Berliner Polizei will missliebiges Plakat aus dem Internet tilgen

Nachdem die Polizei erreicht hatte, dass ein Plakat der so genannten Antifaschistischen Aktion Berlin nicht mehr im Internet veröffentlicht wird, wiederholte sie diese Prozedur jetzt gegenüber Mirror-Sites.

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Von
  • Wolfgang Stieler

Die Berliner Polizei erweist sich nicht nur als humorlos, sondern auch als recht hartnäckig: Nachdem sie über die Androhung der Website-Sperrung bei der so genannten Antifaschistischen Aktion Berlin (AAB) erwirkt hatte, dass ein Plakat der Gruppe nicht mehr im Internet veröffentlicht wird, wiederholte sie diese Prozedur jetzt gegenüber den Betreibern von Linkeseite.de und anderer Mirror-Sites.

Mit dem umstrittenen Plakat hatte die AAB gegen eine unter anderem im Internet verbreitete bundesweite Fahndung nach mutmaßlichen Straftätern im Zusammenhang mit Krawallen am 1. Mai dieses Jahres protestiert. Die Berliner Polizei hatte Anfang Oktober die Bilder von 53 mutmaßlichen Straftätern auf Plakaten und im Internet veröffentlicht. Die Bilder hatte die Polizei durch Auswertung diverser DV-Bänder, VHS-Kassetten mit Fernsehbeiträgen sowie CD-ROMs mit digitalisierten Fotos gewonnen. Für Hinweise, die zur Identitätsfeststellung beitragen, wird eine Belohnung von jeweils 500 Euro ausgelobt. Datenschützer kritisierten diese Aktion.

Mit einem satirischen Gegenentwurf protestierte die AAB gegen die Fahndung und forderte gleichzeitig eine Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte. "Die Antifa bittet um Mithilfe", heißt es auf dem Plakat, das die AAB am vergangenen Dienstag in Berlin vorgestellt hatte. Darauf waren 23 Fotos von Polizisten in Zivil und in voller Kampfmontur mit Schutzhelm abgebildet, die die AAB verdächtige, "während ihres Einsatzes beim 1. Mai 2002 Straftaten verübt zu haben".

Berlins Polizeipräsident Dieter Glietsch fand die Aktion nicht witzig. Bereits unmittelbar nach der Pressekonferenz der AAB verkündete er, es lägen "keinerlei Anhaltspunkte" dafür vor, "dass die abgebildeten Polizeibeamten Straftaten begangen haben". Die Aktion der AAB bezeichnete er wiederum als strafbar. Als Grundlage zieht Glietsch "nach einer Prüfung des Sachverhaltes durch den Leiter der zuständigen Hauptabteilung bei der Berliner Staatsanwaltschaft und den Polizeilichen Staatsschutz" das "Kunsturhebergesetz" heran, gegen das die Initiatoren verstoßen würden. "Die Persönlichkeitsrechte der Beamten" würden durch das Plakat "in nicht hinnehmbarer Weise verletzt".

Per Sperrungsandrohung zwang die Berliner Polizei nun die Betreiber der AAB-Website sowie verschiedener Mirror-Seiten das missliebige Plakat aus dem Internet zu entfernen; gleichzeitig werden jedoch neue Spiegel-Seiten erstellt. Man darf gespannt sein, ob die Berliner Polizei sich im Fall der Tageszeitung Neues Deutschland oder der ehemaligen PDS-Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke nicht die Zähne ausbeißt. (wst)