Ingenieursverband: Cell Broadcast reicht nicht zur Katastrophenwarnung​

Die Bundesregierung will in einer Verordnung Details zu den geplanten Warnmeldungen über Mobilfunknetze festlegen. Nutzer müssten diese erst selbst aktivieren.

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(Bild: KPhrom/Shutterstock.com)

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Das Bundeswirtschaftsministerium hat den Entwurf einer "Verordnung für die Aussendung öffentlicher Warnungen in öffentlichen Mobilfunknetzen" an Verbände geschickt, um Details zur Umsetzung des neuen Paragrafen 164a des Telekommunikationsgesetzes (TKG) zu Cell Broadcasting festzulegen. Laut dem heise online vorliegenden Papier sollen die Netzbetreiber ihre Kunden bei Vertragsschluss sowie in der Folgezeit mindestens einmal jährlich über die neue Funktion informieren.

Dabei sollen die Netzbetreiber laut der geplanten Verordnung auch auf die Einstellungen hinweisen, die in "den jeweiligen Betriebssystemen in den Mobilfunkendgeräten zum Empfang öffentlicher Warnungen vorzunehmen sind". Dafür solle "eine allgemeine Information bezogen auf die verschiedenen Betriebssysteme" ausreichen. Damit könne der Anwender den Empfang solcher Meldungen auf seinem Mobilgerät selbst aktivieren oder ausschalten. Da derzeit Android und iOS nahezu 100 Prozent der in Deutschland genutzten Smartphones abdeckten, dürften die Hinweise auf diese beiden Systeme beschränkt werden.

Der Verband "Ingenieure für Kommunikation" (IfKom) kritisiert das als zu umständlich. Um die Warnmeldungen empfangen zu können, sollte "zwar keine zusätzliche App erforderlich sein". Die User kämen aber nicht darum herum, unterschiedliche Einstellungen vorzunehmen. Besser wäre ein System, "das die Warnmeldung im Empfangsgebiet anzeigt, ohne dass Bedingungen erfüllt sein müssen". Grundsätzlich müsse bei Cell Brodcasting das Mobiltelefon eingeschaltet sein und der Nutzer die Alarmzeichen auch wahrnehmen.

Der Verband kritisiert, dass die Verordnung den hohen Anforderungen an Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe nicht gerecht werde: "Eine flächendeckende Warnwirkung kann nicht erreicht werden, solange es geographische Bereiche gibt, in denen keine Mobilfunkversorgung besteht." Zudem solle die vorhandene Telekommunikationsinfrastruktur ohne besondere Ergänzungen oder Sicherungen genutzt werden. Werde diese etwa "nach einer ersten Welle beschädigt oder zerstört", kämen keine Warnungen mehr an. Es sollten daher "weitere Lösungen" bereitgestellt werden.

Die Debatte über Cell Broadcast war nach der Flutkatastrophe an der Ahr aufgeflammt und hatte die Bundesregierung in Trab gesetzt. Mit der auf einem Bundestagsbeschluss aufbauenden Initiative des BMWi, die noch der Zustimmung des Bundeskabinetts und des Bundesrats bedarf, müssten Betreiber öffentlicher Mobilfunknetze auch "die Integrität und Authentizität einer über das zentrale Warnsystem des Bundes ausgelösten öffentlichen Warnung" überprüfen und dafür "entsprechende technische Vorkehrungen" treffen. Cell Broadcast Center der Firmen seien "technisch redundant an mindestens zwei Standorten einzurichten und zu betreiben", heißt es. Die Anlagen sollen "vor unberechtigtem Zugriff und unbefugter Inanspruchnahme" geschützt werden.

(vbr)