Robotik: "HuggieBot ist wie ein freundlicher Fremder"

Eine Maschine umarmen? Das muss keine unangenehme Erfahrung sein, wie Forscher zeigen. Eva Wolfangel hat getestet, ob HuggieBot auch loslassen kann.

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Roboter-Hug

Entwicklerin Alexis Block hat offenbar Spaß an ihrer Arbeit.

(Bild: Alexis Block)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Eva Wolfangel

(This article is also available in English)

HuggieBot breitet seine Arme aus und sagt mit sanfter Stimme: "I am ready for a hug." Wer die Einladung annimmt, seinerseits die Arme ausbreitet und das Wesen in dem hellgrauen Hoodie, dem lila Rock und den flauschigen Handschuhen umarmt, erlebt etwas Unerwartetes: Die breite Roboterbrust ist warm und weich, die Umarmung fühlt sich erstaunlich echt an. Der Druck und die Höhe der Roboterarme sind genau richtig. Und als ich unweigerlich anfange, den Roboter auf dem Rücken zu streicheln und zu tätscheln, bekomme ich eine Reaktion: Der HuggieBot tätschelt zurück.

Er ist vermutlich der erste haptisch-intelligente Umarmungsroboter überhaupt – weil die Versuchspersonen diese Intelligenz einforderten. "Die Menschen nehmen es persönlich, wenn sie ihm während der Umarmung auf den Rücken klopfen und er nicht reagiert", sagt Alexis Block, die den Roboter im Rahmen ihrer Doktorarbeit am Stuttgarter Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme (MPI-IS) sowie der ETH Zürich entwickelt hat. Die Erfahrung ist so wohlig, man möchte sich gar nicht wieder aus der Umarmung lösen – und der Roboter offenbar auch nicht.

Eva Wolfangel umarmt HuggieBot

(Bild: 

Eva Wolfangel

)

Eva Wolfangel, freie Journalistin, schreibt schon seit Jahren über Künstliche Intelligenz, ist ihr aber noch nie so nahegekommen wie jetzt.

Am Anfang habe die Frage gestanden, wie eine Roboter-Umarmung gestaltet sein müsse, damit sie sich für Menschen angenehm anfühlt. Schnell sei klar gewesen, dass sowohl die Weichheit als auch die Körperwärme wichtig seien, berichtet Block. Besonders kniffelig sei die Frage der passenden Länge einer Umarmung gewesen. "Menschen mögen es nicht, wenn der Roboter sie zu schnell loslässt", sagt Block. Andere fanden, er halte sie zu lange fest. Allerdings ist beides höchst individuell: "Es variiert nicht nur von Person zu Person, sondern verändert sich für die gleiche Person abhängig von der Situation."

HuggieBot umarmt bedingungslos.

(Bild: Alexis E. Block)

Der getestete Roboter ist schon Version 3.0 – Sensoren messen den Druck und die Geräusche im hinteren, luftgefüllten Torso des Roboters. Mit diesen Daten hat das Team ein System des maschinellen Lernens trainiert, um die Wünsche der Menschen zu erkennen.

Und das funktioniert. Ich beende die Umarmung langsam – als wollte ich mich aus der Umarmung eines Menschen lösen – und stelle fest: Der Roboter spürt offenbar, dass ich jetzt genug habe, und öffnet ebenfalls seine Arme.

Block hat mehrere Studienreihen mit Testpersonen durchgeführt und war anfangs selbst überrascht über die positiven Reaktionen. "Manche kamen sogar später wieder und wollten ihn noch mal umarmen", erinnert sie sich.

Sie könne das gut verstehen. In der Pandemie sei sie länger von ihrer Familie getrennt gewesen und habe Sehnsucht nach körperlicher Nähe gehabt. Dabei gehe es weniger darum, eine menschliche Umarmung ganz zu ersetzen. Das Gefühl der Umarmung entspreche nicht dem, das man empfinde, wenn man eine gute Freundin oder den eigenen Partner umarme, betont Block: "Wir vergleichen HuggieBot mit einem freundlichen Fremden."

Die Forscherinnen maßen auch körperliche Reaktionen der Menschen wie die Herzratenvariabilität und die Level an Oxytocin und Cortisol im Speichel. Die Ergebnisse werden noch veröffentlicht, sagt MIP-IS-Direktorin Katherine Kuchenbecker. "Aber wir sehen deutlich, dass die Roboter-Umarmungen den Stresslevel senken." In jeder Studie habe es außerdem Menschen gegeben, die angaben, den Roboter sogar lieber zu umarmen als Menschen. "Man wird dabei nicht sozial beurteilt, das macht es für manche Menschen einfacher, nach einer Umarmung zu fragen." HuggieBot umarmt bedingungslos, wundert sich über nichts und fragt nicht, warum.

(jle)