Elektroautos: Ladeinfrastruktur wird zu langsam ausgebaut

15 Millionen E-Autos sollen bis 2030 in Deutschland unterwegs sein. Doch das Netz an Ladestationen wächst derzeit zu langsam. Nun soll gegengesteuert werden.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 375 Kommentare lesen
Fiat 500e

(Bild: Christoph M. Schwarzer)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Martin Franz
  • mit Material der dpa
Inhaltsverzeichnis

Beim Ausbau eines flächendeckenden Ladenetzes für Elektroautos sind die Kommunen in einer Schlüsselrolle. Der Aufbau von Ladesäulen sei noch kein Selbstläufer, sagte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) bei einer Fachkonferenz in Berlin. In mehr als der Hälfte der Kommunen gebe es noch keinen einzigen öffentlich zugänglichen Ladepunkt. Das könne nicht so bleiben.

Im Masterplan Ladeinfrastruktur der Bundesregierung solle deswegen ein Schwerpunkt auf die Kommunen gelegt werden. Diese sollten stärker eingebunden und nicht nur finanziell, sondern auch mit Informationsangeboten, Schulungen und Planungen zur regionalen Ladeinfrastruktur unterstützt werden.

Die Zahl der Elektroautos in Deutschland ist in den vergangenen Jahren immens gestiegen. Auch die Nachfrage ist angezogen, auf einige Modelle müssen Interessenten mehr als ein Jahr warten. Die Industrie kann durch den Mangel an Bauteilen aktuell nicht so viele Autos fertigen, wie der Markt verlangt. Doch selbst wenn sich diese Situation entschärfen sollte, ist Ziel der Bundesregierung, dass bis zum Jahr 2030 insgesamt 15 Millionen Elektroautos in Deutschland unterwegs sind, kaum noch zu schaffen. Als Hemmnis gilt aber nicht nur das kaum vorhandene Angebot an preiswerten Elektroautos, sondern vor allem die Ladeinfrastruktur.

Derzeit finden über 85 Prozent aller Ladevorgänge an privater Infrastruktur statt. Soll die E-Mobilität aber als Ersatz für den Verbrennungsmotor einspringen, muss das öffentlich zugängliche Netz vor allem in Ballungsräumen schneller als bisher ausgebaut werden. Das bedeutet nicht zwangsläufig einen flächendeckenden Ausbau von Ladesäulen mit 150 kW und mehr. Schließlich liegen die durchschnittlichen Fahrleistungen selbst auf dem Land bei knapp 40 km/Tag, bei Autofahrern in der Stadt noch deutlich darunter. Das geht unter anderem aus dem Mobilitätsbericht des Bundesverkehrsministeriums hervor.

Viele Menschen hätten noch große Vorbehalte in Bezug auf das Laden und entschieden sich daher gegen den Umstieg auf ein Elektrofahrzeug. "Mein Ziel ist, dass sich in Deutschland niemand mehr gegen den Kauf eines Elektrofahrzeugs entscheidet, weil er oder sie nicht darauf vertrauen kann, dass es genügend verlässliche und komfortable Lademöglichkeiten gibt", sagte Wissing. Wer in Ladeinfrastruktur investieren möchte, solle das schneller und leichter tun können. "Je mehr Investitionen wir anreizen, desto mehr Ladepunkte entstehen und desto mehr Wettbewerb schaffen wir."

Der Bundesverband E-Mobilität kritisierte den Masterplan der Bundesregierung, der in Arbeit ist. So finde das bidirektionale Laden keinerlei Beachtung. Ladesäulen könnten damit einen wichtigen Beitrag für die Energiewende leisten und zur Energiesicherheit beitragen. Beim bidirektionalen Laden können Elektroautos als mobile Speicher ans Haus oder ins Stromnetz integriert werden.

Eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung PwC sieht ebenfalls den Ausbau der Ladeinfrastruktur als Hemmnis an. Nötig wären den Experten zufolge weniger Bürokratie, mehr Flächen sowie mehr Anreize für den Bau und Betrieb der Ladesäulen notwendig. Zudem müsste es mehr günstige vollelektrische Modelle mit guter Reichweite geben, die fit für das Schnellladen seien, meint Heiko Seitz, Co-Autor der Studie und Leiter Elektromobilität bei PwC Deutschland.

Das Ziel der Bundesregierung, bis 2030 insgesamt 15 Millionen Elektroautos zugelassen zu haben, seien mit den aktuellen Anstrengungen nicht zu erreichen. Bis 2030 rechnet die Studie mit bis zu 10,5 Millionen zugelassenen E-Autos. Für diese, heißt es in der Studie, seien rund 340.000 öffentliche Ladepunkte notwendig. Ginge es im aktuellen Tempo weiter, würden es bis 2030 allerdings nur 210.000 sein, argumentieren die Autoren der Studie.

Die Bundesnetzagentur aktualisiert jeden Monat ihre Übersicht, die hier zu finden ist. Demnach gab es Anfang Juni 2022 in Deutschland 62.000 öffentlich zugängliche Ladepunkte. Das sind rund 14.000 mehr als ein Jahr zuvor. Mit Wechselstrom laufen 52.605 Ladepunkte. Sie bieten meist maximal 22 kW, nur in Ausnahmefällen gibt es dort eine noch höhere Ladeleistung. Das ist konsequent, denn kaum ein Elektroauto kann mehr als 22 kW auf diesem Weg aufnehmen.

Mit Gleichstrom laden momentan 9395 Ladepunkte. Rund die Hälfte von ihnen bietet Ladeleistungen von mindestens 150 kW. Genau in diesem Bereich wird aktuell auch am stärksten ausgebaut. Die Zahl der Ladestation mit 149 bis 299 kW wuchs innerhalb eines Jahres um 119 Prozent auf 2202. Bei den Ladesäulen mit mehr als 299 kW stieg die Anzahl um 95 Prozent auf 2379. Ausgebaut wird die DC-Ladeinfrastruktur derzeit vor allem entlang der Autobahnen. Dort dürften sie sich auch am schnellsten amortisieren, denn Ladeleistungen ab 150 kW aufwärts brauchen im Alltag nur Fernreisende.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Umfrage (Opinary GmbH) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Opinary GmbH) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

(mfz)