Bundestag verabschiedet neues Urheberrecht

Das Umgehen von Kopierschutzvorkehrungen und Systemen zum Digital Rights Management wird nun wie in den USA auch in Deutschland verboten.

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Deutschland erhält ein Pendant zum heftig umstrittenen Digital Millennium Copyright Act (DMCA)der USA: Der Bundestag hat in seiner Sitzung am heutigen Freitagmorgen den bereits im Rechtsausschuss abgehandelten "Gesetzesentwurf zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft" verabschiedet. Damit wird das Umgehen von Kopierschutzsystemen bald hierzulande ebenso verboten sein wie jenseits des Atlantiks. Ausnahmen, die allerdings rechtlich keineswegs sauber gezogen sind, gibt es nur für private Zwecke und die Forschung. Nutznießer der neuen Regelung ist vor allem die Medienwirtschaft. So begrüßte etwa die deutsche Musikindustrie grundsätzlich, dass der "längst überfällige Beschluss" endlich zu Stande gekommen ist. "Damit erhalten wir zumindest einige der Rahmenbedingungen, die für die Tonträgerhersteller dringend erforderlich sind", erklärte Gerd Gebhardt, Vorsitzender der deutschen Phonoverbände.

Der mehrfach überarbeitete Entwurf fand nach den Beratungen im Rechtsausschuss schließlich eine breite Mehrheit im Parlament. Neben den Abgeordneten der rot-grünen Koalition stimmte auch die CDU/CSU-Fraktion für die Reform, es gab nur einzelne Enthaltungen. Gegen das neue Urheberrechtsgesetz stimmte allein die FDP-Fraktion, die sich den Befürchtungen einer drohenden "Enteigung" der Wissenschaftsverlage auf Grund des zuletzt umkämpften Bildungsprivilegs in Paragraf 52 a nicht entziehen konnte.

Paradoxerweise konnte das neue Gesetz aber nur mit einer breiten Mehrheit beschlossen werden, weil es eben in der "Wissenschaftsklausel" zeitlich von vornherein befristet und generell von allen Seiten für ergänzungs- und weiter reformbedürftig erklärt wurde. "Wir können mit dem Kompromiss nur leben", hielt Günter Krings, Berichterstatter für den Entwurf bei der CDU/CSU-Fraktion, gegenüber heise online fest, "weil wir sofort anschließend in die zweite Runde einsteigen". Zunächst sei es nötig gewesen, endlich die EU-Vorgaben und die dahinter stehenden, auf der Ebene der WIPO (World Intellectual Property Organization) getroffenen Vereinbarungen zu erfüllen.

Doch in den so genannten "zweiten Korb" der Urheberrechtsreform hat die Union bereits einige Forderungen gepackt: Laut Krings müsse die Privatkopie aus "illegalen Quellen" verboten, das alte pauschale Vergütungssystem zurückgefahren und gleichzeitig die individuelle Lizenzierung mit Hilfe der nun rechtlich geschützten Systeme zum Digital Rights Management eingeführt werden. Auf diese Änderungen pocht auch die Musikindustrie sowie der Deutsche Multimediaverband (dmmv).

Unzufrieden zeigen sich auch Vertreter der Nutzergemeinde mit dem vorgelegten Kompromiss -- allerdings aus ganz anderen Gründen. "Das Gesetz blockiert Möglichkeiten und verbietet Nutzungen, die für analoge Medien fest etabliert sind", heißt es in einer Stellungnahme der von zahlreichen Netzorganisationen getragenen Initiative privatkopie.net.

Heftiger Auseinandersetzungen ums Urheberrecht sind damit auch weiterhin vorgezeichnet. Der "erste Korb" selbst geht noch in den Bundesrat, der sich mit dem nicht zustimmungspflichtigen Gesetz voraussichtlich in seiner Sitzung am 23. Mai beschäftigen wird.

Details und Hintergründe zur Novellierung des Urheberrechts und seiner Auswirkungen auf die Nutzung von Internet und digitalen Medien bringt c't in Ausgabe 9/2003 (wegen der Oster-Feiertage erst ab Dienstag, den 22. April, im Handel).

Siehe zur Novellierung des Urheberrechts auch:

(Stefan Krempl) (jk)