FAQ: Was ist das Metaverse?

Das Metaverse ist in aller Munde, seit Mark Zuckerberg seine Vision einer virtuellen Welt vorgestellt hat. Doch was genau ist das Metaverse? Wir erklären es!

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(Bild: PopTika/Shutterstock.com)

Stand:
Lesezeit: 10 Min.
Von
  • Anna Kalinowsky
  • Jonas Mahlmann

Im Oktober 2021 stellte Facebook-Gründer Mark Zuckerberg seine Vision des Metaverse vor. Die Erschaffung einer virtuellen Realität wird seitdem kontrovers diskutiert. Das Metaverse ist zwar keine neue Erfindung, befindet sich aber erst in den Anfängen, was eine allgemeingültige Definition schwierig macht. Im Folgenden versuchen wir trotzdem, etwas Licht ins Dunkle zu bringen.

Was ist das Metaverse?

Eine genaue Definition des Metaverse ist tatsächlich gar nicht so leicht aufzustellen. Da es sich dabei bisher nur um eine Vision handelt, gibt es viele unterschiedliche Ideen dazu. Mehr zu diesen konkreten Ideen lesen Sie im nächsten Abschnitt.

Der Begriff Metaverse tauchte allerdings zum ersten Mal in Neal Stephensons Science-Fiction-Roman "Snow Crash" aus dem Jahr 1992 auf. Dort ist das Metaverse eine virtuelle Parallelwelt, in der die Menschen als Avatare leben. Auch in Steven Spielbergs Film "Ready Player One" flüchten sich die Menschen via VR-Brillen aus ihrer dystopischen Welt in eine virtuelle Realität.

Grundsätzlich ist das Metaverse also ein virtueller Raum, in dem Nutzer kommunizieren und interagieren können. Aktuelle Überlegungen zum Metaverse sehen jedoch keine abgegrenzte virtuelle Parallelwelt vor: Elemente der virtuellen Welt sollen in der realen Welt dargestellt und Bestandteile der echten Welt mit in die virtuelle Welt genommen werden können. Virtual und Augmented Reality kommt dabei also eine entscheidende Rolle zu.

Damit das funktioniert, sollen laut Matthew Ball (Autor eines viel beachteten Essays, das mittlerweile als Grundlagenlektüre über das Metaverse gilt) alle Elemente zu einer kohärenten Welt verbunden werden. Hier liegt der größte Unterschied zum aktuellen Internet: Unser heutiges Internet ist untergliedert in viele, weitestgehend voneinander abgetrennte Bereiche, die jeweils von einem einzelnen Anbieter kontrolliert werden. Bedeutet: YouTube hat zwar ein umfangreiches Angebot an Videos, auf Netflix-Serien kann man mit der App aber trotzdem nicht zugreifen. Und wer in Fortnite die In-Game-Währung kauft, kann diese in den FIFA-Spielen nicht gegen Items eintauschen. Das ist darauf zurückzuführen, dass die einzelnen Plattformen von unterschiedlichen Anbietern bereitgestellt werden. Diese haben kein großes kommerzielles Interesse daran, miteinander zu kommunizieren.

Das soll im Metaverse anders sein. Die Idee ist, dass es von niemandem kontrolliert wird. Dadurch sollen Gegenstände, Währungen und vieles mehr einfach von einem Element des Metaverse ins Nächste mitgenommen werden können - die sogenannte Interoperabilität zwischen Anwendungen. In Verbindung mit Kryptowährungen könnte so sogar eine eigene Wirtschaft innerhalb des Metaverse entstehen, in der man kaufen und verkaufen kann, in der gearbeitet wird und in der man für seine Arbeit bezahlt wird. In diesem Zuge könnten auch NFTs immer wichtiger werden. NFTs sind digitale Besitztümer, die nicht kopierbar sind. Es handelt sich praktisch um Einzelstücke, die nur demjenigen gehören, der sie erworben hat. Mehr über NFTs erfahren Sie hier.

Die Grundvoraussetzungen des Metaverse nach Matthew Ball. Das viel beachtete Essay des ehemaligen "Head of Strategy" von Amazon Studios finden Sie hier: https://www.matthewball.vc/all/themetaverse

Besonders in den vergangenen Jahren wurde die Metaverse-Idee nun immer wieder von großen Technologie-Unternehmen aufgegriffen, die darin eine Zukunfts- und vor allem Wirtschaftsvision sehen. Allerdings unterscheiden sich die Versionen der Tech-Unternehmen noch sehr - besonders in Bezug darauf, wie allumfassend das Metaverse sein soll.

Welche Visionen haben die großen Unternehmen für das Metaverse?

Die Visionen für das Metaverse unterscheiden sich zwar in der konkreten Ausgestaltung, im Kern möchten alle Anbieter aber etwas Ähnliches. Tencent und Epic Games, die Unternehmen hinter Fornite, möchten beispielsweise ihre Spiele zu einem großen Metaverse umbauen. Neben den eigentlichen Spielen sollen so zum Beispiel In-Game-Events wie Konzerte stattfinden. Zentrales Ziel ist auch der Aufbau eines sozialen Netzwerkes, das eng mit den Spielen verbunden ist und über das Nutzer interagieren können.

Microsoft fokussiert seine kurz- und mittelfristigen Anstrengungen zunächst vorwiegend auf den Productivity-Bereich – also vorrangig die Arbeitswelt, in der Meetings in den virtuellen Raum verlagert werden und man sich in digitalen Konferenzräumen als Avatare begegnet. Bereits dieses Jahr möchte das Unternehmen eine Integration von VR- und AR-Brillen in Microsoft Teams herausbringen und damit einen ersten Schritt in Richtung eines großen Metaverse gehen.

Meta (ehemals Facebook) hat wohl die unspezifischste, dafür aber weitreichendste Vision. Das Unternehmen möchte ein allumfassendes Metaverse schaffen, das viele Bereiche des Lebens integriert. Aktuell liegt der Fokus dafür zunächst auf Chat-Rooms, über die mit Freunden oder Kollegen Kontakt gehalten werden kann.

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(Bild: Shutterstock.com/thinkhubstudio)

Wie funktioniert das Metaverse?

Die Pläne für ein Metaverse stecken aktuell noch in den Kinderschuhen und sind daher in vielen Fällen noch recht diffus. Wie genau sich das Metaverse letztendlich in unser Leben integrieren wird, lässt sich daher aktuell noch nicht abschätzen. Es gibt aber bereits eine Vielzahl von Ideen, die beschreiben, wie unser Leben im Metaverse ablaufen könnte. Wie das genau aussehen könnte, lässt sich am besten an einem Beispiel beschreiben:

Tagsüber arbeiten Sie zwar zu Hause, sehen Ihre Kollegen dank Virtual-Reality-Brille aber nicht nur als Videokonferenz-Kacheln, sondern als Avatare in einem virtuellen Konferenzraum. Nach dem Feierabend gehen Sie einkaufen und sehen dabei in Ihrer Augmented-Reality-Brille neben dem Weg zum nächsten Supermarkt und Ihrer Einkaufsliste auch eine Werbung für das nächste große Spiel. Abends verabreden Sie sich spontan mit Freunden, einen Film zu schauen. Da diese aber über die ganze Welt verstreut leben, schalten Sie sich als Hologramme in Ihrem Wohnzimmer zusammen. Dann erinnert Sie Ihr intelligenter virtueller Assistent daran, dass Schlafenszeit ist, um den Termin am nächsten Morgen nicht zu verpassen.

An diesem Beispiel wird eines deutlich: Das Metaverse soll nicht ausschließlich über ein einzelnes Gerät betreten werden. Man kann zwar mit VR-Brillen darin eintauchen, vielmehr soll es uns aber in das echte Leben begleiten und bei alltäglichen Aufgaben unterstützen. In der Folge können Sie mit einer Vielzahl von Geräten im Metaverse interagieren. Welche Gerätetypen das genau sind, wird sich aber erst in einigen Jahren herausstellen.

Warum entwickeln große Tech-Unternehmen das Metaverse?

Zum einen geben die Technologie-Unternehmen an, ideelle Ziele zu verfolgen. Diese überschneiden sich häufig mit denen, die auch im Kontext unseres heutigen Internets häufig genannt werden: Das Metaverse soll das Leben erleichtern, Menschen verbinden und eine Freizeitbeschäftigung darstellen.

Zum anderen wird der finanzielle Anreiz aber wohl einen mindestens genauso großer Ansporn sein: Das Metaverse verspricht um ein Vielfaches mehr Umsatz als das aktuelle Internet. Das ist selbst für die größten Technologie-Unternehmen mit Milliardenumsätzen noch interessant. Gleichzeitig ist die Entwicklung des Metaverses verbunden mit der Befürchtung, ein neuer Player könnte an den Markt kommen und sie abhängen – genauso, wie sie selbst einst als Außenseiter gestartet sind und die damals großen Unternehmen abgelöst haben. Um ihre Stellung am Technologie-Markt zu halten, investieren die Unternehmen daher schon jetzt riesige Mengen Geld - in der Hoffnung, im späteren Metaverse mitreden und mitverdienen zu können.

Gibt es das Metaverse schon?

Nein, ein Metaverse, wie es in den Visionen der Technologie-Unternehmen beschrieben wird, gibt es aktuell noch nicht. Allerdings zeigten sich in der Vergangenheit immer wieder erste Ansätze, die in den letzten Jahren immer konkreter wurden. Gestalt angenommen hat die Veränderung vor allem bei Spielen: Neben Titeln wie Roblox oder Second Life wird ein Metaverse aktuell hauptsächlich bei Fortnite verfolgt. Neben dem reinen Battle-Royale-Spiel finden in der Fortnite-Welt immer wieder Konzerte, Filmpremieren und vieles mehr statt. Erstere erreichten bereits Zuschauerzahlen in Millionenhöhe.

Für ein richtiges Metaverse fehlt aber noch einiges: Neben der schnellen Internetverbindung und der Rechenleistung, die benötigt wird, um ein Metaverse zu betreiben, muss vor allem die künstliche Intelligenz noch weiterentwickelt werden. Damit etwa die Animation der Nutzer-Avatare natürlich wirkt und Mundbewegungen authentisch aus dem Gesagten übernommen werden, muss noch einiges an Forschung erfolgen. Aber auch die Hardware muss weiterentwickelt werden: Virtual-Reality-Brillen und Augmented-Reality-Brillen sind wohl noch Jahre davon entfernt, für den Einsatz in einem Metaverse wirklich ausreichend zu sein.

Wann das erste richtige Metaverse starten wird, ist aktuell noch nicht abzuschätzen. Experten gehen aber davon aus, dass es noch Jahre dauern wird, bis wir in einem richtigen Metaverse umherlaufen können. Der Übergang wird zudem wohl fließend vonstattengehen. Einzelne Features werden sich nach und nach ergänzen, bis die Vision des Metaverse eines Tages umgesetzt ist. Und dann besteht natürlich auch die Möglichkeit, dass mehrere Metaverses parallel entstehen, wenn sich die dahinterstehenden Konzerne nicht zusammenschließen sollten.

Welche Nachteile und Gefahren bringt ein Metaverse mit sich?

Die Gefahren eines Metaverse lassen sich aktuell genauso schwierig abschätzen wie die konkrete Ausgestaltung. Experten gehen aber davon aus, dass es eine starke Veränderung des Lebens mit sich bringen wird – vielleicht sogar die stärkste Disruption jemals. Eine Weiterentwicklung aktueller Tendenzen scheint dabei wahrscheinlich. Das umfasst zwar auch positive Entwicklungen, wie die Möglichkeit, immer und von überall mit fast jedem kommunizieren zu können. Allerdings werden sicher auch die negativen Auswirkungen, die heute schon durch Filterblasen, soziale Netzwerke oder die ständige Erreichbarkeit entstehen, durch die zunehmende Verlagerung der realen in die digitale Welt durch ein Metaverse noch stärker werden. Ein erhöhtes Suchtpotenzial und die Zunahme an psychischen Problemen durch die Nutzung von Computerspielen und sozialen Medien ist bereits jetzt erkennbar und könnte sich im Metaverse noch verschlimmern.

Außerdem könnten die großen Tech-Unternehmen über den Einsatz von VR- und AR-Brillen noch tiefer in unsere Privatsphäre eindringen und Daten abgreifen. Die Datenschutz-Gesetzgebung reicht für solche Szenarien momentan noch gar nicht aus.

Damit das Metaverse nicht zu einer Dystopie wird, muss die Dezentralisierung innerhalb des Metaverse sichergestellt werden. Denn wenn einige wenige Unternehmen die Kontrolle über das Metaverse haben, könnte es zu einer zunehmenden Kommerzialisierung der virtuellen Welt kommen, die nur darauf ausgelegt ist, die Nutzer auf der eigenen Plattform – oder in diesem Fall in der eigenen Welt – zu halten.

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(anka)