Drohne auf dem Dach: Forscher entwickeln automatisierte Taubenabwehr

Tauben können in Städten eine Plage sein. Drohnen können helfen, die Vögel zu vertreiben, meinen Schweizer Wissenschaftler.

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Tauben beim Chillen. Aber wartet, bis die Drohne kommt.

(Bild: Acchiappasogni / Shutterstock.com)

Lesezeit: 5 Min.
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"Guruguruguru, drei weiße Tauben auf unserem Dach, drei weiße Tauben, die halten mich wach", sang schon die "Erste Allgemeine Verunsicherung" und beklagte außerdem die unangenehmen Hinterlassenschaften der "Ratten der Lüfte". Geht es nach Schweizer Forscherinnen und Forschern der École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL), dann könnte die oft schwierige Bekämpfung der Anwesenheit der Vögel völlig autonom mit Drohnen erfolgen. Die Drohnen harren auf dem Dach aus, um erkannte Tauben dann beherzt anzufliegen und zu verscheuchen.

Was sich zunächst eher lustig anhört, hat einen ernsten Hintergrund, denn gemeine Stadttauben können durch ihre säurehaltigen Exkremente hohe Schäden an modernen und historischen Gebäuden sowie an Autos anrichten. Außerdem wirkt sich Taubenkot negativ auf das Ökosystem aus, weil er als Reservoir und Überträger von Krankheiten dient, schreibt das Forscherteam der EPFL in dem Paper zu ihrem automatischen Taubenabwehrsystem per Drohne. Allein in den USA betrage der Schaden durch die stetig zunehmende Taubenpopulation etwa 1,1 Milliarden US-Dollar.

Gängige Vergrämungsmaßnahmen wie etwa akustische oder optische Methoden seien wenig tauglich, da sich die an Lärm und visuelle Reize gewohnten Stadtvögel auch daran schnell gewöhnen würden. Auch physische Barrieren wie Stacheln, Drähte, Netze oder ein spezielles Gel würden nur bedingt helfen und seien teuer zu installieren. Das Gel sei zudem eine wenig tiergerechte Verscheuchungsmethode, weil die Vögel daran auch qualvoll verenden können. Eine natürliche und besonders wirksame Option seien aber Greifvögel, die von einem Falkner eingesetzt die Tauben auf natürliche Weise verscheuchen, ohne die Tauben zu verletzen. Allerdings könne dies nicht rund um die Uhr erfolgen und auch die Anstellung eines Falkners sei teuer.

Hier kommen nun Drohnen als Greifvogelersatz ins Spiel. Erste Studien hätten bereits vor zehn Jahren die Wirksamkeit belegt, allerdings bedarf es dafür eines menschlichen Piloten, was eine ständige Überwachung von Gebäuden nahezu ausschließt – auch aus Kostengründen. Deshalb wollten die Forscher der EPFL die Taubenabwehr per Drohne automatisieren.

Dazu hat das Schweizer Forscherteam ein autonom arbeitendes System entwickelt, das sich im Wesentlichen aus einer fest installierten schwenkbaren Kamera, einer Bodenstation und einer Drohne zusammensetzt. Nach Angaben der Forscher haben sie sich bewusst dagegen entschieden, die Drohne ständig patrouillieren und die Dächer mit einer internen Kamera überwachen zu lassen. Das sei aufgrund des Energiebedarfs der Drohne und der dann zu erwartenden kurzen Flugzeit nicht sinnvoll gewesen. Auch könnte die Drohne in den dann notwendigen Ladepausen nicht eingesetzt werden. Deshalb habe man sich für eine Festinstallation einer um 360 Grad schwenkbaren Kamera und einer Drohne in Warteposition entschieden, die nur bei Bedarf ausrückt.

Die Kamera erfasst den Bereich, in denen Tauben verstärkt auftreten können und sendet die Bilder zur Auswertung an eine Bodenstation. Ein neuronaler Objektdetektor, der durch maschinelles Lernen mit Taubenbildern aus einem 30-stündigem Videomaterial trainiert wurde, erkennt die Tauben und die Bereiche, in denen sie sich aufhalten. Dabei setzte das Forschungsteam ein Faster Region Based Convolutional Neural Network (R-CNN) zur Objekterkennung ein. In einer ersten Stufe werden dabei die Bildbereiche markiert, in denen sich vermutlich Objekte befinden. In einer zweiten Stufe sagt ein neuronales Netz die Bounding Box, also Objektklasse und Koordinaten, in den vorgeschlagenen Bereichen voraus.

Ein neuronaler Objektdetektor erkennt und lokalisiert die Tauben im Bild.

(Bild: EPFL)

Aus der Bounding Box wird die Position der jeweiligen Taube in dreidimensionale GPS-Koordinaten umgerechnet. Nun erhält die Drohne die Anweisungen zum Start und ein möglichst dichtes Überfliegen der Tauben, um sie so zu vergrämen, dass sie (hoffentlich) so schnell nicht wiederkommen. Die Drohne kehrt dann zu ihrer Ausgangsbasis zum Laden zurück.

Dieser Prozess könne vollständig autonom ablaufen, schreiben das Forscherteam, die ihr System auf dem Dach des EPFL SwissTech Convention Centers testeten. Jedoch sei es derzeit aufgrund rechtlicher nationaler Einschränkungen in der Schweiz nötig, dass ein Bediener jeden automatischen Drohnenstart manuell freigibt, um eine etwaige Gefährdung von Menschen auszuschließen.

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Das Forscherteam überprüfte die Wirksamkeit ihres Systems und verglich die Verweilzeit von Taubenschwärmen ohne und mit Einsatz der Drohne miteinander. Dazu beobachteten sie das natürliche Verhalten der Tauben 21 Tage lang, ohne Drohneneingriff. Danach ließen sie das System fünf Tage autom agieren und maßen jeweils die Verweildauer der Tauben. Ohne Drohne chillten die Tauben bis zu 2,5 Stunden auf dem Dach, mit Drohne wurde die Verweilzeit auf wenige Minuten reduziert, wobei darin auch die Zeit enthalten ist, die das System zur Erkennung der Tauben und den Start und den Anflug der Drohne benötigt.

Die erkannten Tauben werden von einer Drohne verjagt.

(Bild: EPFL)

Die Wissenschaftler wollen das Taubenabwehrsystem nun weiteren Tests unterziehen und in anderen Umgebungen testen.

(olb)