HDMI-Panne: Schneller Medienwechsel funktioniert bei einigen HDMI-Geräten nicht

Der HDMI-2.1-Bug ist manchem noch gut in Erinnerung, da muss das Konsortium hinter der digitalen Audio-/Videoschnittstelle die nächste Panne einräumen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 78 Kommentare lesen
Three,Color.,3d,Illustrationed,Hdmi,Cables,Isolated,On,Blue,Background.

(Bild: Talaj/Shutterstock.com)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Nico Jurran

Der Satz, der in der von LG jüngst veröffentlichten Pressemitteilung über die technischen Fähigkeiten der neuen OLED-Fernseher des Unternehmens zu lesen ist, sticht zunächst nicht sonderlich hervor: "Die 2023er LG OLED TV-Modelle sind [...] die ersten Fernseher, die von der HDMI-Organisation für die kürzlich angekündigte Quick Media Switching Variable Refresh Rate (QMS-VRR) zertifiziert wurden" heißt es dort, gefolgt von einer kurzen Erläuterung, was es mit dieser Funktion auf sich hat.

Vereinfacht gesagt verhindert QMS, dass der TV-Bildschirm kurz schwarz wird, wenn der Zuspieler die Bildwiederholrate ändert – etwa, weil er von der Oberfläche mit 60 Hertz auf einen Film mit 24 Hertz wechselt. Bislang löst dies einen sogenannten "Handshake" aus, bei dem sich Fernseher und Player auf die neue Frequenz einigen. Nutzer eines Apple TV 4K kennen dies, wenn die Streamingbox die HDMI-Ausgabe auf den jeweiligen Inhalt anpasst. Mit QMS hingegen geht die Wiedergabe nahtlos weiter, sofern sich die Auflösung nicht ändert. Voraussetzung ist, dass sowohl TV als auch Zuspieler QMS beherrschen – und ebenso ein eventuell dazwischen geschalteter Audio/Video-Receiver.

Wer sich schon länger mit der digitalen Audio-/Videoschnittstelle HDMI beschäftigt, kommt jedoch ins Grübeln. Denn Quick Media Switching wurde keineswegs "kürzlich angekündigt", sondern war schon ein Feature der HDMI-Spezifikation 2.1 bei deren offiziellen Veröffentlichung vor mehr als fünf Jahren. Audio/Video-Receiver mit HDMI-2.1-Anschlüssen, bei denen QMS als Feature aufgeführt ist, sind seit 2020 auf dem Markt. Verwunderung löst zudem die Aussage in der LG-Mitteilung aus, bei den TVs sei QMS von der HDMI-Organisation "zertifiziert" worden. Schaut man sich frühere Ankündigungen an, war dort üblicherweise von der Zertifikation für die gesamte AV-Schnittstelle die Rede, nicht für einzelne Teile.

Wie passt das alles zusammen? Des Rätsels Lösung: QMS wurde gleich zweimal spezifiziert – zuletzt in der auf der CES 2022 veröffentlichten Version 2.1a, zuvor aber eben bereits in der Version 2.1. Letzteres ist auch noch auf der HDMI-Website von 2019 nachzulesen, die man im Internet-Archiv findet (siehe Screenshot). Auf Nachfrage bestätigte Jeff Park, CTO bei HDMI Licensing, diese Doppelung auch gegenüber c’t – und fügte hinzu, dass es sich bei HDMI 2.1a letztlich nur um eine Klarstellung handelte. Als Grund gab er an, die Spezifikation 2.1 habe zu viel Raum für Interpretationen der Hersteller gelassen.

Die technische Umsetzung von QMS hat sich bei HDMI 2.1a gegenüber HDMI 2.1 laut Park nicht geändert; damals wie heute sei VRR die Grundlage, also die aus dem Gamingbereich bekannte Funktion zur Unterstützung variabler Bildwiederholraten. VRR wird hier also genutzt, um die Bildwiederholrate bei einem Wechsel des Inhalts gegebenenfalls hoch- oder runterzufahren.

Wer heute die offizielle HDMI-Website besucht, findet die Erklärung, dass QMS ein Feature der Spezifikation 2.1a ist (rechts). Ein Blick ins Internet-Archiv von 2019 (links) zeigt jedoch, dass die Funktion bereits mit der Version 2.1 spezifiziert wurde.

Diese "Klarstellung" klingt jedoch harmloser als sie tatsächlich ist: Chiphersteller gingen auf Grundlage der unklaren Formulierung in Spezifikation 2.1 die Umsetzung von QMS unterschiedlich an – mitunter wohl ohne VRR als Basis, wie Industrievertreter gegenüber c’t berichten. Das sei wohl auch der Grund, warum das HDMI-Konsortium QMS nun gerne "VRR-QMS" nennt.

Die Korrektur durch 2.1a kam erst, als AV-Receiver mit QMS gemäß HDMI 2.1 bereits im Verkauf waren. Dass dem HDMI-Konsortium bei der Spezifikation 2.1 ein Fehler unterlaufen ist, der für die Kunden negative Folgen haben kann, räumte Jeff Park dann auch gegenüber c’t ein.

Das ruft Erinnerungen an den 2020 von c’t aufgedeckten HDMI-2.1-Bug wach, der verhinderte, dass UHD-Inhalte von der Xbox Series korrekt durch AV-Receiver geleitet wurden. Auslöser der Probleme waren damals ebenfalls Missverständnisse seitens des Chipherstellers Nuvoton Technology bei der Umsetzung der Vorgaben des HDMI-Konsortiums.

Der ältere Denon-Receiver AVC-X4700H, der noch nach HDMI 2.1 spezifiziert wurde, unterstützt laut Datenblatt QMS, der neue AVC-X4800H mit Zertifizierung nach 2.1a hingegen nicht mehr.

(Bild: Sound United)

Wie geht es jetzt weiter? Der offizielle Standpunkt des HDMI-Konsortiums lautet, dass Geräte, die sich strikt an die Spezifikation 2.1a halten, QMS korrekt implementiert haben – womit sich auch LGs Formulierung hinsichtlich der Zertifizierung gemäß der "kürzlich angekündigten" Spezifikation erklärt. Dies könnte auch der Grund sein, weshalb bei Erscheinen des neuen Apple TV 4K im vergangenen Jahr QMS bereits im Gespräch war, bislang aber noch nicht verfügbar ist.

Aber was ist mit den Geräten, die mit QMS nach der Spezifikation 2.1 ausgestattet wurden? Hierbei handelt es sich aktuell praktisch um ein schwarzes Loch, wie Jeff Park gegenüber c’t eingestand. Denn bislang mangelt es an einem offiziellen Testverfahren, das sicher feststellt, ob die jeweilige Implementierung zur aktuellen Spezifikation passt oder nicht. Das bedeutet: Kunden mit HDMI-2.1-Zuspielern werden zu unfreiwilligen Betatestern.

Offensichtlich geht Denon selbst nicht davon aus, dass der in seinen Receivern genutzte HDMI-Chip von Nuvoton die QMS-Funktion gemäß der Spezifikation 2.1a umsetzt: So bejaht der Hersteller nur in seinen nach HDMI 2.1 spezifizierten Modellen die Unterstützung des – unklar definierten – QMS, verneint sie aber bei den nach HDMI 2.1a spezifizierten Geräten. Im Ergebnis lässt sich bei keinem dieser Receiver QMS zusammen mit den neuen LG-TVs nutzen.

LGs in diesem Jahr erscheinenden OLED-TVs sind die ersten Fernseher, die die HDMI-Funktion QMS gemäß der aktuellen Spezifikation 2.1a bieten.

(Bild: LG Electronics)

Und dieses Problem betrifft nicht nur Denon und dessen Schwestermarke Marantz, sondern auch Receiver anderer Hersteller wie Yamaha. Schließlich wissen wir seit der Misere um den HDMI-2.1-Bug, dass die Nuvoton-Chips in fast allen Receivern am Markt stecken.

Nun dürfen also die Kunden Missverständnisse zwischen dem HDMI-Konsortium und der Industrie zum zweiten Mal ausbaden. Allerdings gibt es für dieses Problem – im Unterschied zum HDMI-2.1-Bug – wohl keine Lösung: Die QMS-Implementierung der aktuellen Chips lässt sich nach derzeitigem Kenntnisstand nicht per Firmware-Update passend "umbiegen". Nach c’t-Informationen sieht Nuvotons Roadmap zudem die nächste Revision des HDMI-Chips erst für 2026 vor. Bis dahin kommt von dem Hersteller kein Prozessor mit QMS gemäß HDMI 2.1a. Bei Receivern wird man also wohl noch Jahre weiter mit den schwarzen Zwischenbildern leben müssen.

c’t – Europas größtes IT- und Tech-Magazin

Alle 14 Tage präsentiert Ihnen Deutschlands größte IT-Redaktion aktuelle Tipps, kritische Berichte, aufwendige Tests und tiefgehende Reportagen zu IT-Sicherheit & Datenschutz, Hardware, Software- und App-Entwicklungen, Smart Home und vielem mehr. Unabhängiger Journalismus ist bei c't das A und O.

(nij)