EuGH: Vodafone darf keine Gebühren für Überweisungen berechnen

Vodafone verlangte von Altkunden ohne Einzugsermächtigung eine "Selbstzahlerpauschale" in Höhe von 2,50 Euro. Das ist laut EuGH rechtswidrig.

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(Bild: Wirestock Images/Shutterstock.com)

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Juristischer Erfolg für den Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH): Er beanstandete vor deutschen Gerichten, dass der Kabelnetzbetreiber und Internetprovider Vodafone bei Altkunden von Kabel Deutschland, deren Vertrag vor dem 13. Januar 2018 geschlossen wurde, weiterhin eine "Selbstzahlerpauschale" je Zahlung ohne Bankeinzug in Höhe von 2,50 Euro verlangte. Diese Praxis, die auch für SEPA-Überweisungen galt, ist laut dem EuGH nicht mit dem EU-Recht vereinbar.

Nach der Zahlungsdienste-Richtlinie PSD2, die bis 13. Januar 2018 in nationales Recht umzusetzen war, dürfen Geldempfänger wie Händler von ihren Kunden wegen der Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments kein zusätzliches Entgelt verlangen. Diese Vorgabe umfasst dem EuGH zufolge alle Zahlungen mit Kredit- und Debitkarte sowie per Überweisung und Lastschrift.

Der vzbv machte geltend, das mit der deutschen Richtlinienumsetzung in Paragraf 270a BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) vorgesehene Verbot der Erhebung von Zusatzgebühren ab dem 13. Januar 2018 gelte auch für Zahlungsvorgänge, die "nach diesem Datum in Erfüllung von davor geschlossenen Verträgen bewirkt würden". Artikel 62 der PSD2 ziele nämlich darauf ab, mit dem Stichtag gleiche Bedingungen im Binnenmarkt herzustellen.

Die Übergangsvorschrift in Artikel 229 Paragraf 45 des Einführungsgesetzes zum BGB sollte laut dem Verband zudem so ausgelegt werden, dass die neue Regel ab dem 13. Januar 2018 für alle ab diesem Datum bewirkten Zahlungsvorgänge einschließlich derjenigen gelte, die auf vor diesem Datum geschlossenen Verträgen beruhten.

Das Oberlandesgericht München ersuchte den EuGH, den Streit im Lichte der PSD2 auszulegen. Es vertrat dabei die Auffassung, dass Paragraf 270a BGB auch dann anwendbar sei, wenn das den Zahlungsvorgängen zugrunde liegende Schuldverhältnis vor dem 13. Januar 2018 entstanden ist. Weitere Voraussetzung müsse sein, dass die periodisch – in der Regel monatlich – fällig werdenden Vorgänge erst nach diesem Datum ausgelöst werden.

Das Verbot von Aufschlägen gelte für Zahlungsvorgänge "unabhängig von etwaigen zugrunde liegenden Verpflichtungen im Verhältnis zwischen Zahler und Zahlungsempfänger", urteilte der EuGH nun am Donnerstag in dem Verfahren C-484/20. Der maßgebliche Zeitpunkt für die Anwendung dieser Klausel sei derjenige, "zu dem der Zahlungsvorgang bewirkt wird". Es komme also nicht darauf an, wann das zugrunde liegende Schuldverhältnis entstanden sei.

Damit ergebe sich aus einer systematischen Auslegung des einschlägigen Artikels 62 der Richtlinie, "dass das Verbot der Erhebung von Entgelten für die Nutzung der in dieser Bestimmung genannten Zahlungsinstrumente und Zahlungsdienstleistungen für alle ab dem 13. Januar 2018 bewirkten Zahlungsvorgänge gilt".

Jede Anwendung, die danach unterscheide, ob die zugrunde liegenden Verpflichtungen vor oder nach diesem Datum entstanden sind, würde die geforderte Harmonisierung auf EU-Ebene laut den Luxemburger Richtern gefährden. Dies wiederum dürfte den von der Richtlinie als Ziel verfolgten Verbraucherschutz im Binnenmarkt für Zahlungsdienste schwächen.

Der EuGH wies auch das Argument Vodafones zurück, wonach die damit zuerkannte zeitliche Reichweite "gegen die Grundsätze zur Rückwirkung von Rechtsnormen" und gegen den Vertrauensschutz verstieße. Eine neue Vorschrift sei "grundsätzlich ab dem Inkrafttreten des Rechtsakts anwendbar", mit dem sie eingeführt werde, betonten die Richter. Sie werde zudem unmittelbar "auf die künftigen Wirkungen" auch älterer Rechtspositionen angewendet, "soweit aus dem Wortlaut, dem Aufbau oder der Zielsetzung der Regelung nicht eindeutig hervorgeht, dass ihr eine Rückwirkung beizumessen ist".

(mho)