Digitalrechte: Erschwingliches schnelles Internet für alle EU-Bürger​

Die EU-Kommission hat einen Entwurf für eine Erklärung zu Rechten und Grundsätzen für die digitale Dekade vorgelegt. Ein Kritiker wittert Heuchelei.

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(Bild: -strizh-/Shutterstock.com)

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Alle Europäer sollen – unabhängig von ihrem Alter, ihrem Geschlecht, ihren Fähigkeiten, ihrer Stellung oder ihrem Aufenthaltsort – befähigt werden, die Chancen des digitalen Wandels "in vollem Umfang zu nutzen". Dies steht im Zentrum eines Entwurfs zu "den digitalen Rechten und Grundsätzen für die digitale Dekade", den EU-Kommission für eine gemeinsame "feierliche" Erklärung zusammen mit dem Ministerrat und dem Europäischen Parlament vorgelegt hat.

"Alle Menschen sollten überall in der EU Zugang zu einer erschwinglichen und schnellen digitalen Netzanbindung haben", heißt es unter anderem auf den acht Seiten. Es gehe um einen Anspruch für einen "hervorragenden" Anschluss ans Internet. Details dazu wie Anforderungen an die Verbindung enthält das Papier nicht. Hierzulande hat der Gesetzgeber bereits ein Recht auf "schnelles" Internet geschaffen. Die Downloadrate soll dabei laut Bundesnetzagentur mindestens 10 MBit/s betragen.

Die EU-Gremien sollen mit der Deklaration zudem die Netzneutralität absichern, wofür es aber schon eine eigene Vorgabe gibt. Es gelte, ein "offenes Internet zu schützen, in dem Inhalte, Dienste und Anwendungen nicht ungerechtfertigt gesperrt oder beeinträchtigt werden".

"Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung im Online-Umfeld, ohne Furcht, zensiert oder eingeschüchtert zu werden", lautet eine weitere Zusage. Jeder sollte auch herausfinden können, wer "Mediendienste besitzt oder kontrolliert". Sehr große Online-Plattformen müssten "die freie demokratische Debatte im Online-Umfeld unterstützen" und etwa Risiken im Hinblick auf Desinformationskampagnen reduzieren.

Digitale Technologien, Produkten und Dienstleistungen sollen "sicher und so konzipiert" sein, "dass sie den Schutz der Privatsphäre gewährleisten". Jede Person habe "das Recht auf die Vertraulichkeit ihrer Kommunikation und der Informationen in ihren elektronischen Geräten". Niemand dürfe "einer unrechtmäßigen Online-Überwachung" oder illegalen Abhörmaßnahmen unterworfen werden. Die vom EU-Parlament geforderten Rechte etwa auf Verschlüsselung und anonyme Dienstenutzung erwähnt die Kommission nicht.

Allen Europäern wird einem anderen Versprechen zufolge eine "barrierefreie, sichere und vertrauenswürdige digitale Identität angeboten", die den Zugang zu einem breiten Spektrum von Online-Diensten ermögliche. Eine "breite Zugänglichkeit und Weiterverwendung von Informationen der Behörden" müsse genauso gewährleistet werden wie ein sicherer Zugriff auf digitale Gesundheits- und Pflegedienste wie Patientenakten. Nötig sei auch eine Option, außerhalb der Arbeitszeiten nicht erreichbar zu sein.

Jeder sollte von den Vorteilen der Künstlichen Intelligenz (KI) profitieren können, um eigene, fundierte Entscheidungen im digitalen Umfeld zu treffen, so eine weitere Zusage. Dabei sei ein Schutz vor Risiken und Beeinträchtigungen rund um "die eigene Gesundheit und Sicherheit sowie die Grundrechte" zu gewährleisten. Die EU-Gremien sollen für Transparenz beim Einsatz von Algorithmen und KI sorgen.

Die eng mit dem "digitalen Kompass" verknüpfte Erklärung solle "sowohl einen Bezugsrahmen für die Menschen als auch eine Richtschnur für Unternehmen und politische Entscheidungsträger" schaffen, betonte die Kommission. Die Mitgliedstaaten und ihre Behörden, alle interessierten Kreise, die Zivilgesellschaft auf allen Ebenen und die EU-Organe seien gemeinsam dafür verantwortlich, die Ziele umzusetzen.

Der EU-Abgeordnete Patrick Breyer (Piratenpartei) begrüßte, dass die Kommission Grundrechte konkretisieren wolle. Betrachte man deren tatsächliche Politik, wirke die Ankündigung aber heuchlerisch. Man könne nicht einerseits das Recht auf vertrauliche Kommunikation predigen und gleichzeitig mit der Chatkontrolle private Handy-Nachrichten aller EU-Bürger verdachtslos überwachen wollen. Dazu kämen etwa der Kurs der Kommission bei der Vorratsdatenspeicherung und ihr Nein zu einem Verbot biometrischer Massenüberwachung. Der FDP-Bundestagsabgeordnete Mario Brandenburg lobte, dass das Vorhaben Bürgern gleiche Rechte online wie offline zusichere.

(vbr)