Abschied von Netflix & Co.: Wie eine eigene Mediathek heutzutage aussehen kann

Vier Streamingdienste sind für den Videoabend am Start und trotzdem findet man nichts. Kündigen Sie das Streaming und bauen Sie sich Ihre private Mediathek auf.

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, Albert Hulm

(Bild: REDPIXEL.PL/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Sven Hansen

Unruhig fährt der Daumen über das Steuerkreuz der Fernbedienung. Die Vorschaubildchen von Filmen und Serien fliegen über die flüssig animierte Oberfläche des Smart-TVs. Heute Neflix? Neee. Hat Marvel vielleicht die Superheldengeschichten auf Disney+ weiter verknotet? Wie hieß noch die Serie von vor einem Jahr auf Amazon Prime, von der es noch eine dritte Staffel geben sollte? Habe ich die zweite Staffel überhaupt schon gesehen?

Der Mensch ist nicht für den Überfluss gemacht. Zumindest stellt sich mit dem Mehr an verfügbaren Inhalten nicht automatisch das Mehr an Zufriedenheit ein. Im Gegenteil. Gefühlt war früher alles einfacher, als Videos noch Mangelware waren. Da wurde jeder Blockbuster von der Leih-DVD zum Hochgenuss und man fieberte dem Sendetermin der nächsten Folge seiner Lieblingsserie entgegen.

Videostreamingdienste haben den Sumpf der Raubkopien trockengelegt, indem sie ihnen ein legales Angebot zum fairen Preis entgegensetzten. Doch inzwischen stochern immer mehr Kunden recht lustlos im medialen Überangebot herum. Schlimmer noch: Mittlerweile buhlen so viele Streamingdienste um die Gunst der Zuschauer, dass man mindestens drei Abos braucht, um sämtliche Highlights sehen zu können. Zu allem Überfluss werden Neuerscheinungen immer häufiger scheibchenweise mit einer Folge pro Woche veröffentlicht, um den Kündigungsreflex der Kundschaft im Zaum zu halten.

Eine gewisse Streamingmüdigkeit macht sich breit. Selbstgemachtes Leid, möchte man meinen. Denn es gibt durchaus Alternativen zu Netflix & Co. und statt drei Streamingdiensten braucht man vielleicht – gar keinen. Ob optische Datenträger, lineares Fernsehen oder öffentlich-rechtliche Mediatheken: Alle diese Quellen sind noch vorhanden – und voller überraschender Videoschätze. Sie müssen diese nur noch heben und in eine eigene Mediathek einpflegen.

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Dabei schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe: Die Videoinhalte bekommen mehr Wert und werden aufmerksamer konsumiert, weil Sie sie eigenhändig gefunden und aufbereitet haben. Und Sie sparen noch ein paar Euro. Zu verlieren haben Sie nichts, denn die meisten Streamingdienste sind monatlich kündbar.

Leben ohne Netflix & Co. klingt wie eine Rolle rückwärts. Wer sich darauf einlässt, stellt aber fest, dass viele der alten Methoden zum Aufspüren von spannenden Videoinhalten nicht nur funktionieren, sondern wegen besserer Hardware, schnellerem Internet und günstigeren Preisen für Festplattenspeicher auch deutlich attraktiver geworden sind.

Wir geben einen Überblick über die Quellen, die man zum Aufbau einer privaten Mediensammlung anzapfen kann. Aktuelle DVB-S2-Receiver mit Linux-System etwa spülen auf Wunsch hochwertige Konzerte, Filme oder Dokumentationen in bester HD-Qualität ins Archiv. Auch die Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender sind prall gefüllt. Das rechtliche Spannungsfeld zwischen Urheberrecht und Privatkopie sollten Sie unbedingt kennen, wenn Sie eine eigene Mediathek aufbauen möchten.

Auch ein Blick auf die vergessen geglaubten Silberscheiben DVD und Blu-ray lohnt sich: Gerade Filmklassiker fallen bei den Streaminganbietern hinten runter oder werden zu horrenden Preisen in fragwürdiger Qualität als VoD-Material verkauft. "Die Mädels vom Immenhof" kommen über Amazons Kixi-Kinder-Abo nur als Pixelbrei aufs TV und sehen selbst in der Kaufversion für 12 Euro in HD noch mies aus. Auf Blu-ray kosten alle fünf Filme der Reihe gerade mal 10 Euro.

Wir beraten Sie bei der Auswahl von Hard- und Software für die selbst aufgebaute Mediensammlung – sei es auf dem Fernseher im Wohnzimmer oder auf dem Tablet im Garten. Ob man seine Schätze auf einer USB-Festplatte, auf einem NAS oder in einem TV-Receiver parkt, hat dabei durchaus Auswirkungen auf die Verfügbarkeit in den eigenen vier Wänden. Am Ende steht die Wahl des richtigen Abspielgerätes, um die Mediensammlung aufs Smart TV oder den Beamer zu bringen. Auch hier gibt der Beitrag einen Überblick über gängige Hardware vom HDMI-Stick bis zum Medienzuspieler mit integrierter Festplatte.

Ein paar Monate ohne Videostreaming? Einen Versuch ist es wert. Die Freude am Suchen, Sammeln und Sortieren, eine bewusstere Auswahl von Inhalten und schließlich der Genuss beim Zugriff auf die selbst kuratierte Mediathek machen aus dem Verzicht einen Gewinn.

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(sha)