Schweden: Umstrittener Spurt zur Nato-Mitgliedschaft

Schwedische Soldaten beim Manöver. Bild (2015): Jonn Leffmann/CC BY 3.0

Regierung überzeugt: Risiko eines militärischen Angriffes wird geringer

"Schweden wird keinem militärischen Angriff ausgesetzt, wenn wir eine Nato-Mitgliedschaft beantragen", lautet der wichtigste Satz der Analyse über die Verteidigungsfähigkeit der Nation. Die Analyse, die auf einer Pressekonferenz von Außenministerin Ann Linde vorgestellt wurde, sieht eine Mitgliedschaft als insgesamt positiv für die Sicherheit des Landes.

Hinter diesem Schluss stehen sechs von acht Fraktionen im Parlament; die Linkspartei und die Grünen sind mit der Analyse nicht einverstanden.

Die sozialdemokratischen Regierungsvertreter betonten bei der Präsentation die Vorzüge der Nato-Mitgliedschaft: Sie würde "die Schwelle für militärische Konflikte erhöhen", so Linde.

Verteidigungsminister Peter Hultqvist erklärte, dass die skandinavische sowie die skandinavisch-baltische Zusammenarbeit in der Verteidigung gestärkt werde.

Noch vor einer Woche galt der 63-jährige als Gegner einer Mitgliedschaft im Nordatlantik-Paktes.

Doch Schwedens Entscheidungsträger stehen unter Zugzwang und scheinen in Eile – am Donnerstag haben bereits der finnische Staatspräsident Sauli Niinistö sowie die finnische Premierministerin Sanna Marin ihr Ja-Wort zu einer Nato-Mitgliedschaft ihres Landes gegeben. Beide Länder hatten zuvor eine Gleichzeitigkeit im möglichen Aufnahmeprozedere vereinbart.

So wird Ann Linde darum am heutigen Samstag am Treffen der Nato-Außenminister in Berlin teilnehmen, von Bedeutung für Schweden ist auch der offizielle Beschluss der finnischen regierenden Sozialdemokraten zu einem Beitritt.

Die schwedischen Sozialdemokraten werden dann am Sonntag entscheiden. Derzeit scheint in beiden Fällen ein Nein unwahrscheinlich. Die finnische Regierung will den Antrag auf Mitgliedschaft am Sonntag stellen, in Schweden wird die Mitgliedschaft in der kommenden Woche im Parlament diskutiert.

Zu große Eile

Die Sicherheitsanalyse wurde von verschiedenen Expertenausschüssen und den Parlamentariern erstellt. Kritik kam bei der Pressekonferenz von Journalisten, dass es so wenig Zeit für eine breite Diskussion der Untersuchung gebe. "Der unnötigste Bericht der Welt", so Lena Mellin, die bekannte Kolumnistin der prosozialdemokratischen Zeitung Aftonbladet, die ebenfalls den Zeitmangel beklagte.

Von der Linkspartei beschwerte sich Hakan Svenneling über eine fehlende Besprechung der Risiken eines Nato-Beitritts in dem 42 Seiten umfassenden Dokument. Es sei ein Pamphlet für das Nordatlantische Verteidigungsbündnis.

Lange waren die Sozialdemokraten Gegner einer Nato-Mitgliedschaft.

Schweden war seit 1814 bündnisfrei; mit Premier Olof Palme wurde dieser Status in den Siebzigerjahren mit der Vorstellung vom "Dritten Weg" und der Mittlerrolle zwischen den Blöcken ideologisch untermauert.

Auch nach der russischen Invasion in der Ukraine schien eine Mitgliedschaft in weiter Ferne, bis Ende März wollte die oft energisch auftretende Magdalena Andersson diese Option gar nicht erst diskutieren. Als Gegenargumente galten die Gefahr, in militärische Konflikte anderer Länder hineingezogen zu werden, sowie die Möglichkeit der Eskalation nach dem Beitritt. Auch habe die Allianzfreiheit sich historisch bewährt, vor allem während der beiden Weltkriege.

Dann folgte ein rascher Wandel.

Am 30. März erklärte Andersson sich bereit, sich mit dieser Frage auseinanderzusetzen, am 11. April entschied der Parteivorstand, einen Entscheidungsprozess einzuleiten.

Am vergangenen Montag erklärte die Partei dann, den Entscheidungsprozess zu verkürzen. Ursprünglich sollten die Sozialdemokraten erst am 24. Mai ihren Beschluss zum Beitritt abgeben, doch könne man hinsichtlich Putins Krieg in der Ukraine und des "Prozesses in Finnland" wegen keine weitere Woche warten, so Parteisprecher Tobias Baudin.

Am Dienstag änderte mit Peter Hultqvist der prominenteste Beitrittsgegner seine Meinung und lobte ein Schweden in der Nato, der Verteidigungsminister soll intern massiv unter Druck gesetzt worden sein.