Autonomes Fahren: Roboteraugen können Unfälle mit Fußgängern vermeiden helfen

Wenn ein autonomes Auto einen Fußgänger anblickt, hält es an, wenn es wegschaut, fährt es weiter. Kann dies die Verkehrssicherheit erhöhen?

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Der umgebaute, autonome Golfwagen hat bewegliche Augen.

(Bild: University of Tokyo)

Lesezeit: 4 Min.

Eine Studie eines japanischen Wissenschaftsteams der University of Tokyo hat ergeben, dass die Verkehrssicherheit von Fußgängern durch bewegliche Roboteraugen an autonomen Fahrzeugen ansteigen kann. Die übergroßen Augen an der Front eines solchen Fahrzeugs sind beweglich und schauen den Fußgänger an oder nicht. Das hilft Fußgängern dabei, eine sichere Entscheidung im Straßenverkehr über ihre nächste Aktion zu fällen. Dabei gibt es aber geschlechtsspezifische Unterschiede.

Die Entscheidung, ob ein Fahrzeug für einen Fußgänger anhält oder nicht, kann letztlich über den Blickkontakt zwischen Fahrer und Fußgänger geregelt werden. Im Zweifel überquert der Fußgänger die Straße nicht. Bei autonomen Fahrzeugen hat der Fahrer, der mehr ein Controller ist, aber nicht seine ganze Aufmerksamkeit auf die Verkehrssituation gerichtet. Bei einigen autonomen Fahrzeugen können gar keine Controller sitzen. Im ersten Fall reicht der Blickkontakt möglicherweise nicht aus, im zweiten Fall fehlt er sogar ganz, beschreibt das Wissenschaftsteam das untersuchte Problem in ihrer Studie "Can Eyes on a Car Reduce Traffic Accidents?", die in Proceedings of the 14th International Conference on Automotive User Interfaces and Interactive Vehicular Applications veröffentlicht wurde.

Damit ein Fußgänger erkennen kann, ob ein selbstfahrendes Auto ihn erkannt hat, statteten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einen selbstfahrenden Golfwagen mit zwei ferngesteuerten großen Augen aus, die denen der Autos im Pixar-Film "Cars" ähneln. Ein Testaufbau sollte zeigen, wie risikoreich sich Fußgänger, die in Eile sind, verhalten, wenn sie noch kurz vor einem autonomen Fahrzeug eine Straße überqueren wollen. Dabei sollten die Probanden selbst entscheiden, ob das Fahrzeug anhalten wird oder nicht. Die Augen wurden bei dem Versuchsaufbau so angesteuert, dass sie mal zum Fußgänger gerichtet waren (Fahrzeug stoppt) und mal nicht (Fahrzeug stoppt nicht). Zusätzlich wurde getestet, wie sich Fußgänger in der gleichen Situation bei einem Fahrzeug ohne Augen verhalten (stoppt oder stoppt nicht).

Das Foto zeigt die unterschiedlichen Situationen, in denen die Roboteraugen auf die Studienteilnehmer gerichtet waren (a) oder nicht (b). Die beiden anderen Fotos (c) und (d) zeigen die Situation ohne Augen.

(Bild: University of Tokyo)

Damit es bei Missverständnissen nicht zu einem Umfall kommt, wurden die Situationen mit 360-Grad-Kameras gefilmt und den 18 Studienteilnehmenden, die aus neun Frauen und neun Männern im Alter zwischen 18 und 49 Jahren bestand, über eine Virtual-Reality-Brille abgespielt. Die Szenarien wurden ihnen mehrfach, jeweils in zufälliger Reihenfolge vorgespielt. Sie mussten dann innerhalb von drei Sekunden entscheiden, ob sie die Straße überqueren wollten oder nicht. Daraus bestimmte das Wissenschaftsteam, wie oft die Probanden richtig oder falsch entschieden.

Unterschiede gab es dabei zwischen den Geschlechtern: Männer trafen häufiger gefährliche Entscheidungen, wollten also noch schnell die Straßen überqueren, obwohl das Fahrzeug nicht anhielt. Die Fehlerquote wurde aber dadurch reduziert, wenn die Roboteraugen sie nicht ansahen und die Probanden damit das Signal erhielten, das Auto würde sie übersehen. In den Situationen, in denen das Auto ohnehin anhielt, machten die Augen, die auf die Studienteilnehmer gerichtet waren, dagegen keinen großen Unterschied.

Die Studienteilnehmerinnen trafen dagegen "mehr inneffiziente Entscheidungen", erklärt Chia-Ming Chan, eine der Mitinitiatorinnen der Studie. So haben Frauen sich vorsichtiger verhalten und auch dann die Straße nicht überquert, selbst wenn das Fahrzeug dann letztlich anhielt. Hier konnte der Blick der Roboteraugen das Verhalten jedoch positiv beeinflussen und die Fehlerquote senken. Insgesamt zeigte sich, dass der Blick der Roboteraugen die Überquerung der Straße für alle sicherer machte.

Die Augen wurden von den Probanden unterschiedlich wahrgenommen: Die einen hielten sie für niedlich, andere fanden sie eher gruselig. Frauen fühlten sich sicherer, wenn die Augen sie ansahen, Männer nahmen die Situation viel gefährlicher wahr, wenn die Augen sie nicht ansahen.

Die Forscherinnen und Forscher sehen durch die Studie ihre Annahmen bestätigt, dass Roboteraugen an einem Fahrzeug den Fußgängern beim Anblicken zeigen, dass sie gesehen werden, beim Wegschauen, dass sie übersehen werden. Allerdings schränkt das Wissenschaftsteam die Allgemeingültigkeit der Ergebnisse ein. So sei die Anzahl der Probanden begrenzt gewesen. Auch hätten sie im richtigen Leben eine andere Entscheidung treffen können als in der virtuellen Realität.

Das Team plant nun automatisch gesteuerte Roboteraugen zu entwickeln. Sie könnten dann auch noch von der visuellen Gestaltung her anders ausfallen, um mehr Akzeptanz zu erzeugen. Die Verkehrssicherheit im Zusammenhang mit autonomen Fahrzeugen werde durch die Augen jedenfalls erhöht, meinen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler,

(olb)