Elektroauto-Mythen im Faktencheck: Infos zu Akku, Ladedauer und Sicherheit

Um E-Mobilität ranken sich etliche Mythen. Viele davon sind jedoch schon längst überholt. Wir beantworten die wichtigsten Fragen im FAQ zu Elektroautos.

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Lesezeit: 14 Min.
Von
  • Stefan Porteck
Inhaltsverzeichnis

(This article is also available in English)

E-Autos sind keine Neuheit mehr, dennoch sind viele Angaben über sie nicht mehr aktuell. Das sorgt bei einigen dann vielleicht für Unsicherheiten. Unsere Antworten klären über die wichtigsten Fragen rund um E-Mobilität auf.

Welche Möglichkeiten zum Aufladen gibt es?

Das bei jedem Fahrzeug mitgelieferte Notladegerät mit Schukostecker lädt die Fahrzeuge an der gewöhnlichen Steckdose auf. Die Steckdose und ihre Verkabelung muss für eine solche Dauerbelastung aber ausgelegt sein, was vorher unbedingt ein Elektriker prüfen sollte. An der Schukosteckdose laden die Fahrzeuge meist mit 2,2 Kilowatt, maximal mit 3,6 Kilowatt – eine volle Ladung dauert bei aktuellen Akkukapazitäten etliche Stunden bis mehr als einen Tag.

(Bild: Andreas Martini)

Die schon etwas bessere und schnellere Alternative ist das Laden mit Wechselstrom an einer Wallbox. Viele Fahrzeuge können hierüber allerdings auch nur mit 7 oder 11 Kilowatt laden. Gegen Aufpreis bekommt man Gleichrichter, die bis 23 Kilowatt Wechselstrom (AC) aufnehmen können. Das AC-Laden spielt auch bei Gratis-Chargern eine Rolle oder am Urlaubsort fernab der Fernstraßen.

Die Ladung mit Gleichstrom (DC) wird als Schnellladung bezeichnet. Wegen der aufwendigen Ladeinfrastruktur findet sie nur an öffentlichen Ladestationen statt. Auch hier bestimmt das schwächste Glied in der Kette den maximalen Ladestrom: Einige Charger geben per CCS (Combined Charging System) nur 42 Kilowatt aus, andere bis 300. Auch die Fahrzeuge unterscheiden sich stark in ihrer Aufnahmeleistung. Der Einstieg liegt dabei meist bei 50 Kilowatt.

Fahrzeuge kann man prinzipiell auch an Starkstromanschlüssen dreiphasig laden. Man benötigt dann allerdings eine mobile Wallbox. Geräte wie der go-eCharger oder die juice box werden mit vielen Adaptern ausgeliefert, um unterwegs beliebige Stromquellen anzapfen zu können.


Wie lange dauert das Aufladen?

Die Ladedauer fällt für jedes Modell unterschiedlich aus, da sie von der Kapazität des Akkus und der maximalen Stromaufnahme des Fahrzeugs beim Aufladen abhängt. In der Theorie lässt sich die Ladedauer leicht ausrechnen, indem man die Akkukapazität durch die Ladefähigkeit teilt: Hat das Auto beispielsweise einen 50-kWh-Akku und lädt mit 100 Kilowatt, dauert ein vollständiges Aufladen demnach 30 Minuten. Errechnete Zeiten sollten Sie aber nur als Richtwert ansehen, da die maximale Ladegeschwindigkeit meist nur selten erreicht wird.

Hängt das Auto etwa an einer 11-Kilowatt-Wallbox, dauert das Aufladen knapp fünf Stunden. An einer Schuko-Steckdose mit 3,6 Kilowatt sind es beim Beispielfahrzeug schon fast 14 Stunden. Wenn es schnell gehen soll, muss man also auf die öffentliche Infrastruktur von Schnellladesäulen zurückgreifen. Sie liefern in der Spitze 100 bis 300 Kilowatt und erlauben je nach Fahrzeug und dessen Akkugröße theoretisch ein vollständiges Aufladen in rund einer Viertelstunde.

Da Schnellladen die Akkus stresst und zügiger altern lässt, begrenzt die Elektronik des Autos den Ladestrom bei Bedarf: Die maximale Geschwindigkeit wird nur erreicht, wenn sich der Akku im optimalen Temperaturfenster von etwa 20 Grad Celsius und bei einem Ladestand von unter achtzig Prozent befindet.

Als grobe Faustregel gilt: Aktuelle Fahrzeuge mit temperierten Akkus laden an einer Schnellladesäule in etwa 15 bis 20 Minuten auf 80 Prozent; für die restlichen zwanzig Prozent muss man rund eine Dreiviertelstunde einplanen, weil die Ladeelektronik nahe 100 Prozent den Ladestrom drosselt, um den Akku zu schonen.


Kann ich mit dem E-Auto unbesorgt ins Ausland fahren?

Ladesäulen gibt es in jeder Himmelsrichtung und die meisten der in Deutschland genutzten Bezahlkarten funktionieren europaweit. Das Reisen auf Fernstraßen ist wegen der zwar dünnen, aber gleichmäßigen Decke an Schnellladestationen in vielen Ländern kein Problem. Wichtiger ist es, sich über die Situation am Urlaubsort zu informieren. Ist die nächste DC-Säule 100 Kilometer entfernt und gibt es am Hotel keine Lademöglichkeit, ist man auf öffentliche (und langsame, siehe oben) AC-Lader angewiesen. Wer mit dem E-Auto in den Urlaub fahren möchte, sollte schon beim Kauf auf die AC-Ladefähigkeit des Autos achten und bei der Buchung auf Lademöglichkeiten am Zielort achten.


Was ist mit dem Stecker-Chaos beim Aufladen?

Das Ladechaos früherer Tage ist glücklicherweise weitgehend Geschichte. Mit dem "Combined Charging Standard" (CCS) hat sich in Europa die DC-Ladevariante durchgesetzt, die den AC-Teil in Form des Typ-2-Steckers einschließt. Entweder lädt man also AC mit Typ-2-Stecker wie an der heimischen Wallbox oder einem Destination-Charger mit maximal 22 Kilowatt oder mit dem CCS-Stecker. Der Konkurrenzstandard CHAdeMO spielt hierzulande keine Rolle mehr. Selbst der einstige CHAdeMO-Verfechter Nissan schwenkte beim aktuellen Modell Ariya von CHAdeMO auf CCS um. An öffentlichen Schnellladesäulen herrscht dank der Ladesäulenverordnung auch kein Chaos: Sie sind mit CCS und CHAdeMO zum DC-Laden und Typ-2 für AC-Laden ausgestattet.

Worauf man beim Kauf aber dringend achten sollte, ist die maximale AC-Ladegeschwindigkeit am Typ-2-Stecker. Etliche Hersteller verlangen einen Aufpreis für leistungsfähige Wandler. Viele Autos laden in der Standardkonfiguration nur am AC-Typ-2 nur mit 7 Kilowatt. Findet sich in der Aufpreisliste ein Upgrade auf 11 oder gar 22 Kilowatt, sollte man das Extra dazu bestellen, denn in ländlichen Regionen und im Ausland findet man mitunter nur AC-Säulen – dort macht ein schnellerer Wandler im Fahrzeug durchaus einen Unterschied von mehreren Stunden bei der Ladedauer.

Über eine CCS-Buchse, wie sie sich an jedem neuen E-Auto findet, kann man das Auto an jeder Säule und mittels Notladegerät an herkömmlichen Steckdosen aufladen.

Sind die Kosten geringer als beim Verbrenner?

Der E-Auto-Prämie beim Kauf und der Steuerbefreiung stehen insgesamt höhere Anschaffungskosten gegenüber. Die Frage nach dem "günstiger" Fahren entscheidet sich vor allem an der Ladesäule und am Fuß auf dem Gas- beziehungsweise E-Pedal. Bei Verbrennungsmotoren fällt das Fahrverhalten wegen der ohnehin wenig effizienten Technik im Verhältnis viel weniger ins Gewicht als bei einem E-Auto. Innerorts verbrauchen Verbrenner mehr Sprit, obwohl man mit niedrigeren Geschwindigkeiten unterwegs ist.

Beim deutlich effizienteren E-Auto steigt der Verbrauch wiederum bei höheren Geschwindigkeiten wegen des Luftwiderstands spürbar an und sinkt ebenso spürbar, wenn man Gas wie Bremse sparsam einsetzt und auf der Autobahn nicht die Höchstgeschwindigkeit ausreizt. Am Hausstrom geladen und bei sinniger Fahrweise ist ein E-Auto günstiger als ein Verbrenner zu bewegen: Verbraucht das Fahrzeug beispielsweise 20 kWh/100 km, bezahlt man für eine Fahrt von 100 Kilometern bei einem Strompreis von 35 Cent je Kilowattstunde sieben Euro. Beim Verbrenner mit einem Verbrauch von 6 l/100 km sind es bei aktuellen Spritpreisen mehr als zehn Euro.


Wie lange hält der Akku?

Mittlerweile sind E-Autos lange genug am Markt, dass es erste Langzeiterfahrungen gibt: Dabei zeigt sich, dass bei Modellen mit zehn und mehr Jahren auf dem Buckel meist nicht der Akku Probleme bereitet, sondern der übliche Pkw-Verschleiß wie Rost oder ausgeschlagene Buchsen und Lager am Fahrwerk.

Durch aufwendigere Temperierung der Akkus und Verbesserungen in der Zellchemie sowie stille Reserven sind mittlerweile praktisch alle Hersteller zuversichtlich genug, um eine Akkulebensdauer von mindestens acht bis zehn Jahren zu garantieren.

Ähnlich wie bei Akkus in Mobilgeräten bedeutet das Erreichen dieser Schwelle aber nicht, dass das Fahrzeug danach ein Fall für den Entsorger ist. Mit Lebensdauer ist üblicherweise der Zeitpunkt gemeint, bei dem der Akku noch eine Restkapazität von 70 bis 80 Prozent des ursprünglichen Wertes hat. Wie schnell der Akku altert, bestimmt sich maßgeblich auch dadurch, wie man ihn behandelt: Häufiges Schnellladen, Laden bei sehr hohen oder sehr tiefen Temperaturen und Auf- oder Entladen unter 20 oder über 80 Prozent der Kapazität stressen den Akku stärker und verkürzen die Lebensdauer.

Wer sein Fahrzeug stets langsam an einer Wallbox lädt und es die meiste Zeit in einem Fenster von 30 bis 70 Prozent hält, dürfte nach acht Jahren erst rund 10 Prozent der ursprünglichen Kapazität eingebüßt haben. Das spielt im Alltag aber keine große Rolle: Wer heute ein Fahrzeug mit üppigem Akku und einer Reichweite von 400 Kilometern kauft, schafft bei guter Akkupflege nach zehn Jahren noch rund 360 Kilometer – diese Einbuße lässt sich durch sparsames Fahren fast vollständig ausgleichen.


Brauche ich eine Wallbox?

Das hängt von drei Faktoren ab: der täglichen Fahrleistung, der Akkukapazität des Autos und dem durchschnittlichen Verbrauch. Da die meisten Menschen ihre tägliche Fahrleistung oft deutlich überschätzen, kommen sie zumeist ohne eine Wallbox aus.

An einer heimischen Wallbox lädt das Fahrzeug recht schnell und günstig.

(Bild: BMW)

Wer es genauer wissen will, kann sich die Frage rechnerisch beantworten. Eine Beispielrechnung sieht dabei folgendermaßen aus: Das Auto verbraucht beispielhaft im Sommer 18 kWh/100 km und im Winter 26 kWh/100 km. Um auch in der kalten Jahreszeit stets genug Saft im Akku zu haben, nimmt man den maximalen Verbrauch zur Berechnung. Wird das Fahrzeug täglich rund 50 Kilometer bewegt, hat man entsprechend einen Ladebedarf von 13 kWh pro Tag. Sofern das Auto über Nacht zehn Stunden Zeit zum Aufladen hat, bekommt man nötigen Strom locker an einer herkömmlichen Schukosteckdose mit 2,2 Kilowatt bis maximal mit 3,6 Kilowatt in den Akku. Das Nachladen für den Tagesverbrauch dauert dann je nach Steckdose etwa zwischen dreieinhalb und sechs Stunden, was somit noch genug Zeitreserve bietet, falls in einer Nacht mal eine längere Tour ausgeglichen werden muss.


Fahren sich E-Autos wie gewöhnliche Autos?

Ja und nein. Beim E-Auto ist das Fahrverhalten aus dem Zusammenspiel von Gas, Bremse und Lenkung noch stärker von der Software abhängig als bei Verbrennungsfahrzeugen. Der Elektromotor bremst das rollende Fahrzeug ab und liefert Energie in die Batterie zurück, sobald man den Fuß vom Pedal nimmt (Rekuperation). Die Motorbremse fällt also stärker aus als beim Verbrenner.

Das lässt sich aber durchaus per Software nachstellen – und viele Hersteller tun das, um der Kundschaft den Umstieg vom Verbrenner aufs E-Auto zu erleichtern. Die meisten Fahrzeuge haben daher mindestens einen Fahrmodus in petto, der dem Verhalten des Verbrenners nachempfunden ist. Geht man bei rollendem Fahrzeug vom Gas, bleibt der E-Motor weiter unter Strom, um das Rollverhalten des Verbrenners nachzubilden. Andere Fahrmodi rekuperieren stärker, einige Hersteller erlauben das Verstellen der Rekuperation durch Wippen am Lenkrad. Der maximal "elektrische" Fahrmodus ist der "One-Pedal Drive". Damit kommt das Fahrzeug komplett zum Stehen, wenn man vom Gas geht, sodass man das Bremspedal nur noch in Notsituationen benötigt.

Was die Fahrdynamik angeht, liegen die Autos wegen ihres höheren Gewichtes und des tiefliegenden Schwerpunktes des Akkupacks gefühlt satter auf der Straße als vergleichbare Verbrenner. Die Unterschiede werden umso größer, je kleiner das Fahrzeug ist. Ein batterieelektrischer Fiat 500 zeigte sich hinsichtlich der Fahreigenschaften im Test deutlich elastischer als das Modell mit Verbrennertechnik.

Eine weitere Besonderheit ist das veränderte Anfahrverhalten. Da die meisten Modelle wegen der hohen Maximaldrehzahl des Motors mit nur einem Gang auskommen, können sie ohne Gedenkpausen aus dem Getriebe rausbeschleunigen. Dieser Seilwinden-Effekt erhöht selbst bei moderat motorisierten E-Autos den Fahrspaß und führt dazu, dass man die Verbrennertechnik nicht mehr vermisst.

Auch beim Thema Tanken kommt es über die Nutzungsdauer eines E-Fahrzeugs oft zu Verhaltensänderungen. Während der Rhythmus beim Verbrenner eher durch Volltanken und Leerfahren vorgegeben ist, ergibt sich bei regelmäßiger Nutzung eines E-Fahrzeugs ein geändertes Tankverhalten mit einer Vielzahl möglicher Ladepunkte: 30 Minuten gratis vor dem Discounter, 2 Stunden beim Lieblingsitaliener auf dem (meist einzigen) freien E-Parkplatz in der Innenstadt oder ein paar Stündchen unter der PV-Anlage am heimischen Carport. Nach etwa einem Jahr ergibt sich eine innere Karte mit möglichen Ladepunkten und die Batterie des Fahrzeugs ist selten ganz voll oder ganz leer.


Sind E-Autos gefährlicher?

Bislang lässt sich keine seriöse Statistik finden, die das belegt. Bezogen auf Fahrzeugbrände scheint eher das Gegenteil der Fall zu sein: Laut des Gesamtverbands der deutschen Versicherungsgesellschaft kommt es pro Jahr in Deutschland zu 15.000 Brandschäden an Fahrzeugen aller Antriebsarten – die meisten davon sind vergleichsweise harmlose Kabelschmorer.

In den Medien wird über solche alltäglichen Brände aber kaum berichtet. Ein Tesla, der eine Tiefgarage abfackelt, ist halt spannender als ein brennender Corsa mit geplatzter Spritleitung am Straßenrand. Der schlechte Ruf von E-Autos dürfte deshalb auch einer gewissen medialen Verzerrung geschuldet sein.

Bei schweren Autounfällen dürfte das Brandrisiko bei Benzinern sogar höher sein: Benzin ist leicht entzündlich und dessen flüchtige Dämpfe explosiv. Sollte es bei der Wucht eines Aufpralls irgendwo in den Kraftstoffleitungen ein Leck geben, reicht mitunter die vorhandene Hitze an den Bremsen oder der Auspuffanlage aus, um eine Verpuffung mit anschließendem Feuer auszulösen.

Aufgrund der kompakten E-Motoren bleibt unter der Haube meist Platz für zusätzlichen Stauraum. Viele Hersteller nutzen ihn für die Ladekabel.

Das bedeutet aber nicht, dass Akkus generell weniger gefährlich sind. Sie entzünden sich üblicherweise durch innere Kurzschlüsse. Das kann bei einer defekten Laderegelung oder durch Beschädigungen nach einem Unfall passieren. Um Letzteres zu minimieren, sind die Zellen gut geschützt in sehr stabilen und wasserdichten Gehäusen untergebracht.

Sollte es dennoch zu einem Akkubrand kommen, ist das Gehäuse jedoch hinderlich, da es kaum Löschwasser an den Brandherd lässt. Und anders als Benzin lassen sich Akkus schwerer löschen. Bei hohen Temperaturen verdampfen die Elektrolyte und bilden so hochgradig brennbare Gase. Das größere Problem jedoch: Die Metalloxide der Akkuzellen geben bei hohen Temperaturen Sauerstoff ab, der dann die Flammen nährt. Klassisches Löschen – also mit Wasser oder Schaum dem Feuer den Sauerstoff entziehen – hat dann kaum einen Effekt, weil der Akku das Feuer quasi selbst mit Sauerstoff versorgt. In der Vergangenheit führten solche Extrembrände zu Berichten, in denen die Feuerwehr das brennende Auto in einem Wassertank versenken musste.

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(spo)