China-Konkurrent USA: Neuanfang in Asien gescheitert

Schon bei den Fahnen auf dem Podium sahen sich die Gastgeber zweimal an erster Position. Bild: @asean

US-Präsident kündigte eine "neue Ära" im Verhältnis zu Südostasien an. Bisher hat er nicht viel anzubieten. China aber ist auf dem Vormarsch, wie Handelsbilanzen zeigen

"Zeitenwende", "Epochenbruch", Kipppunkt" – wenn es um die geopolitische Neuordnung zwischen dem Westen und Staaten wie Russland und China geht, wird große Rhetorik angestrengt. Am Wochenende nun hat US-Präsident Joseph "Joe" Biden einen neuen Begriff hinzugefügt. Seine Regierung leite eine "neue Ära" in den Beziehungen mit der Asean-Staatengruppe ein, sagte der Politiker der Demokratischen Partei.

Das Kürzel Asean bezeichnet den Verband Südostasiatischer Nationen. Der internationalen Organisation mit Sitz in Jakarta gehören zehn Staaten des südostasiatischen Raums an. Die aufstrebende Region ist wirtschaftlich und politisch umkämpft, sowohl China als Welt- und Regionalmacht als auch die Weltmacht USA ringen um Einfluss.

Bei einem Sondergipfel der USA und einiger Asean-Staaten Ende vergangener Woche in Washington hob Biden die Erfolge hervor. Man feiere nicht nur 45 Jahre "Partnerschaft und Freundschaft", sagte er: "Wir starten auch eine neue Ära – eine neue Ära in den Beziehungen zwischen den USA und der Asean." Biden weiter:

Wir setzen uns für eine Zukunft ein, in der die Regeln und Normen, die so viel Wachstum und Wohlstand und Stabilität im indopazifischen Raum ermöglicht haben, aufrechterhalten und gestärkt werden, einschließlich der Achtung der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte.

US-Präsident Biden

Während die Einschätzung Bidens in deutschen Medien weitgehend unkommentiert übernommen wurde, verwies die Nachrichtenagentur dpa auch auf Unstimmigkeiten in der Ukraine-Frage. Die USA drängen angesichts des russischen Angriffs aus eine Isolierung Russlands. In der Abschlusserklärung hieß es allerdings lediglich:

In Bezug auf die Ukraine bekräftigen wir, wie für alle Nationen, weiterhin unsere Achtung der Souveränität, der politischen Unabhängigkeit und der territorialen Integrität. Wir bekräftigen unsere Forderung nach Einhaltung der UN-Charta und des Völkerrechts. Wir unterstreichen die Bedeutung einer sofortigen Einstellung der Feindseligkeiten und der Schaffung eines konstruktiven Umfelds für eine friedliche Lösung. Wir unterstützen die Bemühungen des UN-Generalsekretärs bei der Suche nach einer friedlichen Lösung. Wir fordern auch die Erleichterung des schnellen, sicheren und ungehinderten Zugangs zu humanitärer Hilfe für Bedürftige in der Ukraine und für den Schutz von Zivilisten, humanitärem Personal und Personen in gefährdeten Situationen.

Regionalexperte sieht keine gewichtige Rolle der USA in Südostasien

Der Beginn einer neuen Ära fiel daher nicht nur in den außenpolitischen Inhalten wenig überzeugend aus. Nachdem Biden bereits im vergangenen Herbst eine engere Zusammenarbeit versprochen hatte, sprangen nun gerade einmal 150 Millionen US-Dollar (rund 144 Millionen Euro) ab, "um die Beziehungen zwischen den USA und der Asean zu vertiefen und gemeinsame Ziele von der Küstenwache über den Klimawandel bis hin zur modernen Infrastruktur zu erreichen".

Der Autor und ehemalige indische Diplomat M. K. Bhadrakumar verwies in einem Beitrag, der am Sonntag in deutscher Übersetzung bei auch bei Telepolis erschien, auf den massiven Rückstand der USA gegenüber China im südostasiatischen Raum. Er schrieb:

Im Jahr 2021 hatte Chinas Handel mit den Asean-Ländern ein Volumen von 878,2 Milliarden US-Dollar erreicht und damit den Handel der USA mit den Ländern der Allianz bei Weitem übertroffen; er lag nach den letzten verfügbaren Zahlen für 2021 bei 362 Milliarden US-Dollar.

M. K. Bhadrakumar bei Telepolis

Der Regionalexperte zeigte sich davon überzeugt, dass die Asean-Länder in erster Linie keine weitere bipolare Weltordnung wollen. Sie wollten auch nicht in den Machtkampf zwischen den USA und China verwickelt werden.

Dies zeige sich auch in der Haltung zu Russland. Die Beziehungen zu Moskau dienten vielen Ländern der Region als "Verhandlungsmasse bei für Gestaltung der jeweiligen Beziehungen zu den USA und China", so Bhadrakumar.

Die Asean-Länder seien vorwiegend besorgt über den Anstieg der Kosten für Öl, Gas, Getreide und Düngemittel aufgrund des Konflikts in der Ukraine. Daher forderten sie eine diplomatische Lösung des Krieges in der Ukraine.