Verhandlungen über Ölembargo stocken

Ungarn will wirtschaftliche Folgen nicht allein stemmen, doch andere EU-Länder lehnen finanzielle Kompensationen ab. Italiener fordern Ende der einstimmigen EU-Außenpolitik.

Die Verhandlungen zum sechsten Sanktionspaket der Europäischen Union stocken. Am Montag verhandelten die EU-Außenminister erneut, aber konnten sich vor allem beim geplanten Ölembargo nicht einigen. Die Stimmung zwischen den Regierungen wirkt zunehmend gereizt.

Dennoch äußerten manche Politiker die Hoffnung, in den nächsten Tagen und Wochen noch zu einer Einigung zu kommen. Es seien noch einige Punkte zu regeln, "aber der Wille ist da", sagte zum Beispiel der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn am Dienstag im ZDF-"Morgenmagazin".

Am Montag hatte auch die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) erklärt: "In den nächsten Tagen werden wir zu einem gemeinsamen Ergebnis kommen – da bin ich sehr zuversichtlich". In diesen Zeiten stünden die Europäer trotz aller Unterschiede "so eng zusammen", wie sie "es bisher noch nie erlebt habe".

Mit diesen Worten überspielen Asselborn und Baerbock allerdings, dass die Interessen zwischen den EU-Ländern beim geplanten Ölembargo weit auseinandergehen. Tschechien, die Slowakei, Ungarn und Bulgarien drängten auf langfristige Ausnahmen beim Embargo, da sie stark auf russische Energielieferungen angewiesen sind.

Und auf Druck von Griechenland und Zypern hatten die EU-Beamten schon das Zugeständnis gemacht, auf das Verbot des Transports von russischem Öl auf EU-Schiffen zu verzichten. Beide Länder hatten auf die wirtschaftlichen Auswirkungen auf ihre Industrien hingewiesen.

Keine finanziellen Zugeständnisse an Ungarn

Doch im Falle Ungarns sind die EU-Politiker weniger geneigt, Zugeständnisse zu machen. Und dass, obwohl die Regierung in Budapest keine politischen Einwände gegen ein Ölembargo vortrug, sondern wirtschaftliche. Darauf wies der EU-Außenbeauftrage Josep Borell am Montag ausdrücklich hin: "Ungarn hat seine Position nicht politisch, sondern wirtschaftlich erklärt".

Die Regierung von Viktor Orban hatte gefordert, mindestens vier Jahre vom Embargo ausgenommen zu werden. So lange brauche man mindestens, um eine Raffinerie umzurüsten. Außerdem fordert seine Regierung 800 Millionen Euro an EU-Mitteln, um das Umrüsten zu finanzieren und die Kapazität einer Pipeline nach Kroatien zu erhöhen.

Am Montag hatte der ungarische Außenminister Peter Szijjarto dieser Forderung Nachdruck verliehen. Auf Facebook veröffentlichte er eine Videobotschaft, in der er erklärte: Sollte Ungarn auf russische Öllieferungen verzichten, dann seien Investitionen in Höhe von 15 bis 18 Milliarden Euro nötig.

Die Europäische Kommission habe mit ihrem Vorschlag ein Problem verursacht und deshalb sei "es eine berechtigte Erwartung von Ungarn", dass die EU auch eine Lösung anbiete, sagte Szijjarto. Zum einen sollten die Investitionen finanziert werden und dann sollte die EU auch die Preiserhöhungen kompensieren, mit denen die Ungarn konfrontiert wären.

Doch dazu sind die Politiker anderer EU-Länder nicht bereit. Die Europäische Union werde nicht auf die Forderungen Ungarns eingehen, sagte zum Beispiel Asselborn. "Das geht einfach nicht", betonte er. Wieso aber Länder die wirtschaftlichen Folgen von Entscheidungen tragen sollen, hinter denen sie nicht stehen, erläuterte er allerdings nicht.

EU als Geisel Ungarns

Der Außenminister von Litauen, Gabrielius Landsbergis, konnte seinen Unmut über die ungarische Haltung nicht verbergen. "Die ganze Union wird von einem Mitgliedsstaat als Geisel genommen", sagte er.

Und der italienische Außenminister Luigi Di Maio rief nach einer Reform der EU-Außenpolitik, die tief in die Souveränität der Mitgliedsstaaten eingreifen dürfte: Er forderte, die Union müsse sich vom Prinzip der Einstimmigkeit in der Außenpolitik abkehren. Denn das würde es einem Land ermöglichen, "Entscheidungen aller anderen zu blockieren.

Die Ukraine macht indessen weiter Druck. Die Diskussion um das Ölembargo kommentierte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba herablassend: "Wir sind alle gespannt, wie diese Saga endet".

Gleichzeitig rief er die EU auf, einen Schritt weiterzugehen. Schnellstmöglich müsse ein Einfuhrstopp für russisches Gas auf den Weg gebracht werden. Ansonsten zahlten die Europäer doppelt: Für die Energielieferungen und "für die Zerstörung, die russische Waffen auf ukrainischem Boden anrichten".

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