Kritik an brasilianischer Regierung wegen geplantem Cybercrime-Gesetz

Von US-Bürgerrechtsorganisationen wie der EFF kommt nun auch internationaler Protest gegen das Vorhaben der brasilianischen Regierung, Hackerparagraphen und eine dreijährige Vorratsdatenspeicherung einzuführen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 27 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.

Nach nationalen Protesten vor allem aus dem Bereich der Entwickler Freier Software üben nun auch US-Bürgerrechtsorganisationen wie die Electronic Frontier Foundation (EFF) scharfe Kritik am Plan der brasilianischen Regierung, Hackerparagraphen und eine dreijährige Vorratsdatenspeicherung einzuführen. Das im Raum stehende Gesetz zur Bekämpfung der Computerkriminalität sei zu vage und zu breit gefasst, bemängelt die EFF in einem aktuellen Kommentar. Es könne alltägliches und übliches Verhalten von Nutzern kriminalisieren, fürchten die Cyberrechtler. So verbiete der Entwurf etwa das Umgehen "ausdrücklicher Zugangsbeschränkungen" und den "unautorisierten" Zugriff auf Computersysteme. Da diese Begriffe nicht näher definiert seien, könne schon die Verletzung einer Anweisung an Suchmaschinen zur Behandlung einer Webseite Anlass für eine Strafverfolgung sein.

Mit dem Vorhaben würden auch Programmierer ins Visier der Strafverfolger kommen, die unabsichtlich Schädlingscode in einem Computernetzwerk verbreiten, warnt die EFF weiter. Derlei Taten wären mit Haftstrafen zwischen einem und drei Jahren belegt. Statt konkret gegen Phishing gehe der Entwurf so gegen alle Internetnutzer vor, die sich einen Virus oder Wurm eingefangen hätten und diesen nicht sofort stoppten.

Generell habe sich Brasilien wohl die umstrittene Cybercrime-Konvention des Europarates zum Vorbild genommen, dabei aber deren Vorgaben zum Schutz der Grundrechte und der Privatsphäre der Bürger ausgelassen. Vorgaben zur Verhältnismäßigkeit der vorgesehenen Strafen fehlten. Nur wenige Bestimmungen würden auf Vorsatz bei der Ausführung von Computerstraftaten abstellen. Ferner sei vorgesehen, Internetprovider als Hilfssheriffs einzuspannen. Sie würden angehalten, die Sicherheitsbehörden über verdächtige Tätigkeiten in ihren Netzwerken zu informieren.

Die EFF stellt weiter fest, dass der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva bei einer Konferenz rund um Freie Software Ende Juni zumindest einräumte, dass der Entwurf weit übers Ziel hinausschieße. Das Gesetz stelle Möglichkeiten zum Missbrauch des Internet nicht ab, sondern versuche, "Zensur einzuführen", rief der sonst im internationalen Rahmen häufig auf die Beachtung der Internetfreiheit und die Nutzerrechte pochende "Lula" demnach den Open-Source-Entwicklern zu. Er habe gleichwohl nicht angekündigt, die Initiative bei der noch ausstehenden Verabschiedung durch das brasilianische Parlament mit seinem Veto zu blockieren. Es sei daher wichtig, die Aktivisten des südamerikanischen Landes in ihrem Kampf gegen das Gesetz zu unterstützen und entsprechende Petitionen zu unterzeichnen. (Stefan Krempl) / (ea)