Staatstrojaner: Hackerbehörde Zitis interessiert sich für Spyware Predator

Die Bundesregierung hat Kontakte der Zitis mit dem Konsortium Intellexa für den Erwerb der Spähsoftware Predator eingeräumt. Türöffner soll Schmidbauer sein.

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(Bild: Sashkin/Shutterstock.com)

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Die Zentrale Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich (Zitis) lotet Optionen zum Kauf des umstrittenen Staatstrojaners Predator aus, dessen Fähigkeiten der berüchtigten Spyware Pegasus der in Israel beheimateten NSO Group ähneln sollen. Die Bundesregierung gibt sich in dieser Angelegenheit zwar insgesamt bedeckte, ließ nun aber zumindest durchblicken: "Zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben hinsichtlich der Weiterentwicklung von Cyberfähigkeiten im Bereich der informationstechnischen Überwachung" stehe die Zitis seit 2021 mit Vertretern des Unternehmens Intellexa beziehungsweise der Tochterfirma Cytrox in Kontakt, die Predator vertreiben.

Dabei gehe es darum, "im Rahmen einer Marktsichtung Informationen über das Portfolio" des undurchsichtigen Konzerngeflechts zu erhalten, schreibt die Exekutive laut den Berichten von SWR und "Welt" in einer Antwort auf eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag zum möglichen Einsatz von Produkten von Intellexa oder Cytrox bei deutschen Sicherheitsbehörden. "Dies beinhaltet ebenso eine Beschäftigung mit den von dem Unternehmen angebotenen Produkten und Leistungen."

Die in München angesiedelte Zitis ist als Hackerbehörde bekannt. Sie soll andere Ämter vor allem im Sicherheitsbereich wie Polizeien und Geheimdienste in Fragen der digitalen Forensik, Telekommunikationsüberwachung und Kryptoanalyse unterstützen. Eine ihrer Kernaufgaben liegt in der Beschaffung und Entwicklung von Staatstrojanern, um Verschlüsselung umgehen und Eingriffe in IT-Systeme im Rahmen der Quellen-TKÜ oder von heimlichen Online-Durchsuchungen bewerkstelligen zu können.

Ob die Predator-Sondierung der Zitis erfolgreich war und die Spähsoftware inzwischen im Besitz deutscher Behörden ist, ließ die Regierung offen. Bereits bekannt ist, dass sich der Bundesnachrichtendienst (BND) und das Bundeskriminalamt (BKA) Pegasus beschafft haben.

Nach Recherchen von SWR und "Welt" betätigte sich offenbar der frühere Geheimdienstkoordinator Bernd Schmidbauer als Lobbyist und Türöffner für Intellexa bei Bundesbehörden. Der ehemalige CDU-Politiker geriet zuletzt nach der Wirecard-Pleite in die Schlagzeilen. Im Februar 2022 gab es laut den Berichten einen Kontakt zwischen Schmidbauer und dem Zitis-Präsidenten Wilfried Karl in Sachen Intellexa, der vom BND kommt. Im Mai soll es Gespräche mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz gegeben haben.

Schmidbauer soll auch den inzwischen strafversetzten Ex-Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Arne Schönbohm, im November 2021 telefonisch und per Mail kontaktiert haben, um ein Treffen mit dem Predator-Hersteller zu vereinbaren. Dazu sei es nach einem Austausch mit der zuständigen Fachabteilung aber nicht gekommen. Der Erwerb von Staatstrojanern für offensive Einsatzzwecke zählt offiziell nicht zum BSI-Aufgabenspektrum. Ein Regierungssprecher wollte solche Termine "grundsätzlich" nicht kommentieren.

Intellexa steht seit vielen Monaten vor allem im Zentrum des griechischen Spähskandals. Die handfeste Überwachungsaffäre begann im Sommer, als der Vorsitzende der Oppositionspartei Pasok, Nikos Androulakis, Predator auf seinem Smartphone entdeckte. Im August räumte die Regierung ein, dass bei ihm eine klassische Telekommunikationsüberwachung durchgeführt worden sei. Es habe sich aber um eine legale Abhöraktion gehandelt, nicht um einen Einsatz von Spähsoftware, der in Griechenland rechtswidrig gewesen wäre.

Seitdem fand eine immer größer werdende Gruppe von Politikern und Journalisten heraus, dass auf ihren Mobiltelefonen offenbar Predator installiert wurde. Im Spätherbst machte etwa der Investigativ-Reporter Tasos Telloglou seine persönlichen Erfahrungen mit der "dystopischen" Überwachung durch die Spionagesoftware und Bespitzelung vor Ort öffentlich. Der Stabschef Grigoris Dimitriadis sowie der griechische Geheimdienstchef traten inzwischen von ihren Posten zurück.

Parlamentarier und Kontrolleure vor Ort sowie der europäische Pegasus-Untersuchungsausschuss bemühen sich, Licht ins Dunkel zu bringen. Staatsanwalt Isidoros Dogiakos vom griechischen Obersten Gerichtshof untersagte es der nationalen Datenschutzbehörde ADAE aber jüngst, in einschlägigen Fällen weitere Untersuchungen durchzuführen.

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Als starker Mann hinter und Gründer von Intellexa gilt Tal Dilian. Der Ex-Offizier hatte zuvor einflussreiche Posten im israelischen Sicherheits-, Militär und Geheimdienstapparat inne. Der juristische Hauptsitz seines aktuellen Firmenkonglomerats liegt unter dem Name Thalestris offenbar in Irland. Töchter soll es unter anderem in Griechenland, der Schweiz, auf Zypern und den Britischen Jungferninseln geben. Zuletzt erwirtschaftete die Gruppe laut ihres Jahresabschlusses für 2020 Umsätze von 20,8 Millionen Euro, davon 4,3 Millionen Euro in Europa.

(bme)