Internetzugang 2021 weltweit seltener erschwinglich

Der digitale Graben wird wieder tiefer. In mehr Ländern kostet selbst minimaler Internetzugang über zwei Prozent des Bruttonationaleinkommens pro Kopf.

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Blaues Schild mit weißer Schrift bewirbt "H Speed nternet Access" - bei den weiteren Angaben auf dem Schild fehlen wesentlich mehr Buchstaben

In weiten Teilen der Welt ist Internetzugang zu Hause unerschwinglicher Luxus.

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 5 Min.
Inhaltsverzeichnis

Internetzugang ist 2021 weniger erschwinglich geworden. Minimalen Breitband-Zugang für zwei Prozent des Bruttonationaleinkommens pro Kopf oder günstiger gibt es in nur noch 96 Ländern (-7 gegenüber 2020) über Mobilfunk respektive 64 Ländern (-2) über Festnetze. Einerseits ist der globale Durchschnittspreis für Festnetz-Internet stark gestiegen, andererseits haben die Bruttonationaleinkommen unter der Coronavirus-Pandemie gelitten.

Das zeigt eine Untersuchung der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) und der Allianz für leistbares Internet (A4AI). Die beiden Organisationen erheben jährlich Mindestkosten für bestimmte Telekommunikations-Angebote in aller Welt. Die Anforderungen für "Breitband" sind bescheiden: Beim Mobilfunk-Angebot reichen schon zwei Gigabyte pro Monat (ein halbes Gigabyte mehr als 2020), die über 3G-Netze oder besser laufen müssen. Im Festnetz sind mindestens fünf Gigabyte monatliches Transaktionsvolumen und keine Abrechnung nach Nutzungszeit gefordert. Die versprochene Mindestbandbreite beträgt bei beiden Netzarten bloß 256 Kbit/s im Downstream.

Solch minimaler Internetzugang soll Verbraucher pro 30 Tage nicht mehr als zwei Prozent des durchschnittlichen monatlichen Bruttonationaleinkommens pro Kopf kosten. Liegen die Kosten unter zwei Prozent, gilt Internetzugang in dem Land als erschwinglich. Im globalen Durchschnitt wird das nur durch Mobilfunk erreicht, und da mit 1,9 Prozent (+0,2 Prozentpunkte) denkbar knapp. Im Festnetz liegt der weltweite Durchschnittspreis mit 3,5 Prozent (+0,6 Prozentpunkte) weit über der Zielmarke.

Selbst das sind bisweilen rosige Darstellungen, da nur die Tarife des größten Anbieters in der größten Stadt berücksichtigt werden. Außerhalb der Städte ist Internetzugang oft deutlich teurer, gleichzeitig liegen die Einkommen dort oft erheblich unter Großstadtniveau. Zu berücksichtigen ist, dass der günstigste Tarif in der größten Stadt eines Landes oft mehr als zwei beziehungsweise fünf Gigabyte Datenvolumen umfasst, weil so kleine Pakete nicht überall angeboten werden.

Aus politischen Gründen vermeidet die Studie die Begriffe Land oder Staat, sondern gliedert nach Volkswirtschaften. In 185 Volkswirtschaften konnten die Autoren für 2020 sowie 2021 Preise für ein reines Daten-Mobilfunkprodukt erheben, das die genannten Minimalvoraussetzungen erfüllt. Dabei zeigt sich, dass der globale Durchschnittspreis um zwei Prozent auf 9,30 US-Dollar pro Monat gesunken ist.

Die Entwicklung ist regional höchst unterschiedlich. In der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten ist der Durchschnittspreis in nur einem Jahr um fast die Hälfte gestiegen, auf umgerechnet 5,70 US-Dollar. Auf den Amerika-Kontinenten gab es einen Preisanstieg um immerhin zehn Prozent auf durchschnittlich 14,70 US-Dollar. Während Verbraucher in wohlhabenden Volkswirtschaften sich über eine durchschnittliche Preissenkung von 13 Prozent auf 15,40 US-Dollar freuen durften, gab es für Konsumenten in weniger wohlhabenden Ländern keine Kostensenkung.

Zum Vergleich

Das Bruttoinlandsprodukt Deutschlands lag 2021 bei 44.125 Euro pro Kopf, mithin 3.685 Euro pro Monat. Zwei Prozent wären also 73,69 Euro. In Österreich waren es 2021 45.043 Euro (3.754 Euro pro Monat), womit die Zwei-Prozent-Hürde bei gut 75 Euro liegt.

Gleichzeitig sind die Bruttonationaleinkommen häufig gefallen, nicht zuletzt aufgrund der Coronavirus-Pandemie. In 18 Volkswirtschaften kostet der mobile Internetzugang sogar mehr als zehn Prozent des durchschnittlichen monatlichen Bruttonationaleinkommens pro Kopf. 16 dieser 18 Länder zählen zu den 46 am wenigsten entwickelten Ländern.

In 174 Volkswirtschaften konnten die Autoren Festnetz-Internetzugang erheben, der die Minimalvoraussetzungen erfüllt. Dabei zeigen die Festnetzmärkte das umgekehrte Bild der Mobilfunkmärkte: Minimaler Internetzugang über Festnetz ist im weltweiten Durchschnitt um acht Prozent auf 27 US-Dollar teurer geworden. In der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten ist der Preis um 13 Prozent auf umgerechnet 5,30 US-Dollar gesunken. Und während Verbraucher in wohlhabenden Volkswirtschaften für neue Verträge eine durchschnittliche Preiserhöhung von acht Prozent auf 42,10 US-Dollar hinnehmen mussten, gab es für Konsumenten in weniger wohlhabenden Ländern eine minimale Kostensenkung um ein Prozent auf 20 US-Dollar.

Am leistbarsten ist Festnetz-Internet in Europa (durchschnittlich 1,3% des Bruttonationaleinkommens pro Kopf, +0,1 Prozentpunkte), am wenigsten erschwinglich ist es in Afrika (18,3%, +0,4 Prozentpunkte), gefolgt von den Amerika-Kontinenten (5%, +0,5 Prozentpunkte). Während Verbraucher in wohlhabenden Ländern nur durchschnittlich 1,3 Prozent (+0,1 Prozentpunkte) ihres Bruttonationaleinkommens pro Kopf zahlen müssen, sind es in Volkswirtschaften mit geringen Einkommen enorme 35,8 Prozent (-0,2 Prozentpunkte). Leisten können sich das dort nur Wenige.

Unter den 46 am wenigsten entwickelten Ländern sind nur vier, die das Zwei-Prozent-Ziel in der jeweils größten Stadt erreichen: Bangladesch (Mobilfunk und Festnetz), Bhutan (mobil), Myanmar (mobil) und Nepal (Festnetz). Immerhin sieben Märkte, die das Ziel 2020 noch verfehlt haben, schafften es 2021: Bangladesch, Curaçao, die Kaimaninseln, Kolumbien, der Libanon, Puerto Rico und Usbekistan. Dafür sind in gleich 16 Märkten, die 2020 noch unter der Zwei-Prozent-Marke lagen, die Zugangskosten (Mobilfunk und/oder Festnetz) darüber gestiegen. Mit Albanien, Montenegro und Griechenland sind auch drei europäische Staaten darunter.

(ds)