Datenschützerin kritisiert zunehmende Überwachung der Bevölkerung

Die nordrhein-westfälische Datenschutzbeauftragte Bettina Sokol zieht dagegen eine positive Bilanz des Informationsfreiheitsgesetzes von NRW.

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Von
  • Jürgen Kuri

Die nordrhein-westfälische Datenschutzbeauftragte Bettina Sokol hat einen deutlichen Abbau von Persönlichkeits- und Freiheitsrechten kritisiert. Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 seien die Möglichkeiten zur Überwachung der Bevölkerung ausgebaut worden, sagte Sokol bei der Vorlage des 16. Datenschutz- und 1. Informationsfreiheitsberichtes 2003. Die Nachrichtendienste könnten jetzt personenbezogene Auskünfte bei Banken, Fluggesellschaften sowie Post- und Telekommunikationsunternehmen einholen.

Auch bei der Telefonüberwachung seien die Befugnisse der Strafverfolgungs- und Verfassungsschutzbehörden erweitert worden, kritisierte die Datenschutzbeauftragte, und führte dabei auch die Genehmigung zur Nutzung von IMSI-Catchern an. Sokol, die in Nordrhein-Westfalen auch dafür zuständig ist, die Einhaltung der Bestimmungen im Informationsfreiheitsgesetz zu überwachen, befürchtet, dass durch diese Entwicklungen notwendigerweise immer auch eine Vielzahl völlig unbeteiligter Personen von solchen Maßnahmen betroffen seien. "Sehr stark kann auch in die Rechte von Ausländerinnen und Ausländern eingegriffen werden," betonte Sokol, da etwa die Ausländerbehörden zum verlängerten Arm des Verfassungsschutzes gemacht werden sollten.

Sokol warnte ausdrücklich vor einer Ausweitung der Video-Überwachung. Die Zahl der auf Straßen und Plätzen, in Banken, Tankstellen und Kaufhäusern sowie in öffentlichen Verkehrsmitteln installierten Kameras sei erschreckend. "Video-Überwachung ist kein Allheilmittel", sagte Sokol. Sie kritisierte vor allem, dass die Rechte der Polizei zum Einsatz von Überwachungskameras erweitert werden sollen. Bisher darf die Polizei Videokameras nur bei erheblichen Straftaten einsetzen. Ein Gesetzentwurf der Landesregierung sieht vor, dass diese Einschränkung künftig weitgehend fällt.

Im nicht-öffentlichen Bereich wachse eine Kultur des Misstrauens, bemängelte die Datenschützerin. "Im Internet sprießen so genannte Warndateien wie Pilze aus dem Boden", sagte Sokol. Ein Beispiel sei eine Mieter-Warndatei, die eine Auskunftei in Nordrhein-Westfalen anbiete. Eine solche Datei, in der sich Vermieter gegenseitig über vermeintlich unzuverlässige Mieter informieren, sei nicht grundsätzlich verboten, sagte Sokol. Die geltende Rechtslage erlaube solche Dateien aber nur in engen Grenzen. In die Dateien dürften beispielsweise nur rechtskräftige Urteile zu fristlosen Kündigungen aufgenommen werden. Sokol sprach sich dafür aus, solche Mieter-Warndateien grundsätzlich per Gesetz zu verbieten. Sie regte deshalb eine Bundesratsinitiative Nordrhein-Westfalens an.

Eine erste Bilanz des Informationsfreiheitsgesetzes, das in Nordrhein-Westfalen vor rund einem Jahr verabschiedet wurde, fällt laut Sokol "überwiegend positiv" aus: "Mit dem Informationsfreiheitsgesetz sind die Rechte der Bürgerinnen und Bürger gestärkt worden. Transparenz von Verwaltungsentscheidungen ist ein wichtiger Bestandteil einer funktionierenden Demokratie." (jk)