Habeck zur Energiekrise: Einsparvorgaben ja, aber nicht für die Wohnzimmer

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat eine Energiesparverordnung angekündigt. Er befürwortet, Mehreinnahmen von Energiekonzernen umzuverteilen.

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Robert Habeck in einem Video von Ende März 2022, in dem er bereits dazu aufrief, Energie einzusparen.

(Bild: BMWK)

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Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat bekräftigt, dass geplante Einsparvorgaben der Bundesregierung nicht für Privathaushalte gelten sollen. "Das können wir nicht machen, das sollten wir auch nicht tun", sagte er in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung.

Darin kündigte Habeck Verordnungen an, die beispielsweise vorschreiben, dass öffentliche Liegenschaften nur noch auf 19 Grad beheizt werden. Dabei klammerte er Krankenhäuser und soziale Einrichtungen aus. Gebäude und Denkmäler sollen nicht mehr angestrahlt, Werbeanlagen nicht beleuchtet werden. "Auch in der Arbeitswelt sind mehr Einsparungen nötig, darüber sprechen wir gerade mit dem Arbeitsministerium mit den Sozialpartnern", sagte Habeck. Solche Verordnungen ermöglicht das im Juli beschlossene Energiesicherungsgesetz, auch bevor der Krisenfall eintritt. Die Bundesregierung hatte zu dem Zeitpunkt weitere Schritte zur Energieeinsparung, für schienengebundene Transporte und Erleichterungen im Umweltrecht angedeutet.

Für Privathaushalte gebe es Vorgaben, erläuterte Habeck, zum Beispiel den verpflichtenden hydraulischen Abgleich, den Heizungscheck. Der Minister appellierte an die freiwillige Bereitschaft der Menschen: "Wir – als Land, als Gesellschaft – werden das nur hinbekommen, wenn Menschen bereit sind, einen Beitrag zu leisten." Dabei räumte Habeck ein, dass in dieser Krise die Lasten sehr ungleich verteilt seien, das betreffe vor allem Verbraucherinnen und Verbraucher mit niedrigen Einkommen, "während ein wohlhabender Teil die hohen Preissteigerungen ohne spürbare Einbußen wegstecken kann".

Das Problem sei lösbar, sagte Habeck, da Deutschland eine starke Volkswirtschaft sei. "Wer so wenig Geld hat, dass er von Sozialtransfers lebt oder Wohngeld bekommt, sollte von den Mehrkosten für Energie durchschnittlich voll entlastet werden, untere und mittlere Einkommen anteilsmäßig." Beispielsweise könnten die Mehreinnahmen durch die Mehrwertsteuer auf Strom und Gas verwendet werden, um die Menschen zu entlasten. Darüber werde sich die Regierung unterhalten. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat bereits ein weiteres Entlastungspaket angekündigt.

Auch könnten manche Konzerne, die allein durch den Krieg hohe Übergewinne machen, einen stärkeren Beitrag leisten, meinte Habeck. Es sei Geld, mit dem die Konzerne oder Betreiber von Energieanlagen selbst nicht gerechnet hätten. Das von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) angestoßene Projekt, die "kalte Progression" der Besteuerung anzugehen, sieht Habeck nicht als prioritär an – umgekehrt lehnt Lindner anders als der Wirtschaftsminister eine "Übergewinnsteuer" ab.

Zu der für den 1. Oktober geplanten Gasumlage, die Gasimporteure von der Last der Mehrkosten durch Ersatzbeschaffung für russisches Gas befreien soll, sagte Habeck: "Unter den politischen Rahmenbedingungen, unter denen diese Koalition arbeitet – keine Steuererhöhungen, nächstes Jahr ein ausgeglichener Haushalt –, ist die Umlage die logische Konsequenz." Als Erstes habe Uniper gerettet werden müssen, einer der größten Gasimporteure. Einige Importeure machten gerade laufend Verluste. "Es darf aber nicht passieren, dass sie zusammenbrechen – weil an ihnen Gasversorgung hängt."

"Das ist alles nicht Alltagsgeschäft. Und bestimmte Dinge sieht man erst, wenn man sie umsetzt", sagte Habeck zu Kritik an der Gasumlage. Die Regierung prüfe Kritikpunkte an der Gasumlage wie zum Beispiel, dass die Umlage die Fernwärme und Festverträge nicht erfasse.

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"Nicht Umfragen, sondern die langen Linien müssen handlungsleitend für die Politik sein", kommentierte Habeck Umfragen, laut denen eine Mehrheit der Deutschen dafür sei, Atomkraftwerke länger laufen zu lassen. "Am Anfang des Ukraine-Krieges gab es auch eine Mehrheit für einen sofortigen Gas-Boykott. Dem bin ich nicht gefolgt."

Habeck sagte, er sehe bei der Atomkraft marode Anlagen in Frankreich und "irrsinnige Kosten" für Neubauten. "Das Energiesystem, auf das wir uns festgelegt haben, ist zwar das anspruchsvollere, aber es wird zugleich auch das leistungsfähigere, günstigere und klimafreundlichere sein. "Wir müssen uns im Stresstest mit dem Winter 2022/2023 beschäftigen, das werden wir ganz sachlich tun. Aber wer gerade in diesem Jahr von einer Renaissance der Atomkraft redet, verkennt die Wirklichkeit." Die Ergebnisse des Tests, bei dem die Versorgungssicherheit des Stromnetzes geprüft wird, sollen laut Habeck in den nächsten Wochen vorliegen.

(anw)