Twitter-Studie: Algorithmus bevorzugt konservative Parteien – außer im Bundestag

Konservative profitieren größtenteils mehr als linke Parteien vom Umgang der Algorithmen mit ihren Beiträgen, hat Twitter selbst herausgefunden.

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(Bild: kovop58/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Twitters Algorithmen verstärken mehrheitlich die Reichweite von Abgeordneten konservativer beziehungsweise rechter Parteien stärker als von solchen aus dem linken Spektrum – mit dem Bundestag als Ausnahme. Das ist das Ergebnis einer weiteren Analyse von Twitter, die der US-Konzern durchgeführt hat, um die Folgen von maschinellem Lernen besser zu verstehen.

In sechs von sieben untersuchten Staaten profitieren moderate Parteien aus dem politisch rechten Spektrum demnach stärker von der KI als linke. In den USA gilt das demnach auch marginal für Publikationen mit konservativer beziehungsweise rechter Ausrichtung. Welchen Grund diese Bevorzugung hat, weiß man bei Twitter demnach nicht. Möglich sei, dass die Ungleichbehandlung Folge unterschiedlicher Strategien beim Twittern seien.

Bei der nun vorgestellten Analyse ging es Twitter um den von Algorithmen befüllten Feed, den sich Nutzer und Nutzerinnen als Alternative zur strikt chronologischen Auflistung der Tweets von abonnierten Accounts anzeigen lassen können. Die Anzeige in dieser Ansicht basiere auf der Interaktion mit dem Algorithmus und der Funktionsweise der Technik selbst.

Wie genau Politiker und Politikerinnen von dem System profitieren, sei aber auch bei Twitter nicht bekannt, begründete der US-Konzern die Analyse. Deswegen habe er Kurzmitteilungen von Abgeordneten der nationalen Parlamente aus Deutschland, Frankreich, Kanada, Japan, Spanien, Großbritannien und den Vereinigten Staaten aus dem Jahr 2020 genauer untersucht sowie politische Inhalte von US-Nachrichtenseiten.

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Bei einer Gegenüberstellung der Verstärkung der Reichweite von Tweets in Abhängigkeit von der jeweiligen Partei fällt demnach auf, dass – mit der Ausnahme Deutschlands – in allen Staaten konservative Parteien stärker profitieren. Am stärksten ist das Ungleichgewicht demnach in Kanada, wo Tweets von Liberalen um 43 Prozent verstärkt werden, die von Konservativen aber um über 160 Prozent – die des separatistischen, sozialdemokratischen Bloc Québécois jedoch noch stärker. Auch in Großbritannien sei das Missverhältnis groß (112 Prozent für Labour, 176 Prozent für die Konservativen).

In Deutschland profitiert demnach die FDP am stärksten, vor der SPD und den Unionsparteien. AfD und Linke liegen ungefähr gleichauf am Ende. Nimmt man nur jeweils die größten Parteien des linken und rechten Spektrums, gebe es nur in der Bundesrepublik eine leichte – statistisch nicht signifikante – Bevorzugung der linken Seite (SPD gegenüber CDU/CSU).

Die Ergebnisse im Detail

(Bild: Ferenc Huszár et.al)

Eine Erklärung für das teilweise außerordentliche Missverhältnis liefert die von Twitter beauftragte Forschungsgruppe nicht. Sie versichert aber, dass sie gleichzeitig keine Belege dafür gefunden habe, dass die Algorithmen extreme Parteien an den Rändern gegenüber moderateren bevorzugen würden. Gleichzeitig habe sie aber noch ermittelt, dass Nachrichtenseiten, die von unabhängiger Seite als eher rechts eingeordnet würden, gegenüber linken bevorzugt würden. Wie groß das Missverhältnis ist, hänge aber auch daran, wie die analysierten Meldungen jeweils einsortiert würden.

Insgesamt gebe es jedenfalls mehrere Ansätze für weitere Erforschung der Effekte der hauseigenen Algorithmen, ergänzt das Team. Die Ursachen der Unterschiede zu ermitteln, dürfte deutlich schwerer werden, meint es. Erst damit könne es aber über mögliche Änderungen beraten.

(mho)