Warum das Scheitern von Google Stadia eine gute Nachricht ist

Google beendet das Kapitel Stadia endgültig. Es war höchste Zeit, meint Daniel Herbig: Der Markt fürs Cloud-Gaming entwickelt sich anderswo weiter.​

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Zeit, einzupacken: Googles Cloud-Dienst Stadia schließt im Januar.

(Bild: Google)

Lesezeit: 4 Min.
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Damit keine Missverständnisse aufkommen: Das Schicksal von Stadia hat Google bereits im Februar 2021 besiegelt, als das gerade erst gegründetes Entwicklerstudio Stadia Games and Entertainment aufgelöst wurde. Seitdem hing über Stadia das Damoklesschwert des drohenden Google-Friedhofs. Spielerinnen und Spieler zögerten zu Recht, unter diesen Umständen überhaupt noch Zeit und Geld in den Cloud-Dienst zu stecken. Es ist schön, dass diese Unsicherheit jetzt ein Ende hat. Auf mittlere Sicht werden davon auch Fans von Stadia profitieren.

Ein Kommentar von Daniel Herbig

Daniel Herbig berichtet auf heise online über Videospiele, Unterhaltungselektronik und andere Gadgets.

Den Markt für Cloud-Gaming dominierte Google nie, wohl aber den Diskurs. Schon 2018 preschte Google als erste große Tech-Firma seit Langem mit Cloud-Versprechen vor, die nicht nur Hardcore-Gamer, sondern auch den Mainstream abholten: Zocken jederzeit und überall! Völlig neue Arten von Videospielen! Keine überteuerten Grafikkarten mehr!

Doch Google verzettelte sich beim Geschäftsmodell, konnte sich zwischen Abo und Einzelzahlungen nicht so ganz entscheiden und kombinierte schließlich beides: Wer Stadia eine Chance geben wollte, musste zumindest direkt zum Launch erst ein teures Bundle kaufen, später dann monatlich zahlen und zusätzlich für die einzelnen Spiele blechen.

Heute klingt das hirnrissig, vor drei Jahren war es noch schlimmer. 2019 war Cloud-Gaming nämlich noch frisch und oho. Da hatte Google also die Aufmerksamkeit einer gespannten Weltöffentlichkeit, die unbedingt mal ausprobieren wollte, wie sich das Zocken übers Internet nun eigentlich anfühlt. Und dann bekam die potenzielle Kundschaft zum Marktstart derart teure Hürden vor die Füße gebrettert, dass sich schließlich kaum jemand an Stadia heranwagte. Als etwas später die abofreie Version kam, war der Hype schon verflogen.

Doch genau das ist tröstlich am unrühmlichen Ende des Cloud-Dienstes: Das Scheitern von Stadia ist im geschäftlichen Versagen Googles begründet, nicht in technischen Unzulänglichkeiten. Das Streamen von Videospielen funktioniert ordentlich, für viele bleibt es eine ernst zu nehmende Option.

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Der Schiffbruch von Stadia sollte nicht als Omen für andere Angebote missverstanden werden. Aus dem Schatten von Stadia sind mehrere Alternativen gekrochen, die zumindest inhaltlich längst besser sind. Nur wurde Stadia in der Öffentlichkeit noch viel zu lange so behandelt, als sei es die Speerspitze des Marktes. Damit dürfte es jetzt endlich vorbei sein.

Wie man Cloud-Gaming besser macht, zeigen Xbox Cloud Gaming und GeForce Now. Beide verstehen sich im grundsätzlichen Gegensatz zum Google-Modell nicht als zentralisierte Plattform. Bei GeForce Now werden einfach die Spiele gestreamt, die man ohnehin schon auf Steam und Co. besitzt.

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Und Xbox Cloud Gaming ist als Zugabe an das Spieleabo Game Pass gekoppelt, dessen Titel sich auch lokal spielen lassen. Cloud Gaming ist hier eher etwas Beiläufiges, was man mal machen kann, wenn man zum Beispiel gerade unterwegs ist, ganz ohne kostspielige Verbindlichkeiten. Beide Modelle sind eleganter und kundenfreundlicher als Google Stadia. Dass sie sich durchsetzen, ist für Fans des Spielstreamings eine gute Nachricht.

Schließlich entfesselt der Abschied von der Stadia-Plattform erst die hervorragende Technik, die dahintersteckt. Eigentlich wollte Google sie hinter dem eigenen Abo wegsperren, um ein weiteres Quasi-Monopol zu errichten. Weil das Publikum diese Strategie ablehnte, wird Stadia jetzt in Richtung White-Label-Produkt manövriert.

Spätestens, wenn wir in ein paar Jahren unsere Steam-, GoG- und vielleicht sogar Nintendo-Spiele über Serverarchitektur von Google oder anderen Drittanbietern an unsere Handys und Notebooks streamen, wird Stadia als eigenständiger Plattform niemand mehr hinterhertrauern. Ohne Googles Ego wird sich Cloud-Gaming in den kommenden Jahren als selbstverständliche Option etablieren – und zwar wirklich "überall".

Siehe auch:

(dahe)