Digital Wellbeing statt dauernder Stress

Wie lässt sich die Belastung des Einzelnen durch die digitalen Medien reduzieren und der Nutzen vergrößern?

Dass die Digitalisierung die Kommunikation technisch deutlich erleichtert, weil man für die aktuelle Kommunikation nicht mehr körperlich präsent sein muss und man die aufgezeichnete Kommunikation später nochmals verfolgen kann, zeigte sich exemplarisch Ende März dieses Jahres, als im Abdulaziz Center for World Culture (Ithra) in Dhahran in Saudi-Arabien der Sync DigitalWellbeing Summit mit dem Untertitel "Keeping your bites and bytes in balance" stattfand, der digital in alle Welt übertragen wurde und heute noch über YouTube verfolgbar ist.

Für eine Konferenz in Saudi-Arabien auf den ersten Blick durchaus verblüffend war die Tatsache, dass alle Sessions der zweitägigen Konferenz von Frauen moderiert wurden und die Vortragenden nicht nur, aber mehrheitlich aus dem anglo-amerikanischen Ausland kamen und mehrheitlich kapitalismus-kritische Ansichten vertraten. Aus Deutschland konnte man gerade mal einen Vortragenden finden.

Zu den abgehandelten Themen zählte unter anderen die Frage, wie wir mit der rund um die Uhr auf uns einprasselnden Datenflut umgehen, ohne uns ihr uneingeschränkt auszuliefern und pausenlos (24/7) als Ansprechpartner verfügbar zu sein. Es wurde empfohlen, dass man sein Smartphone während der "Nicht-Arbeitszeiten" entweder ausschalten soll oder in einem anderen Raum ablegen, sodass man weder von Anrufen, noch von Mails oder Messages gestört werden kann.

Die neuen Technologien können unsere gesellschaftlichen Standards und auch unsere Kultur verändern. Ein sinnvoller Umgang mit dieser vergleichsweise neuen Technik könnte dabei helfen, unsere kulturellen Werte in einem Umfang und einer Geschwindigkeit zu verbreiten, die bislang unmöglich erschien und dabei eine hohe Akzeptanz erreichen - wenn man denn "digitales Wellbeing" berücksichtigt.

Ein großes Thema war die Frage, wie man mit Fake Messages umgehen sollte, ob sich die Gesellschaft, der Staat oder die Staatengemeinschaft bei der Bewertung der digital angebotenen Inhalte engagieren sollte oder ob dies Sache des Einzelnen sein sollte und die Staaten sich auf die Ausbildung von Medienkompetenz konzentrieren sollten. Beeindruckend an der Veranstaltung war, dass sie viele persönliche Ansichten der eingeladenen Fachleute präsentierte, jedoch keine Rezepte für den sicheren Umgang mit den digitalen Medien postulierte.

Interessant war auch der gegebene Ausblick auf die kommende Technik und die mit der damit verbundenen Evolution, wie die Trends sowohl die Verbraucher im privaten Umfeld beeinflussen als auch ihr Arbeitsumfeld und wie diese Entwicklung die Menschen hinsichtlich ihres digital Wellbeing positiv oder negativ beeinflussen können.

Übereinstimmung herrschte bei der Beurteilung, dass die Digitalisierung vom Kapitalismus, also von der Kommerzialisierung aller Details des menschlichen Lebens getrieben wird und die Nutzer selbstverantwortlich mit der Situation umgehen müssen.

Ithra sieht im Umgang mit digitalen Medien und digitaler Technik ein Zukunft immer wichtiger werdendes Thema und will die Idee des digital Wellbeing regelmäßig auch in den kommenden Jahren wieder aufgreifen und sich mit diesem Thema international positionieren. Da die Konferenz durchgehend in englischer Sprache (sowie arabischer Übersetzung) verfügbar war, ist es kaum verwunderlich, dass die Veranstaltung zwar auf hohes Interesse im englischen Sprachraum stieß, im DACH-Umfeld jedoch kaum bemerkt wurde.

Was ist Ithra?

Das King Abdulaziz Center for World Culture (Ithra) wurde als Teil der Geschäftstätigkeit des ebenfalls in Dhahran, nordwestlich des Inselstaates Bahrain, domizilierenden Ölkonzern Saudi Arabian Oil Co. (Saudi Aramco) aufgebaut und hat seinen Sitz heute in einem futuristischen Gebäudekomplex, der von der norwegischen Architekturfirma Snøhetta gestaltet und 2018 eröffnet wurde.

Man will damit unter Einsatz moderner Kommunikationstechnologien einerseits einen Blick auf die eigene Vergangenheit des Landes und der Region, auf die globalen Erfahrungen anderer Gesellschaften und Kulturen öffnen und das Kreativpotential der Menschen fördern. Neben Kongressen zählen ein Museum, ein speziell an Kinder gerichtetes Museum auch spezielle Themenausstellungen beispielsweise zum Thema Energie.