Belgien zeigt Probleme bei Verlängerung der Laufzeiten von AKW

AKW Tihange in Belgien. Bild: Hullie, CC BY-SA 3.0

Die Grünen bestätigen, dass es bei der "Einsatzreserve" von zwei AKW um Blackout-Verhinderung in Frankreich geht. Belgien belegt derweil, dass ein Weiterbetrieb ohne Sicherheitschecks nicht auskommt. Was daraus für Deutschland folgt.

Wir mussten vor einigen Jahren etliche Sicherheitsanalysen durchführen, damit die Meiler am Netz bleiben dürfen, und nun sollen wir innerhalb von zehn Tagen vor Ende der Betriebsgenehmigung mal eben die Laufzeit verlängern?

Die Worte der belgischen Engie-Sprecherin Anne-Sophie Hugé zum möglichen Weiterbetrieb von belgischen Atomkraftwerken sollte man sich im Rahmen der deutschen Debatte um eine sogenannte "Einsatzreserve", "Notreserve" oder einen "Streckbetrieb" genauer ansehen.

Der belgische Energieversorger Engie reagierte damit auf Forderungen aus der Politik, die Abschaltung von bekannten Riss-Reaktoren Doel 3 und Tihange 2 doch noch zu verhindern. Beide Meiler werden von Engie betrieben. Hugé zeigte sich irritiert darüber, dass die christdemokratische Innenministerin Annelies Verlinden die Atomaufsichtsbehörde (Fanc) mit einer Prüfung darüber beauftragen wollte, ob die Stilllegung von Doel 3 ausgesetzt oder sogar rückgängig gemacht werden könne

"Wir müssen in diesen unsicheren Zeiten der Versorgungssicherheit Vorrang einräumen", machte Verlinden deutlich, dass sie bereit ist, sogar einen Super-GAU hinzunehmen. Auch sie brachte eine Art "Stand-by" für die Reaktoren ins Spiel, ein weiterer Begriff für eine Notreserve oder Einsatzreserve.

Die Äußerungen sorgten auch bei der Fanc für Irritationen und Verwunderung, zumal die Anfrage gerade zehn Tage vor dem geplanten Abschalttermin von Doel 3 kam.

Engie-Sprecherin Hugé wie den Vorstoß von Verlinden rundum zurück: Ein Weiterbetrieb sei reichlich absurd und technisch sowie aus Sicherheitsgründen nicht machbar. Das gelte sowohl für Doel 3 als auch für Tihange 2, dessen Abschaltung spätestens am 1. Februar kommendes Jahres erfolgen soll.

"Es gibt keine Untersuchungen dazu, wie es sich auswirken würde, wenn die Meiler noch länger am Netz blieben", so Hugé. Tatsächlich wurde in Belgien am vergangenen Samstag Doel 3 endgültig abgeschaltet und nun soll mit dem Rückbau begonnen werden.

Es ist seit Langem bekannt, dass es sich bei Doel 3 und Tihange 2 um Riss-Reaktoren oder "Bröselreaktoren" handelt. Seit Jahren berichtet Telepolis über die gefährlichen Meiler im belgisch-deutschen Grenzgebiet.

Die Brennbehälter in beiden Reaktoren weisen gefährliche Risse auf, es finden sich Wasserstoffeinschlüsse. Die Gefahr eines Sprödbruchs wurde in all den Jahren von Laufzeitverlängerungen immer größer, da der Stahl durch den Beschuss mit Neutronen ohnehin immer spröder wird. 40 Jahre war Doel 3 in Betrieb.

Schon vor vier Jahren hat Telepolis berichtet, dass die Riss-Reaktoren längst nur noch mit Spezialmaßnahmen betrieben werden können. So wurde seither das Kühlwasser für die Meiler vorgeheizt.

Je spröder der Stahl wird, desto weniger hält er plötzliche Temperaturunterschiede aus. Würde bei fast 300 Grad Celsius Betriebstemperatur kaltes Wasser zur Notkühlung eingeleitet, wäre die Gefahr groß, dass es zu einem thermischen Schock und zum Spontanbruch kommt. Dabei würde der Druckbehälter bersten.

Aus dieser Perspektive sind die Äußerungen von Engie zu verstehen. Dort weiß man genau, wie es um die Sicherheit in den beiden Meiler steht. Nur mit großem Aufwand hat die Regierung Engie zu einem Kompromiss gebracht, eventuell die Laufzeiten für die "neueren" Atomkraftwerke Doel 4 und Tihange 3 bis 2035 zu verlängern.

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