SPD und Grüne versuchen sich im Umgang mit der Piratenpartei

Langsam kommt Schwung in den Bundestagswahlkampf. Für den Bundestagsabgeordneten Thomas Opperman sind die Piraten intolerant. Grüne Politiker hingegen verweisen auf die Fraktionsgemeinschaft des schwedischen Piraten mit den Grünen im Europaparlament.

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Spätestens seitdem die Piratenpartei bei der Europawahl im Juni in Deutschland 0,9 Prozent der Stimmen erhielt, dürfte die Partei bei den Etablierten Aufmerksamkeit erregt haben. Laut einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Info im Auftrag des Handelsblatts unter 1500 Wahlberechtigten könnte die Piratenpartei bei der Bundestagswahl am 27. September sogar auf 2 Prozent kommen. In Interviews und anderen Äußerungen, die vor Bekanntwerden der Umfrage veröffentlicht wurden, wird deutlich, dass sich die SPD von der neuen politischen Kraft strikt abzugrenzen versucht, während die Grünen mit ihr glimpflicher umgehen.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Thomas Oppermann meint, die Piratenpartei sei eine vorübergehende Erscheinung. In einem Interview mit Spiegel online sagte der "Schatten-Innenminister" des Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier, er finde die Piratenpartei intolerant. Sie plädiere für die Freiheit des Internets, aber nur dann, wenn jemand Regeln fordere. Beim Download von Musik und Literatur sei es für die Piraten selbstverständlich, sich im Internet das anzueignen, was andere erarbeitet haben, ohne dafür zu zahlen. "Das ist kriminell und unsozial."

Die Grünen-Spitzenkandidatin Renate Künast argumentiert in der Berliner Zeitung kurz in Oppermanns Richtung. "Wir wollen Freiheit, aber keinen rechtsfreien Raum." Es gehe nicht nur um die Verbreitung von Kinderpornos. Ein großes Thema sei der Schutz von Urheberrechten, die im Internet missachtet werden. Bei den Themen Datenschutz und Freiheit im Internet haben die Grünen nach ihrer Meinung eine solide Basis. Diese Themen hätten die Piraten für sich entdeckt, während die Grünen in ihrer Gründungszeit mit der Umwelt ein Thema aufgegriffen hätten, um das sich niemand gekümmert habe.

Insgesamt sei die Piratenpartei keine Konkurrenz für die Grünen, ihr Anliegen müsse aber ernst genommen werden. Künast verwies wie Cem Özdemir, Bundesvorsitzender der Grünen/Bündnis 90, darauf, dass sich der einzige Piraten-Abgeordnete im Europaparlament aus Schweden der Fraktion der Grünen angeschlossen habe. Özdemir meinte in einer Fragerunde im Social Network MeinVZ unisono mit Künast: "Vieles, was jetzt an Themen von der Piratenpartei entdeckt wird, ist längst grüne Programmatik, dafür setzen wir uns seit vielen Jahren ein."

Insbesondere seit der Bundestags-Abstimmung über die Internetsperren für Kinderpornografie dürfte die Piratenpartei einigen Zulauf erhalten haben. Während die Fraktion der SPD, darunter Oppermann, bis auf wenige Ausnahmen dafür stimmte, hat sich ungefähr ein Drittel der Grünen, die wie Künast sonst gegen das Gesetz gestimmt hatten, enthalten. Die Piratenpartei ist zur Bundestagswahl zugelassen.

Zur Bundestagswahl im September 2009 siehe auch:

Zu den Wahlprogrammen für die Bundestagswahl 2009 siehe auch:

(anw)