COVID-19-Verschwörungsmythen fördern Online-Antisemitismus

Alte und offen judenfeindliche Vorstellungen treiben im Rahmen der Corona-Krise in sozialen Medien neue Blüten, so eine neue Untersuchung.

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«QAnon»

(Bild: dpa, Matt Rourke/AP/dpa)

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Charlotte Jee

Verschwörungsmythen rund um das Coronavirus und die offiziellen Maßnahmen gegen seine Ausbreitung können dazu beitragen, antisemitischen Überzeugungen ein größeres Publikum zu verschaffen. Davor warnt ein neuer Bericht der Organisation Hope not Hate.

Den Angaben zufolge hat die Pandemie nicht nur das Interesse an altbekannten Erfindungen wie der "Neuen Weltordnung" wiederbelebt, die von einer geheimen, von Juden gesteuerten Elite schwadroniert, die die Welt regieren will. Zudem arbeiteten rechtsextreme Aktivisten daran, Überzeugungen von Menschen, die sich gegen Lockdown-Maßnahmen und Impfungen wenden, in einen aktiven Antisemitismus umzuwandeln.

Die Autoren der Untersuchung konnten auf allen neun untersuchten Plattformen, darunter TikTok, Instagram, Twitter und YouTube, problemlos Antisemitismus finden. Zum Teil werde kodierte Sprache verwendet, um eine automatische Erkennung und Sichtbarkeitsreduzierung durch Algorithmen zu vermeiden, aber vieles sei offenkundig und leicht zu entdecken. Kaum überraschend ist, dass die Autoren einen engen Zusammenhang zwischen dem Ausmaß des Antisemitismus auf einer Plattform und des Intensitätsgrads der Moderation feststellten: Je laxer die Moderation, desto größer das Problem.

Der Bericht warnt, dass sich die Messaging-App Telegram schnell zu einem der problematischsten Anbieter entwickelt hat. Sie beherberge viele Kanäle, die antisemitische Inhalte verbreiten und von denen einige Zehntausende von Mitgliedern haben. Ein Kanal, der die Verschwörungstheorie der "Neuen Weltordnung" propagiert, hat seit seiner Gründung im Februar 2021 rund 90.000 Anhänger gewonnen. Das Problem ist jedoch auf allen Plattformen zu finden. Kreative mit jüdischem Hintergrund auf TikTok haben sich unlängst darüber beklagt, dass sie auf der Plattform mit einer Flut von Antisemitismus konfrontiert sind und oft zur Zielscheibe von Angreifern werden, die ihre Konten massenhaft melden, um sie vorübergehend sperren zu lassen. Die Autoren zeigen Beispiele wie den deutschen Vegankoch Attila Hildmann, der mittlerweile via Telegram zum radikalen Hassprediger geworden ist.

Viele der untersuchten Plattformen hatten weit mehr als ein Jahrzehnt Zeit, um die Kontrolle und Moderation von Hassrede in den Griff zu bekommen – und es wurden laut der Studie einige Fortschritte erzielt. Doch während die großen Plattformen bei der Entfernung antisemitischer Inhalte von Gruppen besser geworden sind, tun sie sich immer noch schwer, antisemitische Inhalte von Einzelpersonen zu entfernen, warnt der Bericht.

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