USA nutzen E-Auto-Subventionen für Behinderung des Handels

Ein US-Gesetzesentwurf gefährdet Investitionen in Elektroautos in Mexiko und Kanada. Er untergräbt Ziele des nordamerikanischen Freihandelsabkommens.

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Blick auf die Skyline Detroits. Davor der Grenzfluss Detroit und ein vorbeifahrender Pkw

Blick von Windsor, Ontario, über den Detroit-Fluss auf die Skyline Detroits in Michigan. Die Grenzregion ist für Nordamerikas Kfz-Produktion besonders wichtig.

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Andreas Knobloch

Der Handelsstreit zwischen Kanada und Mexiko auf der einen und den USA auf der anderen Seite spitzt sich zu. Das mexikanische Wirtschaftsministerium bereitet sich darauf vor, kommerziell zurückzuschlagen, sollten die Vereinigten Staaten ein geplantes Gesetz verabschieden, das steuerliche Anreize für in den USA gefertigte Elektrofahrzeuge vorsieht. Durch die Steuerprivilegien würden Investitionen in Mexiko gefährdet, sagt Mexikos Wirtschaftsministerin Tatiana Clouthier.

Mindestens zwei Elektroauto-Investitionen könnten in Mexiko nicht zustande kommen, und acht Bundesstaaten könnten aufgrund des Gesetzes Expansionen von Autoherstellern verlieren, so Clouthier in einem Interview mit dem Wirtschaftsnachrichtendienst Bloomberg. Das Vorgehen der USA bezeichnete sie als widersprüchlich zur engen Zusammenarbeit mit Mexiko, um Engpässe in den Lieferketten zu beseitigen.

Sowohl Mexiko als auch Kanada beschuldigen die USA, möglicherweise gegen das aktualisierte nordamerikanische Freihandelsabkommen United States-Mexico-Canada Agreement, kurz USMCA, zu verstoßen. Der Gesetzentwurf, der Subventionen für Verbraucher vorsieht, die von gewerkschaftlich organisierten US-Arbeitern hergestellte Elektrofahrzeuge kaufen, schade zudem den Autoherstellern im übrigen Nordamerika, argumentieren sie.

Nordamerikas Kfz-Produktion ist eng zwischen den Vereinigten Staaten und ihren Nachbarn verzahnt. Nicht selten überquert ein Fahrzeug während seiner Herstellung mehrmals eine Grenze, bis es fertiggestellt ist. Verschiedene Arbeitsschritte werden dabei von unterschiedlichen Fabriken beiderseits einer Grenze durchgeführt. Diverse Teile kommen natürlich von Zulieferern in Asien, weil sie in Nordamerika gar nicht hergestellt werden. Subventionen, die solche Fahrzeuge ausschließen, würden sich auch auf die Herstellung herkömmlicher Verbrenner auswirken.

Clouthier ist bereit, "alle Arten von Vergeltungsmaßnahmen" zu ergreifen, einschließlich der Einführung von Zöllen auf US-Waren. Rückendeckung erhält Clouthier auch vom mexikanischen Privatsektor. Die kanadische Außenhandelsministerin Mary Ng warnte, dass das vorgeschlagene US-Gesetz Hunderttausende von Arbeitsplätzen gefährde.

US-Präsident Joe Biden am Volant eines elektrischen Jeeps vor dem Weißen Haus

(Bild: Weißes Haus/Cameron Smith (gemeinfrei))

Der Zwist entspringt einem Detail der Build-Back-Better-Initiative Washingtons. Die US-Regierung plant Subventionen von 7.500 bis 12.500 US-Dollar für überwiegend von gewerkschaftlich organisierten Arbeitern im Inland hergestellten Elektroautos. Das Repräsentantenhaus hat bereits zugestimmt, der Senat soll am 13. Dezember abstimmen.

Das Vorhaben lässt in Mexiko und Kanada, den wichtigsten Handelspartnern der USA, die Alarmglocken schrillen. Kanadas Premierminister Justin Trudeau ist sogar im November selbst nach Washington gereist, um persönlich mit US-Abgeordneten zu sprechen. Gefruchtet hat das bislang nicht.

Beide Ländern werfen Washington vor, mit dem geplanten Gesetz gegen das 2018 auf Betreiben des damaligen US-Präsidenten Donald Trump neu ausgehandelte Freihandelsabkommen USMCA zu verstoßen. Vergangenes Jahr hat es das NAFTA-Abkommen von 1994 abgelöst. Seither sind Zollerleichterungen an Mindestlöhne gekoppelt, die nicht nur für mexikanische Verhältnisse hoch sind, sondern auch über kanadischen und US-amerikanischen Mindestlöhnen liegen.

Während NAFTA Mexikos Agrarsektor geschadet hat, machte es das Land zu einem der wichtigsten Standorte der Automobilindustrie. Ein bedeutender Teil der US-Autoproduktion ist nach Mexiko ausgelagert; auch für deutsche Autobauer wie VW, Audi oder Daimler ist Mexiko zu einem bedeutenden Produktionsstandort geworden.

Der derzeitige Streit betrifft den regionalen Wertgehalt (RVC) von Fahrzeugen, also den Prozentsatz der in der Region hergestellten Teile. Die Wertschöpfungsanteile aus den USMCA-Staaten in der Autoproduktion werden mit dem Abkommen – wie von den USA gefordert – ab 2023 von bisher 62,5 auf 75 Prozent angehoben.

Das neue Steuervorhaben der USA aber macht vor allem den Plänen Mexikos, in der Wertschöpfungskette der Elektromobilität Fuß zu fassen, einen Strich durch die Rechnung. Unter anderem will der deutsche Hersteller Next.e.Go Mobile eine Mikrofabrik in Mexiko errichten. Die dortige Regierung erwägt nun, ein Schiedsgericht anzurufen und sogar die Welthandelsorganisation (WTO) einzuschalten. Mehrere Handelspartner wie Korea, Japan und Deutschland haben ihr Interesse bekundet, sich der Initiative anzuschließen, die ihrer Ansicht nach den Verpflichtungen der USA im Rahmen der WTO zuwiderlaufen könnte.

(akn)