Glasfaser: Netzagentur macht Ernst mit "Regulierung light" – Betreiber skeptisch

Die Bundesnetzagentur hat ihren Plan zur Regulierung des Festnetzes der Telekom und der "letzten Meile" festgezurrt. Kritiker sehen den Wettbewerb gefährdet.

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(Bild: ChiccoDodiFC/Shutterstock.com)

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Bei den künftigen Vorgaben für den Zugang zu Glasfasernetzen hält die Bundesnetzagentur (BNetzA) an ihrem im vorigen Jahr eingeschlagenen "Flexibilisierungskurs" fest. Einschlägige neue Gigabitnetze sollen demnach nicht mit gleicher Intensität reguliert werden wie die aus dem ehemaligen Monopol erwachsenen Kupfernetze der Deutschen Telekom. Ihren entsprechenden Vorschlag hat die Regulierungsbehörde am Freitag zur sogenannten Notifizierung an die EU-Kommission geschickt.

Mit diesem Schritt können die Mitgliedsstaaten, das Gremium Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation (Gerek) und die Kommission in Brüssel innerhalb eines Monats reagieren. Der Annahmeprozess ist solange eingefroren. Werden dabei keine ernsthaften Bedenken laut, können die neuen Vorschriften im Anschluss in Kraft treten.

Dem Plan nach will die BNetzA gegenüber der Telekom künftig auf Eingriffe wie eine vorherige Preisvorgabe für spezielle Produkte und spezifische Vorschriften gegen Diskriminierung verzichten. Bisher unterliegen die Telekom-Anschlussleitungen der sogenannten Ex-ante-Regulierung, die sehr detailliert ist. Die Entgelte, die Wettbewerber dem noch marktbeherrschenden Bonner Konzern für die Nutzung seiner Glasfasernetze zahlen, sollen laut der Initiative künftig nur noch bei Auffälligkeiten im Nachhinein überprüft werden.

Wie bereits angekündigt, soll die Telekom anderen Netzbetreibern verfügbare und ungenutzte Kapazitäten in ihren Leerrohren gegen einen angemessenen Sold zugänglich machen. Herausforderer können ihre Leitungen so laut dem Regulierer darin "schnell und effizient verlegen". Zentral sei dabei die Frage nach der angemessenen Höhe des Mietzinses für die freien Kapazitäten. Hierbei müssten insbesondere Anreize für den Glasfaserausbau erhalten bleiben.

Die Bundesnetzagentur will hier potenziellen Unsicherheiten der Marktteilnehmer etwa dadurch vorbeugen, dass Leerrohrkapazitäten erst dann beauftragt werden können, wenn sie die kommerziellen und weiteren vertraglichen Rahmenbedingungen festgelegt habe. Die entsprechenden Verfahren sollen bis Ende 2023 abgeschlossen werden. Darüber hinaus ermögliche der neue Ansatz unter bestimmten Voraussetzungen, Kapazitäten für neu gebaute Leerrohre mehrjährig für den eigenen Ausbau freizuhalten. Die Einsichtnahme in freies Fassungsvermögen soll über den Infrastrukturatlas erfolgen, der als "Gigabitgrundbuch" neu aufgelegt werde.

Bei der Festsetzung der "Kupferentgelte", dem Preisanker für den Glasfaserausbau, sieht sich die Regulierungsbehörde durch die der Kommission bereits vorliegende, erstmals sehr langfristige Entgeltgenehmigung bestätigt. Die BNetzA will dabei die Preise für die Teilnehmeranschlussleitung (TAL), also der "letzten Meile" des Netzes zum Endkunden, schrittweise und abgestuft senken.

Seit Oktober hätten Interessensvertreter den Entwurf der Regulierungsverfügung diskutiert und "zum Teil sehr kontrovers kommentiert", heißt es bei der Bonner Behörde. Die nach Brüssel geschickten Vorschläge berücksichtigen die Eingaben und "alle verfügbaren Informationen zur aktuellen Marktentwicklung". Trotz der heftigen Auseinandersetzung habe man "im Wesentlichen" aber am ersten Papier festgehalten.

BNetzA-Präsident Klaus Müller betonte: "Wir setzen uns konsequent für den Glasfaserausbau, fairen Wettbewerb und stabile und transparente Rahmenbedingungen ein." Gerade der Leerrohrzugang schone die "ohnehin knappen und teuren Tiefbaukapazitäten" und verhindere, dass "Bürgersteige und Straßen wiederholt aufgerissen werden".

Die Telekom-Wettbewerber halten es zwar prinzipiell für richtig, die Weichen für die Ausgestaltung des Zugangs zu den Glasfaseranschlüssen des Platzhirschen zu stellen. Der Verfügungsentwurf lasse aber wichtige Fragen offen. Die BNetzA dürfe "in dieser sensiblen Transformationsphase" nicht den "alleinigen Fokus auf die Lockerung der Marktregeln legen", mahnt der neue 2. Geschäftsführer des Branchenverbands VATM, Frederic Ufer. Wenn sich neue Herausforderungen ergäben wie der Umgang mit den Glasfaser-Kooperationen der Telekom und der Überbau von bereits von alternativen Betreibern im ländlichen Raum errichteten Glasfasernetzen, müsse der Regulierer die Zügel weiter "fest in der Hand halten".

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Ein weiteres massives Missbrauchspotenzial sieht der VATM in der anstehenden, extrem komplexen Migration der millionenfach an die Wettbewerber vermieteten Kupferanschlüsse. Hier sehe der Regulierer zwar eine Gleichbehandlungspflicht vor, bei der es aber auf die konkrete Umsetzung mit effektiven Überprüfungsmechanismen ankomme. Der Leerrohrzugang sei zudem "längst überfällig".

Auch der Bundesverband Breitbandkommunikation (Breko) hält als zentralen Eckpfeiler einer fairen Marktregulierung "ein umfassendes Migrationskonzept für den Umstieg von Kupfer- auf zukunftssichere Glasfasernetze" für unerlässlich. Dazu sage die BNetzA aber wenig. Stattdessen betone sie die hohe Relevanz des Leerrohrzugangs für die Beschleunigung des Glasfaserausbaus. Dabei sei dieser schon seit 2016 im DigiNetz-Gesetz grundsätzlich geregelt. Eine Ausweitung könnte "für den Überbau bestehender Glasfasernetze genutzt werden", was die Ausbaugeschwindigkeit bremsen dürfte.

Beim Zugang zu Kupfernetzen sollte sich die BNetzA laut dem Breko nicht auf bisherige Zusagen der Telekom in deren "Commitment-Modell" verlassen, bei dem diese Zugangs- und Entgeltvereinbarungen mit den größten Vorleistungsnachfragern 1&1, Telefónica und Vodafone getroffen hat. Dieser Ansatz könnte zu einer Marktmachtübertragung des Platzhirschen vom Kupfer- auf den Glasfasermarkt führen.

(bme)