonders unter der Jugend ist die Unzufriedenheit mit der Einschränkung demokratischer Rechte durch das neue Sicherheitsgesetz und über das Fehlen eines allgemeinen Wahlrechts groß.