"Seltsam massiv": Schwarzes Loch in Zwerggalaxie so groß wie das der Milchstraße

Die winzige Zwerggalaxie Leo I hat in ihrem Zentrum ein Schwarzes Loch, das fast so massiv ist wie das der Milchstraße. Die Entdeckerin hat keine Erklärung.

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Die Milchstraße und die Leo-I-Zwerggalaxie

(Bild: ESA/Gaia/DPAC; SDSS (inset))

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Das Schwarze Loch im Zentrum einer vergleichsweise winzigen Zwerggalaxie am Rand des Einflussbereichs der Milchstraße ist fast so massiv wie das im Zentrum unserer Heimatgalaxie und könnte unser Verständnis von der Entstehung aller Galaxien revolutionieren. Das hat eine Forschungsgruppe um María José Bustamante von der Universität Texas ermittelt und erklärt, dass ihr Fund auf besseren Beobachtungsdaten und Simulationen an einem Supercomputer beruht.

Aktuell gebe es keine Erklärung für ein derart massives Schwarzes Loch in einer solchen Zwerggalaxie, ordnet Bustamante den Fund ein. Gefunden wurde es in der Zwerggalaxie Leo I, die etwa 820.000 Lichtjahre von uns entfernt ist.

Die Zwerggalaxie Leo I ist einer der am weitesten entfernten Satelliten unserer Milchstraße und hat einen Durchmesser von ungefähr 7000 Lichtjahren. Mit etwa 10 Millionen Sternen ist sie deutlich kleiner als unsere Heimatgalaxie, die auf mehrere Hundert Milliarden Sterne kommt und etwa 170.000 und 200.000 Lichtjahre durchmisst. Doch während sich also die Dimensionen der beiden Sternenhaufen um Größenordnungen unterscheiden, sind die Schwarzen Löcher in ihren Zentren vergleichbar. Während Sagittarius A* – im Herz der Milchstraße – auf etwa 4,3 Millionen Sonnenmassen kommt, kreisen die Sterne in Leo I um ein Schwarzes Loch, das etwa 3,3 Millionen Sonnenmassen umfasst, schreiben Bustamante und ihr Team im Astrophysical Journal.

Dass die Zwerggalaxie Leo I ungewöhnlich ist, war bereits absehbar, erklärt das Team. So habe man sie für eine genauere Analyse ausgewählt, weil schon ermittelt worden war, dass sich dort nicht viel Dunkle Materie befindet. Das sei durch die Messung der Geschwindigkeit der Sterne ermittelt worden, woraus sich die Masse ergebe, die sich innerhalb von deren Bahnen befinden muss. Bislang sei das nur für weiter außen liegende Sterne geschehen. Erst jetzt habe man dank eines speziellen Instruments am Harlan J. Smith Telescope auch die Sterne im Zentrum der Zwerggalaxie genauer vermessen können. Eine Analyse der Daten mit einem Supercomputer der Universität Texas habe ergeben, dass die eingeschlossene Masse explodiert sei, je enger die Bahnen geworden seien: "Die Modelle schreien, dass es im Zentrum ein riesiges Schwarzes Loch braucht, aber nicht viel Dunkle Materie", erläutert der Astronom Karl Gebhardt.

Ihr Fund könnte unser Verständnis von der Entwicklung von Galaxien umkrempeln, meint das Team. Denn aktuell gebe es keine Erklärung dafür, wie solch ein Schwarzes Loch in einer so kleinen Galaxie entstanden sein könnte. Weiterhin seien Galaxien wie Leo I seit 20 Jahren auch dafür genutzt worden, um die Verteilung von Dunkler Materie besser zu verstehen. Hier könnten also auch Anpassungen nötig werden, legen sie nahe. Zudem könnten Schwarze Löcher wie das aus Leo I erklären helfen, wie supermassive Schwarze Löcher überhaupt auf ihre gigantischen Ausmaße anwachsen, denn dafür braucht es Kollisionen mit anderen vergleichbar großen Objekten.

(mho)