Votum "gekidnappt": Neue Abstimmung über Gewerkschaft bei Amazon angeordnet

Der US-Onlinehändler soll die Abstimmung über die erste Gewerkschaft an einem US-Standort "gekidnappt" haben. Nun soll sie wiederholt werden.

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Amazon-Betrieb in Frankreich

(Bild: Frederic Legrand - COMEO/Shutterstock.com)

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Amazon-Angestellte in Bessemer (Alabama) dürfen erneut über die Gründung der ersten Gewerkschaft an einem US-Standort des Onlinehändlers abstimmen. Das hat die dafür zuständige regionale Direktorin des National Labor Relations Boards (NLRB) entschieden, das in den USA für die Durchsetzung der Arbeitsgesetze verantwortlich ist. Wann die zweite Abstimmung stattfinden soll, werde noch bekannt gegeben.

Der Onlinehändler habe einen "starken Eindruck vermittelt", dass er die Abstimmung kontrolliere. Außerdem habe Amazon ungerechtfertigterweise abzufragen versucht, wie Angestellte abstimmen wollen, indem Anstecker mit "Stimme für Nein" verteilt wurden, kritisierte die Behörde. Ob Amazon die Entscheidung anfechten will, ist noch nicht bekannt.

Die Amazon-Angestellten in Alabama bekommen damit eine zweite Chance, sich als erste in dem Konzern in den USA gewerkschaftlich zu organisieren. Die erste Abstimmung Anfang des Jahres war mit Spannung verfolgt worden, sogar US-Präsident Joe Biden hatte sich eingeschaltet. Teilgenommen hatte dann etwa die Hälfte der wahlberechtigten Belegschaft, am Ende stand eine klare Zwei-Drittel-Mehrheit gegen eine Gewerkschaftsgründung unter dem Dach der Retail, Wholesale and Department Store Union (RWDSU). Die Handelsgewerkschaft hatte schon während der Wahl von einem "kaputten Wahlsystem" gesprochen und die Beschwerde angekündigt. Dass sie Recht bekommen würde, hatte sich zuletzt bereits abgezeichnet.

Kritik hatte es unter anderem an den Abstimmungsboxen gegeben, in denen die Angestellten ihren Wahlschein einwerfen sollten. Die seien von Amazon in Sichtweite von Überwachungskameras installiert und mit Zelten abgeschirmt worden, auf denen gewerkschaftsfeindliche Statements angebracht waren. Vorgeworfen wird Amazon nun auch, die gesamte Wahlprozedur regelrecht gekidnappt zu haben. So habe Amazon behauptet, das Votum etwa durch die Aufstellung der Wahlboxen zu erleichtern. Das sei aber überhaupt nicht die Aufgabe des Arbeitgebers und liege nicht in dessen Verantwortung. All das habe dazu beigetragen, gegenüber den Angestellten den falschen Eindruck zu erwecken, in Kontrolle des Votums zu sein.

Der weltgrößte Onlinehändler hatte gegen die Gründung argumentiert, dass keine Gewerkschaft nötig sei, da die Angestellten ohnehin schon alles bekämen, wofür sie sich einsetzen könnten. Nach Bekanntgabe des Ergebnisses hatte Amazon erklärt, die Angestellten hätten mit überwältigender Mehrheit "für eine direkte Verbindung zu ihren Managern und dem Unternehmen gestimmt". Doch gerade in den Logistikzentren klagen Beschäftigte immer wieder über das hohe und strapaziöse Arbeitspensum sowie über angebliche Überwachung. Die RWDSU hatte damit geworben, im Erfolgsfall sicherere Arbeitsbedingungen und faire Löhne zu erstreiten.

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(mho)