Neun-Euro-Ticket: Deutsche Bahn verkaufte bisher 200.000 Flatrate-Tickets

Die Deutsche Bahn sieht zum Verkaufsstart des Neun-Euro-Tickets einen "historisch großen Andrang" auf ihre Buchungssysteme. Die Pünktlichkeit werde wohl leiden.

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(Bild: avv.de)

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200.000 Neun-Euro-Tickets hat die DB nach eigenen Angaben am heutigen Montag über ihr Buchungssystem bis zum Mittag verkauft. Jörg Sandvoß, Vorstandsvorsitzender von DB Regio, spricht von einem "historisch großen" Andrang auf die Systeme der Deutschen Bahn zum Verkaufsbeginn des Tickets, das ab Juni gelten soll. Es sei ein Experiment ohne Blaupause, mit sieben Wochen Vorbereitungszeit in einer sehr heterogenen Branche, in der alle Verkehrsverbünde ihre Vertriebssysteme umstellen mussten. Deshalb seien Zahlenprognosen schwer anzustellen.

Neben dem Preis sei ein großer Vorteil des Tickets die Einfachheit, sagte Sandvoß. Die Nutzenden müssten nicht groß nachdenken, wo und wann das Neun-Euro-Ticket gilt. Der Hintergrund sei allerdings ein trauriger; damit meint er den Ukraine-Krieg. Vor dem Hintergrund der explodierenden Energiepreise sei es vollkommen richtig, nicht nur die Menschen mit Autos zu entlasten. Zudem werde mit jedem Menschen, der an den ÖPNV herangeführt werde, der Klimaschutz gestärkt. Und dies in einer Phase, in der die Coronakrise für die Bahn langsam überwunden zu werden scheint und die Menschen in den ÖPNV zurückkehrten.

Es sei klar, dass die Pünktlichkeit leiden wird, meinte Sandvoß. Das sei für die Aktion des Neun-Euro-Tickets aber kein Erfolgskriterium. Im Vordergrund stehe, dass die Menschen von Kosten entlastet werden. Im Herbst wird laut Sandvoß mit wissenschaftlicher Unterstützung des Verbands deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) ausgewertet, welche Kunden durch das Neun-Euro-Ticket auf Dauer gebunden werden konnten.

Sandvoß geht davon aus, dass es zu den kommenden Feiertagen wie Christi Himmelfahrt und Pfingsten zu verstärktem Andrang kommen wird. Das sei aber auch außerhalb solcher Aktionen wie dem Neun-Euro-Ticket so – auch nicht anders als auf den Autobahnen. Es sei nicht möglich, im Sommer Baustellen freizuhalten, denn dann würde das Problem auf später verlagert, sagte Sandvoß.

In den Ballungszentren werde das Neun-Euro-Ticket voraussichtlich gut funktionieren, da in der Ferien- und Urlaubszeit viele Schüler und auch Berufstätige nicht pendeln müssten. In den touristisch bevorzugten Gebieten werde der Andrang wohl auch eine Frage des Wetters sein, sagte Sandvoß. Innerhalb von DB Regio werde es keinen Urlaubsstopp geben. Falls notwendig, werde für Überstunden geworben oder Unterstützung von Fremdfirmen angefragt. Tickets würden wie auch sonst kontrolliert.

Das Neun-Euro-Ticket steht seit dem heutigen Montag zum Verkauf bereit, seit dem Morgen ist es über bahn.de erhältlich. In der App DB Navigator ist es über die Angebotsauswahl zu bekommen, wenn ein Reiseziel innerhalb eines Verkehrsverbunds ausgewählt wird. In Apps von Verkehrsunternehmen wie der GVH oder der VBN kann das Neun-Euro-Ticket direkt gekauft werden.

Mit dem Ticket sind beliebig viele Fahrten in dem ausgewählten Monat im Nahverkehr ausschließlich in der zweiten Klasse möglich. Kinder im Alter ab 6 Jahre können nicht kostenlos mitgenommen werden, sie benötigen ein eigenes Ticket. Auch Hund und Fahrräder sind in dem Neun-Euro-Ticket nicht enthalten; die Fahrradmitnahme ist je nach Verkehrsverbund unterschiedlich geregelt. Zeitkarten-Abonnenten und -Abonnentinnen im Nahverkehr erhalten eine Gutschrift oder eine Erstattung für die Differenz zwischen ihrem Abopreis und dem 9-Euro-Ticket. Das gilt nicht für Zeitkarten im Fernverkehr, also beispielsweise für die BahnCard 100.

Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hatte vor Wochen bereits befürchtet, ab September, also nach der Neun-Euro-Aktion, könnten die Fahrpreise im ÖPNV wegen der gestiegenen Energiekosten und des anstehenden Ausbaus des regionalen Schienenverkehrs ansteigen. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hat bereits angekündigt, im kommenden Herbst mit den Ländern über das Thema sprechen zu wollen. Den erwarteten Einnahmeausfall in Höhe von 2,5 Milliarden Euro übernimmt der Bund, wie der Bundesrat am Freitag beschloss.

Seit 2015 sind die Preise für ÖPNV-Tickets deutlich gestiegen, teilte das Statistische Bundesamt mit. Im Nahverkehr verteuerten sich Bahnfahrten um 19,0 Prozent und damit stärker als die Verbraucherpreise insgesamt, die um 16,2 Prozent angestiegen sind. Tickets für die kombinierte Personenbeförderung wie Verbundtickets verteuerten sich um 13,0 Prozent. Eine Einzel- oder Tageskarte im Verbundverkehr verteuerte sich für Erwachsene um 14,4 Prozent, das Monatsticket um 12,9 Prozent.

Zuletzt waren die Preise für Tickets deutlich weniger als die Verbraucherpreise insgesamt gestiegen. Im April 2022 zahlten Fahrgäste für ein Nahverkehrsbahnticket 2,6 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Tickets für die kombinierte Personenbeförderung verteuerten sich um 1,7 Prozent. Die Verbraucherpreise insgesamt stiegen im selben Zeitraum um 7,4 Prozent. Die hohe Teuerungsrate ist in erster Linie auf hohe Steigerungen der Energiepreise sowie der Nahrungsmittelpreise zurückzuführen.

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(anw)