Weibliche Eizellen einfrieren? Online-Tool soll bei der Entscheidung helfen

Um das Verfahren des Einfrierens von Eizellen gibt es viele Versprechungen und Fehlinformationen. Ein Tool soll über Kosten und Risiken objektiv aufklären.

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(Bild: Nick Little)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Jessica Hamzelou
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Wollen wir Kinder haben? Für viele Paare stellt sich diese Frage früher oder später. Eine Option ist es, Einzellen einfrieren zu lassen, um sich irgendwann in der Zukunft den Kinderwunsch zu erfüllen. Oft wird dieser Ansatz als eine Art "Fruchtbarkeitsversicherung" angepriesen. Dabei ist es nicht klar, wie erfolgreich das Verfahren für die einzelne Frau sein wird, welche Kosten auf Nutzerinnen zukommen und wie die Erfolgsraten je nach Alter variieren. Daher haben Forscherinnen und Forscher der University of Melbourne ein Online-Tool entwickelt, das eine Entscheidungshilfe für Menschen darstellen soll, die das Einfrieren von Eizellen in Erwägung ziehen.

Das Online-Tool vermittelt zunächst die Fakten über das Einfrieren von Eizellen – wie es funktioniert, was wir über die Ergebnisse und Risiken wissen und wie sich die Menschen während und nach dem Verfahren fühlen könnten. Die Hormonbehandlungen, die für den Überschuss an Eizellen für die Entnahme sorgen, können zum Beispiel Stimmungsschwankungen, Blähungen und Kopfschmerzen verursachen. Außerdem besteht ein geringes Risiko eines ovariellen Hyperstimulationssyndroms, einer potenziell schwerwiegenden Komplikation, die zu Atembeschwerden und in seltenen Fällen zu Blutgerinnseln in Lunge und Beinen führen kann.

Im nächsten Schritt sollen die Nutzerinnen selbst potenzielle Vor- und Nachteile einzuschätzen. Ein Vorteil ist zum Beispiel, dass man sich auf die Zukunft vorbereitet fühlt. Ein Nachteil wäre es, dass das Einfrieren von Eizellen keine Garantie für ein Baby ist.

Anhand dieser Antworten wird eine Gesamtbewertung erstellt, die auf einer Skala eingeordnet werden kann. Neigt die Person zum Einfrieren von Eizellen oder ist sie dagegen? Den Nutzerinnen werden auch Hinweise gegeben, wo sie weitere Informationen finden können, zum Beispiel bei einem Hausarzt, einem Fruchtbarkeitsspezialisten oder einem Berater.

Dass ein solches Online-Tool hilfreich sein kann, lässt ein Blick in die Statistik vermuten: Etwa 16 Prozent der Frauen, die ihre Eizellen einfrieren lassen, bereuen ihre Entscheidung. Nach Einschätzung der Soziologin für Frauengesundheit am University College London, Zeynep Gurtin, sollten potenzielle Nutzerinnen des Verfahrens über vier Punkte informiert sein: die Erfolgsraten, die Risiken, die Nebenwirkungen und die Kosten.

Immerhin letztgenannter Punkt ist klar: Eizellen einfrieren ist teuer. Es könnten zehntausende von Euros für die Hormonbehandlungen anfallen, dazu kommen die Eizellenentnahme und die Gebühren für die jahrelange Kryokonservierung. Zudem ist die Methode selbst nicht ohne Risiken – und die Erfolgsquote nebulös.

Zwar haben viele Frauen ihre Eizellen einfrieren lassen, aber nur ein Bruchteil hat sie wieder verwendet, sagt Gurtin. Das liegt zum Teil daran, dass die Technologie noch relativ neu ist – das Einfrieren von Eizellen wurde erst vor etwa 10 Jahren als "experimentell" eingestuft. Menschen, die ihre Eizellen vor fünf Jahren eingefroren haben, sind möglicherweise noch nicht bereit für eine Schwangerschaft, oder sie sind ohne sie schwanger geworden.

Vorliegenden Daten deuten darauf hin, dass etwa 21 Prozent der Frauen, die ihre Eizellen einfrieren lassen, diese schließlich nutzen, um Mutter zu werden. In dieser Zahl sind auch Frauen enthalten, die ihre Eizellen aus medizinischen Gründen einfrieren lassen – beispielsweise als Vorsichtsmaßnahme vor einer Chemotherapie, die gesunde Eizellen schädigen könnte. Betrachtet man die Frauen, die ihre Eizellen nicht aus medizinischen, sondern aus sozialen Gründen einfrieren lassen, schrumpft diese Zahl auf 17 Prozent.

Einer Studie zufolge liegt die durchschnittliche Chance, dass aus einer eingefrorenen Eizelle ein Baby entsteht, bei 5,9 Prozent. Dabei glauben 6 Prozent der Freiwilligen in dieser Studie, dass die Chance, nach dem Einfrieren von Eizellen ein Baby zu bekommen, bei 100 Prozent liegt.

Eine Ursache dieses Irrglaubens sind Fehlinformationen. Das Einfrieren von Eizellen ist ein großes Geschäft, und man hat festgestellt, dass Fruchtbarkeitskliniken bei der Beschreibung der Erfolgsquoten ihrer Verfahren die Zahlen etwas frisieren. In einer im vergangenen Jahr veröffentlichten Studie stellten Gurtin und ihre Kollegin Emily Tiemann fest, dass die Websites der Kliniken eher überzeugend als informativ formuliert sind.

Fruchtbarkeitskliniken neigen dazu, die Vorteile des Einfrierens von Eizellen zu betonen, während sie die Risiken und Kosten herunterspielen, so die beiden. Schließlich geht es den Kliniken darum, ein Geschäft zu machen. Diese Ergebnisse spiegeln die Ergebnisse ähnlicher Studien aus den USA und Australien wider.

Bleibt zu hoffen, dass das neu entwickelte Online-Tool Licht ins Dunkle bringt. Das Tool wird derzeit in einer Gruppe von freiwilligen Forscherinnen getestet und ist noch nicht allgemein verfügbar. Für künftige Nutzerinnen hat es aber das Potenzial, mehr Transparenz in das Verfahren zu bringen, über die Kosten zu informieren und Falschinformationen auszuräumen.

(jle)