AKW Leibstadt in "sehr gutem Zustand für einen weiteren langfristigen Betrieb"

Wegen umfassender Modernisierungsarbeiten hat die planmäßige Revision einen Monat länger als ursprünglich vorgesehen gedauert.

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Auch in der Schweiz wird versucht, Atomkraft idyllisch ins Bild zu setzen; hier der Kühlturm des Atomkraftwerks Leibstadt.

(Bild: KKL AG)

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Das Atomkraftwerk Leibstadt in der Schweiz produziert nach einer sechs Monate dauernden Revision wieder Strom. In der Zeit ersetzte der Betreiber KKL die Brennelemente, das Reaktorumwälzsystem und den Kondensator. Auch habe sich gezeigt, dass das AKW in einem "sehr guten Zustand für einen weiteren langfristigen Betrieb" sei, wie aus einer Mitteilung hervorgehe.

Die Aussage ist von Bedeutung, da in der Schweiz überlegt wird, die Laufzeiten der dortigen Atomkraftwerke auf 60 Jahre zu verlängern. Hintergrund sei der zwischen der EU und der Schweiz gescheiterte Rahmenvertrag; dadurch könnten auch auf dem Feld der Stromlieferungen keine Abkommen geschlossen werden und es zu Engpässen kommen, wurde im Juli berichtet. Der Leichtwasserreaktor Leibstadt nahe der deutschen Grenze bei Waldshut-Tiengen ist seit 1984 am Netz. Es ist eines von vier Reaktorblöcken, die vorerst in der Schweiz in Betrieb bleiben.

"Umfang und Qualität der Revisionsarbeiten sowie der Gesamtzustand des Werks nach Abschluss der Revision entsprechen den gesetzlichen Anforderungen an die nukleare Sicherheit", schreibt die Schweizer Atomaufsicht ENSI. Daher habe sie genehmigt, das AKW wieder anzufahren und das neue Reaktorumwälzsystem in Betrieb zu nehmen. Ursprüngllich sollte die Revision fünf Monate dauern, "vor allem das große Modernisierungsprojekt zum Ersatz des Reaktorumwälzsystems hatte zu einer Anpassung der Revisionsplanung geführt", schreibt das ENSI.

Während der Revision wurde nach KKL-Angaben (PDF) auch das bisher größte Inspektionsprogramm im AKW Leibstadt am Reaktordruckgefäß und dessen Einbauten mit rund 600 Prüfstellen durchgeführt. Dabei sei an zwei Stellen einer Rohrleitung Spannungsrisskorrosion festgestellt worden.

Der Kondensator im Maschinenhaus überträgt die Wärme vom inneren Reaktorkreislauf auf den äußeren Kühlkreislauf mit dem Kühlturm. Er sei wegen der normalen mechanischen Abnutzung nach mehr als 30 Betriebsjahren ausgewechselt worden. Das Umwälzsystem regelt außerhalb des Reaktors die Zirkulation des Wassers im Reaktorkern. Statt mit Regelventilen wird die Umwälzung nun mit drehzahlgeregelten Motoren gesteuert. Damit werde die Steuerung effizienter und das An- und Abfahren der Anlage einfacher, erläutert KKL.

Der Reaktorkern fasst 648 Brennelemente, 80 wurden während der Revision neu eingesetzt. Brennelemente dürfen auch aus Deutschland geliefert werden, wie ein Gericht im Februar dieses Jahres entschied. Außerdem habe KKL verschiedene wichtige Modernisierungen an Kühl- und Nebensystemen sowie an der Leittechnik und den Steuerungssystemen vorgenommen. Bei allen Arbeiten wurden die 500 KKL-Mitarbeitenden von bis zu 1000 externen Fachkräften pro Tag unterstützt. Angesichts der Pandemie haben sie dabei mit Abstand, Masken und Covid-Tests in 16 zeitversetzt beginnenden Schichten gearbeitet.

Das ENSI sah im Januar 2019 berechtigte Zweifel an der Sicherheitskultur im AKW Leibstadt, als bekannt wurde, dass ein Mitarbeiter des Atomkraftwerks Protokolle für die Prüfung von Dosimetern fingiert hatte. Einen Monat später monierte das ENSI mehrere menschliche Fehler im gesamten Arbeitsprozess des AKW. Das deutsche Bundesumweltministerium tritt dafür ein, dass sämtliche Schweizer AKW abgeschaltet werden.

(anw)