365-Euro-Ticket findet keine Mehrheit im Bundestags-Verkehrsausschuss

Bei allen anderen Parteien stieß der Vorschlag der Linken im Verkehrssausschuss nicht auf Gegenliebe. Ein bundesweites ÖPNV-Ticket solle aber kommen.

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Passagiere steigen am Bremer Hauptbahnhof in einen Regionalzug.

(Bild: heise online / anw)

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Die Bundestagsfraktion der Linken kann sich mit ihrer Forderung nach einem 365-Euro-Ticket für den ÖPNV im Verkehrsausschuss des Bundestags nicht durchsetzen. Alle anderen in dem Ausschuss vertretenen Fraktionen haben den Antrag abgelehnt, heißt es aus dem Bundestag.

In ihrem Antrag (PDF), den sie schon Anfang Juli dieses Jahres gestellt hatte, forderte die Linke, das Neun-Euro-Ticket bis zum Jahresende 2022 gelten zu lassen. Zum neuen Jahr solle dann ein Ticket eingeführt werden, das jährlich 365 Euro kosten sollte. Menschen ohne oder mit geringem Einkommen sollten zum Nulltarif fahren.

Die Fraktionen der Ampelkoalition verwiesen darauf, dass das Neun-Euro-Ticket wie der Tankrabatt dazu gedacht war, die Menschen von Juni bis August zu entlasten. Dieses Ziel sei erreicht worden, das zeige sich an den 52 Millionen verkauften Tickets und auch daran, dass 50 Prozent der Nutzer das Ticket für Alltagsfahrten genutzt hätten.

Die Linke hatte im Juli hingegen moniert, dass die Laufzeit des Neun-Euro-Tickets in die Sommerferien gefallen war, wodurch die Menschen nur begrenzt angereizt würden, auch im Alltag auf den ÖPNV umzusteigen. Der Interessenverband Agora Energiewende hatte Anfang August vorläufig festgestellt, das bundesweit gültige Ticket habe nicht dazu geführt, viele Menschen vom Straßen- in den ÖPN-Verkehr zu locken. Das Statistische Bundesamt hatte kurz nach Auslaufen des Neun-Euro-Tickets resümiert, die Reisen auf der Schiene hätten stark zugenommen, die Zahl der Reisen auf der Straße seien konstant geblieben.

Die Ampelkoalitionäre im Verkehrsausschuss des Bundestags sehen jedenfalls das Neun-Euro-Ticket als großen Erfolg, teilte der Bundestag mit. Auch seien 10 Millionen Abonnenten des ÖPNV entlastet worden. SPD, Grüne und FDP bekannten sich zur Einführung eines Nachfolgemodells für das Neun-Euro-Ticket ab Anfang 2023. Der Bund werde dafür rund 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung stellen, die Länder müssten sich an den Kosten aber beteiligen. Die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern seien im Gang.

CDU/CSU und AfD bezweifelten den Erfolg des Neun-Euro-Tickets. In erster Linie habe es den Bund sehr viel Geld gekostet, diese 2,5 Milliarden Euro wären besser in den Ausbau des ÖPNV investiert worden. Zudem habe das Neun-Euro-Ticket zu zusätzlichen Verkehren etwa im Tourismusbereich geführt, die es so nicht gegeben hätte. Umgekehrt seien private Bus- und Taxiunternehmen durch die Konkurrenz des extrem günstigen Neun-Euro-Tickets geschädigt worden.

CDU, CSU und AfD würden ein bundesweit gültiges ÖPNV-Ticket begrüßen, der Preis müsse sich aber nach marktwirtschaftlichen Überlegungen berechnen. CDU/CSU monierten zudem, dass die Koalition bereits jetzt über ein Nachfolgemodell verhandle, obwohl die Auswertung der Umfragen und Analysen zum Gebrauch und Nutzen des Neun-Euro-Tickets noch nicht vorliegen würden.

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Nach einer Sondersitzung der Verkehrsministerkonferenz diese Woche hieß es, die Länder forderten für 2022 und 2023 jährlich zusätzlich 1,65 Milliarden Euro als Ausgleich für gestiegene Energiekosten. Die Konferenz selbst erarbeite bis zur nächsten Sitzung im Oktober ein Modell für ein ÖPNV-Ticket, warte aber auch auf ein Angebot aus dem Bundesverkehrsministerium.

Für das erste Halbjahr 2022 registrierte das Statistische Bundesamt doppelt so viele Fahrgäste im Bahnfernverkehr als im Vorjahreszeitraum, aber noch ein Fünftel weniger als vor der Pandemie. Der ÖPNV habe durch den Wegfall von Corona-Maßnahmen und die Einführung des 9-Euro-Tickets über ein Drittel mehr Fahrgäste verzeichnet.

(anw)