Gaming und Kognition: Spiele wie "Elden Ring" sind Booster fürs Ego

"Elden Ring" ist Spiel des Jahres bei den Game Awards geworden. Es zeigt den Spielern keine Gnade und ist dennoch so beliebt. Was steckt dahinter?

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Elden Ring ist ein knüppelhartes Abenteuer in einer Dark-Fantasy-Welt. Wer das Ende des Spiels sehen will, braucht viel Geduld und Frustvermögen., Screenshot: From Software

Elden Ring ist ein knüppelhartes Abenteuer in einer Dark-Fantasy-Welt. Wer das Ende des Spiels sehen will, braucht viel Geduld und Frustvermögen.

(Bild: Screenshot: From Software)

Stand:
Lesezeit: 15 Min.
Von
  • Matthias Kreienbrink
Inhaltsverzeichnis

Eigentlich ist das Spiel "Elden Ring" viel zu schwer für den Mainstream. "Diese Gegner sind noch zu schwer für dich. Dieser Marker zeigt dir den Weg an. Und wenn dir das doch alles zu kompliziert wird, stell einfach den Schwierigkeitsgrad nach unten." Von derlei Optionen werden Spielerinnen und Spieler in Games oftmals an die Hand. Doch Elden Ring macht das nicht. Und dennoch ist es der Abräumer bei den diesjährigen Game Awards. Es hat den Hauptpreis eingeheimst und wurde Videospiel des Jahres.

Das in einer Dark-Fantasy-Welt eingebettete Setting ist rau, eine Schwierigkeitseinstellung gibt es nicht. Weder sind Missionen auf der Karte eingezeichnet noch gibt es so etwas wie ein Logbuch für Quests und Aufgaben. Fast alles müssen sich die Spielerinnen und Spieler selbst erarbeiten.

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Wer keine guten Reflexe hat, keine ausgeprägte Geduld, wer körperlich eingeschränkt ist oder schlicht die Zeit nicht hat, sich etliche Male dem gleichen Gegner zu stellen, der wird gar nicht erst zu dem Spiel greifen – oder es schnell wieder zur Seite legen. Denn in Elden Ring gewinnen nur die, die sich jede Bewegung eines Gegners einprägen und dann blitzschnell darauf reagieren.

Und doch gehört der Titel des japanischen Entwicklerstudios From Software schon jetzt zu den kommerziell erfolgreichsten und kritisch meistgelobten Spielen des Jahres. Bei der Frage, ob das zu erwarten war und ob dieses Spiel die Games-Industrie verändern wird, trifft man auf viele weitere Fragen. Wieso funktionieren die meisten AAA-Spiele heute nach einem ganz anderen Muster? Wie stellt man eigentlich Schwierigkeitsgrad her? Und was machen schwere Spiele mit unserer Psyche? Eine Annäherung an das Phänomen Elden Ring und was das Spiel nach sich ziehen könnte.

"Irgendwann kennt man seine Klientel und schneidet den Schwierigkeitsgrad der Spiele darauf zu", sagt Björn Pankratz, Game-Designer beim deutschen Traditionsstudio Piranha Bytes, die einst mit der "Gothic"-Reihe große Bekanntheit hierzulande erlangt haben. Das deutsche Studio hat kürzlich sein neues Spiel "Elex 2" veröffentlicht, ebenso wie Elden Ring ein sogenanntes Open-World-Game: Die Spielenden agieren in einer frei begehbaren Welt, einzelne Level gibt es nicht. Die Grenzen sind in der Regel geschickt kaschiert, zum Beispiel mit hohen Bergen.

Doch hat Elex 2 eine deutlich andere Idee von Schwierigkeitsgrad als ein Elden Ring. Die Spieler und Spielerinnen können selbst entscheiden, wie sie ihre Herausforderung gestalten wollen. Ihnen stehen fünf Schwierigkeitsgrade zur Verfügung. Gerade deshalb kann Pankratz gut beurteilen, wie diese Schwierigkeit in einem Videospiel eigentlich hergestellt wird und welchen Zweck sie überhaupt erfüllt.

"Schwierigkeitsgrad fängt bei den Spielern an", sagt er. Eine sehr versierte Spielerin interagiere ganz anders mit einem Spiel, als es ein Anfänger tun würde. Jemand, der eine Spielereihe schon kennt, findet sich im neuen Teil direkt zurecht, andere nicht. Verschiedene Schwierigkeitsgrade wie in Elex 2 könnten so unterschiedliche Spieler da abholen, wo sie sind. Und dann wird es mathematisch. "Games machen ist wie eine Wissenschaft", sagt Pankratz. Und die ließe sich mit einem Wort gut umschreiben: Balancing. "Das kann man in den meisten Spielen an zwei Werten gut beschreiben: Wie viel Schaden teile ich aus und wie viel Schaden kann ich einstecken?"

Manchmal muss man in Elden Ring einfach weglaufen, weil die Gegner zu stark sind oder zu viele.

(Bild: Screenshots: From Software)

Diese Werte setzen sich wiederum aus vielen Unterkategorien zusammen. Welches Level hat die Spielfigur? Welche Rüstung und Waffe trägt sie? Benutzt sie vielleicht ein Item oder einen Zauberspruch, der bestimmte Attribute verstärkt? Das Gleiche gilt bei den Gegnern im Spiel, die je nach Gebiet der Spielwelt, je nach Spezies oder Ausrüstung unterschiedlich schwer zu besiegen ist. "Beim Balancing, also dem Ausbalancieren der verschiedenen Werte, schauen wir dann, ob das alles fair abläuft", sagt Pankratz. Denn wenn Spieler an einer Stelle des Spiels nicht weiterkommen, so seine Erfahrung, kommt es auf eine wichtige Wahrnehmung an: Ist das jetzt fair oder nicht?