Maschineller Stilvergleich: KI entdeckt Komödie von Lope de Vega

Künstliche Intelligenz spricht eine bislang anonyme Komödie einem der wichtigsten spanischen Dichter zu. Ein Durchbruch.

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Alte, aufgeschlagene Bibel

Symbolbild

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Felix Lope de Vega (1562-1635) gilt als äußerst produktiver Dichter des Goldenen Zeitalters Spaniens in der frühen Barockzeit. Er hat mindestens 1000 Werke, darunter das Drama Fuente Ovejuna und den Klassiker El caballero de Olmedo verfasst. Teils gilt er bereits als Verfasser von rund 1500 Schriften. Ein Stück kommt nun weitgehend gesichert dazu: Forscher haben mithilfe Künstlicher Intelligenz (KI) ausgemacht, dass auch die Komödie La francesa Laura (Die Französin Laura) aus der Feder Lopes stammt. Das Theaterstück fristete seit 1886 im reichen Fundus der spanischen Nationalbibliothek ein anonymes Dasein.

Die Maschinen ordneten das vergleichsweise ernst gehaltene Stück über eine verheiratete französische Adlige, die sich der Avancen des Thronfolgers von Frankreich erwehren muss, dem Spätwerk Lopes zu. Er soll es fünf oder sechs Jahre vor seinem Tod, also zwischen 1628 und 1630, geschrieben haben. Dies geht aus einem Aufsatz hervor, den die Forscher Álvaro Cuéllar von der Universität Wien und Germán Vega García-Luengos von der Universidad de Valladolid vor wenigen Tagen im Jahrbuch über den Dichter veröffentlicht haben. Zusätzliche traditionelle philologische Analysen haben demnach die Autorenschaft bestätigt.

María José Rucio, Expertin für Handschriften und Inkunabeln der Nationalbibliothek, freute sich über den überraschenden Hinweis nach all den Jahren. Sie geht in einer Mitteilung von einem Durchbruch aus, von dem die Sprach- und Literaturwissenschaft noch stärker profitieren dürfte: Die Entdeckung wird ihr zufolge dank der neuen technischen Möglichkeiten "wahrscheinlich nicht die letzte sein". Allein die spanische Bibliothek hat rund 85.000 Manuskripte im Archiv, darunter 11.500 Theaterstücke. Bei vielen davon ist der Autor unbekannt.

Den ersten technischen Hinweis auf Lope fanden die Wissenschaftler mit dem KI-Programm Transkribus, das aus einem EU-Projekt an der Universität Innsbruck hervorgegangen ist. Das System ist darauf ausgelegt, historische Texte zu erkennen, Manuskripte automatisch zu transkribieren und in digitale Dokumente umzuwandeln. Die entsprechende Datei für "Die Französin Laura" findet sich bereits in der spanischen Digitalbibliothek.

Die Forscher trainierten Transkribus mit etwa 1300 Werken aus dem Goldenen Zeitalter der spanischen Literatur. Das Programm konnte die Stücke im Anschluss binnen weniger Stunden digitalisieren, während für eine herkömmliche manuelle Transkription wohl mehrere Jahre erforderlich gewesen wären. Für den nächsten Schritt luden Vega und Cuéllar die bereinigte Transkription von Die Französin Laura auf die von ihnen entwickelte Plattform ETSO (Estilometría aplicada al Teatro del Siglo de Oro). "Es handelt sich um einen Korpus, der etwa 2800 Komödien von 350 Autoren enthält, die fast alle aus dem 17. Jahrhundert stammen, aber auch einige aus dem 16.", erklärte Vega der Tageszeitung El País. Die Datenbank soll helfen, die Urheberschaft der Werke zu entschlüsseln.

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Ein drittes Programm, genannt Stylo, vergleicht laut Vega anhand der literaturwissenschaftlichen Methode Stilometrie den auf ETSO hochgeladenen Text mit allen anderen darin enthaltenen Stücken. Dafür wird beispielsweise die Häufigkeit von Funktionswörtern oder grammatikalischen Elementen mithilfe statistischer Verfahren automatisiert erfasst. Im Fall von Die Französin Laura stellte das System fest, dass jene hundert Werke, mit denen die Komödie am engsten verwandt ist, fast alle von Lope de Vega stammen. Das ähnlichste von allen ist seine Tragödie El castigo sin venganza (Strafe ohne Rache) von 1631.

(ds)