Abmahn-Rechteinhaber als illegale Pornographieschleuder? [Update]

Ein Nutzer eines modifizierten eMule-Clients meint, nur durch das gezielte Anbieten eines Pornofilms seien Rechteinhaber an die für eine Abmahnung verwendeten Daten gekommen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 336 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Peter Mühlbauer

Eine Abmahnung wegen angeblicher Verbreitung geschützter Werke ist eine unangenehme Angelegenheit, insbesondere wenn es dabei um einen Porno geht. Auch die Erotikbranche schickt ihre Anwälte los, wenn ihre Produkte in Filesharing-Netzen verbreitet werden, und bedient sich dabei der von Musik- und Filmindustrie hinlänglich bekannten Mittel. Einem Softwareentwickler aus Hannover flatterte jüngst eine Standardabmahnung eines Rastatter Unternehmens ins Haus, das Rechte an Filmen der deutschen Produktionsfirma "Purzel Video" vertritt. Doch liegt der Fall hier ein bisschen anders als sonst – und wirft damit Fragen über die Abmahnpraxis auf.

Der Entwickler hatte nach eigenen Angaben über das Filesharingnetz ED2K eine Datei heruntergeladen, die den Namen einer Webdesign-Software trug, sich dann aber als Purzel-Porno entpuppte. Anfang August erhielt der Hannoveraner das Abmahnschreiben, das seine IP-Adresse, seinen Client, seinen Provider und ein Timestamp enthält. Im Auftrag der Rechteinhaber mahnt eine Ettlinger Rechtsanwaltskanzlei eine angebliche "unerlaubte Zugänglichmachung nach §19a des Urheberrechtsgesetzes (UrhG)" ab und fordert eine Unterlassungserklärung sowie 650 Euro.

Allerdings hatte der Softwareentwickler einen von ihm selbst modifizierten aMule-Client verwendet. Die Änderungen am Code bewirken seinen Angaben zufolge, dass sein Programm sich nur mit solchen Clients verbindet und die IP-Nummer an sie weitergibt, von denen es selbst auch Downloadpakete erhält. Daher geht der Entwickler davon aus, dass zur Ermittlung seiner Verbindungsdaten die abgemahnte Datei von den Rechteinhabern selbst zum Download angeboten worden sein muss. Seine schriftliche Anfrage, wie genau die Firma an seine Daten kam, blieb bisher unbeantwortet.

Damit könnten sich die Ermittler möglicherweise der illegalen Verbreitung von Pornographie schuldig gemacht haben. In Deutschland ist Pornographie grundsätzlich zwar legal, ihre Verbreitung dagegen ist aus Gründen des Jugendschutzes strengen Beschränkungen unterworfen. So dürfen Filme beispielsweise nicht mit der Post verschickt werden und Internet-Angebote müssen mit aufwändigen Zugangsbeschränkungen versehen sein. Vertreibt jemand Pornographie, ohne solche Schutzmaßnahmen zu beachten, macht er sich möglicherweise nach §184 StGB strafbar.

Die mehr oder weniger direkt ausgesprochene Drohung mit einer zusätzlichen Strafanzeige wegen Verbreitung pornographischen Materials ist ein Grund dafür, warum Porno-Abmahnungen häufig stillschweigend bezahlt werden. Vermutungen, dass Rechteinhaber ihre Werke unter falschem Namen selbst in Filesharingsysteme einstellen, um mit dem Abmahnen dieser Werke Geld zu verdienen, konnten bisher nicht bewiesen werden.

Die Rastätter Firma, die in dem Telepolis vorliegenden Abmahnschreiben als Rechteinhaber genannt wird, hat ihrer Rechtsanwaltskanzlei zufolge die Daten mit einer nicht näher benannten "Spezialsoftware" ermittelt. Bei der Firma selbst war am Montagvormittag niemand für eine Stellungnahme erreichbar. Nun überlegt der Programmierer sowohl, bis zum Ablauf der Frist eine modifizierte Unterlassungserklärung abzugeben, als auch, Strafanzeige gegen Unbekannt zu stellen und der Polizei den Sachverhalt zukommen zu lassen, um auf diese Weise eine Klärung der Frage zu erzwingen, ob die Rechteinhaber illegal Pornographie verbreitet haben.

Update: Die Rechteinhaberfirma aus Rastatt teilte in einer schriftlichen Stellungnahme dazu mit, dass sie mit einer "speziell entwickelten Monitoringsoftware" arbeite, "die lediglich den angebotenen Upload eines Users protokolliert und zur Beweissicherung archiviert." Dieses Programm zeige nur "die in der Überwachung befindlichen Dateien" und böte "keine Dateiinhalte zum Upload an". Darauf, wie das Unternehmen trotz der Modifikationen im Client des Users an die IP-Nummer des Abgemahnten kam, ging es in der Erklärung nicht ein. (pem)