Strom-Bremsen zu Spitzenlastzeiten: Regierung rechnet nicht mit Komforteinbußen

Das neu gefasste Energiewirtschaftsgesetz sieht vor, dass Strom dynamisch reduziert werden kann. Die Bundesregierung beantwortete dazu ein paar Fragen.

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Strommasten in Bremen.

(Bild: heise online / anw)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Andreas Wilkens

Falls es zur dynamischen Rationierung von Strom kommt, würden betroffene Verbraucherinnen und Verbraucher kaum eine Komforteinbuße spüren. Davon geht die Bundesregierung aus, sie stützt sich dabei auf eine Einschätzung der Bundesnetzagentur. Ein Mindestbezug soll auch nach dem Paragraf 14a des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) stets gewährleistet bleiben, ein reduzierter Strombezug zu Spitzenglättung nur vorübergehend passieren. Der Paragraf sieht für Verbraucher reduzierte Netzentgelte vor, die mit Netzbetreibern eine netzorientierte Steuerung von Verbrauchseinrichtungen oder von Netzanschlüssen vereinbaren.

Schon zu Zeiten der vorigen Bundesregierung wurde das Modell der "Spitzenglättung" diskutiert. Vor dem Hintergrund, dass unter anderem mit Elektroautos und Wärmepumpen voraussichtlich immer mehr Stromverbraucher in den Markt kommen, könnte mit Stromrationierung einer möglichen Netzüberlastung begegnet werden, wie sie beispielsweise Bundesnetzagenturpräsident Klaus Müller befürchtet. Im Januar dieses Jahres wurde ein Eckpunktepapier der zuständigen Bundesnetzagentur bekannt, wie Paragraf 14a konkret umgesetzt werden könnte. Darauf bezieht sich nun eine Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

In der Antwort heißt es, momentan könnten 51 von 57 Verteilnetzbetreibern Betriebsmittel in der Hochspannung zentral schalten. In der Niederspannung, dem Haushaltsstrom, könne zurzeit keiner der Verteilnetzbetreiber Netze dynamisch steuern. In diesem Zusammenhang hieß es voriges Jahr aus dem Bundeswirtschaftsministerium, "Lastverlagerungen zu netzdienlichen Zwecken sind ein wichtiger Anwendungsfall für intelligente Messsysteme". Neben Wärmepumpen und Elektroautos sollen auch Batteriespeicher betroffen sein, da sie ähnlich hochflexibel seien, schreibt nun die Bundesregierung.

Mögliche Komforteinbußen hatte wörtlich Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), gegen Spitzenglättungen für Elektroauto-Besitzer angeführt. Sie würden Chancen verringern, Menschen zum Umstieg auf die E-Mobilität zu bewegen. Die Bundesregierung schreibt nun, von der neuen Regelung im EnWG würden unter anderem nicht öffentlich zugängliche Ladepunkte für Elektromobile betroffen sein. Dabei betont die Regierung, im Rechtsrahmen für die Verteilnetzplanung, die mit dem "Osterpaket" verabschiedet wurde, seien der Hochlauf der Elektromobilität und jener der Wärmepumpen einzubeziehen. Bei den diskutierten Eckpunkten handele es sich um einen ersten Entwurf für Konsultationen.

Während die Vorgängerregierung auch die Option einbezog, dass manche Verbrauchsstellen wie Ladestationen vorübergehend gar keinen Strom beziehen, setzt die aktuelle Regierung auf marktwirtschaftliche Instrumente. Dazu erläutert sie nun, dass Verbraucher mit und ohne steuerbare Verbrauchseinrichtung ihren üblichen Haushaltsbedarf wie bisher beziehen könnten, und zwar nach den im Eckpunktepapier vorgesehenen Untergrenzen. Das reduzierte Netzentgelt für Verbraucher mit steuerbarer Verbrauchseinrichtung würde von allen Haushalten getragen. Durch die anstehende Digitalisierung der Niederspannung und weil Netzbetreiber dadurch steuernd eingreifen könnten, werde sich die Auslastung der vorhandenen Kapazität verbessern. Dies dämpfe wiederum den Arbeitspreis.

Zudem müssten Netzbetreiber laut den Eckpunkten der Bundesnetzagentur einen Netzbereich ausbauen, wenn hinter einem Trafo oder in einem Strang bereits Steuerungen nach dem geplanten Paragraf 14a EnWG durchgeführt wurden und mit weiteren Maßnahmen zu rechnen ist. Das geltende EnWG sieht vor, dass Netzbetreiber alle zwei Jahre einen Netzausbauplan erstellen. "Strom-Bremsen" sollen lediglich eine Ultima Ratio sein und die Zeit überbrücken helfen, bis das Stromnetz ertüchtigt sein wird.

(anw)